Verfahren gegen Ex-Kita-Mitarbeiter des Kirchenkreises Vlotho eingestellt

Bad Oeynhausen. Die Staatsanwaltschaft Bückeburg hat am Freitagmorgen gegenüber der NW bestätigt, dass bereits Anfang November ein Ermittlungsverfahren gegen den pädagogischen Mitarbeiter des evangelischen Kirchenkreises Vlotho eingeleitet worden ist. &bdquo;Das Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen ist allerdings am 20. Dezember 2023 eingestellt worden, weil das Verhalten des Beschuldigten keinen Straftatbestand erfüllt hat“, teilt der Bückeburger Staatsanwalt André Lüth weiter mit. Es möge sich um ein grenzwertiges Verhalten gehandelt haben, das aber keine strafrechtliche Relevanz habe, so der Staatsanwalt weiter. Von der Einstellung des Verfahrens hatte das Landesjugendamt in Münster noch keine Kenntnis, als es den Kirchenkreis Vlotho am 19. Dezember per E-Mail über die vom Landesjugendamt eingeleiteten Ermittlungen gegen den Mitarbeiter informierte. Der Mitarbeiter werde eines Vergehens gegen die sexuelle Selbstbestimmung beschuldigt. Auf das Schreiben aus Münster reagierte der Kirchenkreis Vlotho prompt. Bereits vor Weihnachten wurde der pädagogischer Mitarbeiter einer Kindertageseinrichtung im Kirchenkreis Vlotho freigestellt. Und: &bdquo;Zum 31. Dezember 2023 ist ihm fristlos gekündigt worden“, teilte der Sprecher des Kirchenkreises Vlotho, Kevin Potter, am Donnerstag in einer Pressemitteilung mit. Potter versichert, dass der Kirchenkreis zum Zeitpunkt der Freistellung und der Kündigung noch keine Kenntnis davon hatte, dass das Verfahren bereits eingestellt worden ist. &bdquo;Die Vorwürfe beziehen sich ausdrücklich auf die Arbeit des Beschuldigten bei einem früheren Arbeitgeber“, machte Kevin Potter am Donnerstag zudem deutlich. Die Vorwürfe bezögen sich nicht auf die Arbeit des Beschuldigten in Kindertageseinrichtungen oder auf seine derzeitige Tätigkeit. Landesjugendamt informierte per E-Mail Das dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) angesiedelte Landesjugendamt habe als Aufsicht führende Stelle über die Kindertageseinrichtungen in Westfalen-Lippe den Verband der Kindertageseinrichtungen im Kirchenkreis Vlotho über den Fall in Kenntnis gesetzt. &bdquo;Die Mitarbeitenden und die Eltern der Einrichtung, in der der Mitarbeiter bis zur Freistellung tätig war, wurden persönlich über die Situation in Kenntnis gesetzt und informiert, dass kein Verdacht auf ein Fehlverhalten des Beschuldigten in der Arbeit mit ihren Kindern vorliegt“, führte Potter am Donnerstag weiter aus. Wann sich der Vorfall ereignet haben soll und in welcher Einrichtung, darüber machen weder der Kirchenkreis Vlotho noch das LWL-Landesjugendamt gegenüber der NW Angaben. &bdquo;Auch zur Dauer der Beschäftigung des Mitarbeiters im Kirchenkreis machen wir keine Angaben, weil sonst Rückschlüsse auf die Person möglich sein könnten“, so Potter. Die erste Anfrage der NW am Donnerstag in der Pressestelle des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, die auch für das Landesjugendamt zuständig ist, ergab lediglich einen Hinweis auf das Bundesland Niedersachsen als Arbeitsort und auf die Staatsanwaltschaft Bückeburg als Ermittlungsbehörde. Und die ist zuständig für die Bereiche Bückeburg, Rinteln und Stadthagen. Wie das Ermittlungsverfahren ins Rollen kam, darüber liegen der NW keine Informationen vor. &bdquo;Wir warten nicht, bis die Verfahren abgeschlossen sind“ Nur so viel: &bdquo;Am 7. November hat das Landesjugendamt den Sachverhalt bei uns vorgetragen“, teilt der Bückeburger Staatsanwalt André Lüth weiter mit. Am 29. November habe es erneut einen schriftlichen Kontakt zwischen Landesjugendamt und Staatsanwaltschaft gegeben. &bdquo;Darauf haben wir die Polizei um Ermittlungen gebeten und das Verfahren noch einmal überprüft“, so Lüth. Am 20. Dezember sei das Verfahren schließlich eingestellt worden. Nach Auskunft von LWL-Pressesprecher Frank Tafertshofer hatte das Landesjugendamt von der Staatsanwaltschaft Bückeburg am 18. Dezember erfahren, dass das Ermittlungsverfahren wiederaufgenommen worden sei. &bdquo;Darauf hat das Landesjugendamt am 19. Dezember den Kirchenkreis per Mail über das Verfahren in Kenntnis gesetzt“, so Tafertshofer. “Wir informieren die Einrichtungen auch über eingeleitete Ermittlungsverfahren. Wir warten nicht solange, bis die Verfahren abgeschlossen sind, denn das kann manchmal dauern“, so Tafertshofer weiter. Schließlich stehe das Wohl von Kindern und Jugendlichen an oberster Stelle. In der Mail hatte das Landesjugendamt dem Kirchenkreis vorgeschlagen, den Mitarbeiter freizustellen oder ihn in einen anderen Bereich zu versetzen. “Eine Tätigkeitsuntersagung - das bei solchen Vorwürfen unser schärfstes Mittel - haben wir nicht ausgesprochen“, erklärt der LWL-Sprecher am Freitag. Über die Einstellung des Verfahrens sei das Landesjugendamt von der Staatsanwaltschaft Bückeburg am 4. Januar - also am Donnerstag - in Kenntnis gesetzt worden. &bdquo;Eine Versetzung ist keine Lösung, denn das Kirchenrecht ist hier deutlich strenger, es sieht eine Kündigung vor“, erklärte Kevin Potter die Vorgehensweise des Kirchenkreises. Und es sei auch eine Frage des Vertrauens, das grundsätzlich Schaden genommen habe. Am Freitag ist auch der Kirchenkreis über die Verfahrenseinstellung unterrichtet worden. &bdquo;Trotzdem sieht der Kita-Verband das für eine weitere Zusammenarbeit nötige Vertrauen als verloren an. Der Verband sieht daher keine Grundlage für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Die getroffenen arbeitsrechtlichen Entscheidungen bleiben bestehen“, teilt Kirchenkreissprecher Kevin Potter am späten Freitagnachmittag mit. Mit einem ähnlich gelagerten Fall sah sich der Kirchenkreis Vlotho bereits im November 2022 konfrontiert. Damals betrafen die Vorwürfe einen Mitarbeiter des evangelischen Jugendreferats, den der Kirchenkreis ebenfalls sofort freigestellt und ihm dann gekündigt hatte. Ende Januar 2023 hatte die Bielefelder Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass das Ermittlungsverfahren mangels eines hinreichenden Tatverdachts eingestellt werde. In beiden Fällen war beim Kirchenkreis sofort ein Interventionsteam mit Unterstützung der Stabsstelle &bdquo;Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung (UVSS)“ der Evangelischen Kirche von Westfalen gebildet worden. Es soll Eltern, Mitarbeitende in der Kita unterstützen sowie bei der Aufarbeitung des aktuellen Falls helfen. In diesem Team haben Dorothea Goudefroy, Superintendentin des Kirchenkreises Vlotho, Pfarrer Wolfgang Edler, Vorsitzender des Verbandsvorstands, Tanja Moßwinkel, Geschäftsführerin des Kita-Verbands und Fachberater Michael Witt die Entscheidungen getroffen. &bdquo;Wir akzeptieren kein Verhalten, das unser Vertrauen schädigt“ Tanja Moßwinkel betont: “Der Schutz der uns anvertrauten Kinder und gegenseitiges Vertrauen sind grundlegend für unsere Arbeit. Wir akzeptieren kein Verhalten, ob in einem früheren Arbeitsverhältnis oder in einer unserer Einrichtungen, das dieses Vertrauen schädigt.” Die evangelische Kirche betrachte den Schutz vor sexualisierter Gewalt als Aufgabe mit hoher Priorität. Alle Menschen, die in der Kirche arbeiten oder Angebote wahrnehmen, sollen vor sexualisierter Gewalt geschützt werden. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden in den Gemeinden und Arbeitsbereichen der Landeskirche und Kirchenkreise werden zum Themenkomplex geschult. Für sexualisierte Gewalt besteht bereits im Verdachtsfall eine Meldepflicht. Eine Meldestelle ist bei der Stabsstelle angesiedelt. Und die wird geleitet von Kirchenrätin Daniela Fricke. Fricke war bis 2015 mehr als 14 Jahre lang als Pfarrerin der Kirchengemeinde Eidinghausen-Dehme. Jeder, der Übergriffiges beobachtet, davon erfahren oder gar selbst erlebt habe – gleich welcher Intensität – sei verpflichtet, dies zu melden. &bdquo;Diese Meldepflicht schreibt die am 1. März 2021 in Kraft getretene Novelle des Kirchengesetzes vor“, nennt die Kirchenrätin die Grundlage. Oberstes Prinzip dabei sei der Schutz der Betroffenen. &bdquo;Für jede Meldung gilt die seelsorgerische Verschwiegenheitspflicht.“

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