Geplatzte Kroketten bei der Eröffnung des Bad Oeynhausener Krankenhauses

Bad Oeynhausen. Es ist die Jahreszahl, die Albert Wegener stutzig macht. Das Bad Oeynhausener Krankenhaus sei 1959 eröffnet worden, las er jüngst in der NW. Das könne nicht sein, schreibt der ehemalige Gastronom und Betreiber von Wegeners Tenne sofort der Redaktion. &bdquo;Das Krankenhaus muss früher eröffnet worden sein, zwischen 1951 und 1954“, schreibt der 88-Jährige. In der Tat hat Albert Wegener recht, das Krankenhaus an der Wielandstraße wurde 1953 in Betrieb genommen. Und Wegener weiß dies, auch weil er ein besonderer Zeitzeuge ist. Denn er gehörte zu dem Küchenteam, das das Menü für die rund 200 geladenen Gäste zur Eröffnung des Krankenhauses gekocht hat. &bdquo;Zur Eröffnung kamen auch viele Prominente und es gab eine Riesenpanne. Den geladenen Gästen hat’s aber trotzdem geschmeckt“, blickt Wegener zurück. &bdquo;Ich habe damals meine Kochlehre im Hotel Meyer unter Küchenchef Hans Languth, der später das heutige Restaurant Hexenhäuschen betrieb, gemacht“, erinnert sich Albert Wegener an die frühen 50er Jahre. Das Hotel Meyer sei 1949/50 an der Eidinghauener Straße neben dem Lichtspielhaus Leiter gebaut worden, weil das Hotel Hohenzollerhof von der Familie Meyer nicht betrieben werden konnte. &bdquo;Denn die Engländer hatten ja bekanntlich die Bad Oeynhausener Innenstadt besetzt“, erzählt Wegener. Explosive Wirkung von Eiweiß Wegeners Werdegang war im Grunde vorgezeichnet, denn seine Eltern betrieben die Gaststätte &bdquo;Zum Bahnhof“ in Gohfeld, der später Gasthof Wegener hieß und dann als Wegeners Tenne weit über die Grenzen Löhnes und Bad Oeynhausens bekannt wurde. &bdquo;Als Sohn eines Gastwirts wurde man damals Kellner, Bäcker oder Koch“, sagt Wegener. &bdquo;Ich habe mich für eine Kochlehre entschieden.“ Dieser Weg führte ihn für mehrere Jahre in die Schweizer Spitzengastronomie und schließlich wieder zurück nach Gohfeld. Für das Küchenteam des Hotels Meyer waren große Gesellschaften mit 200 und mehr Personen keine außergewöhnliche Herausforderung. &bdquo;Wir haben das Menü in der Hotelküche vorbereitet und dann in der neuen Krankenhausküche vollendet“, erinnert sich Wegener. An die genaue Speisenfolge kann sich Albert Wegener nicht mehr erinnern. Wohl aber an die Riesenpanne. &bdquo;Eine Kollegin hat in die Kartoffelmasse für die Kroketten ganze Eier gegeben und nicht nur die Eigelbe“, erzählt der damalige Kochlehrling. &bdquo;Beim Frittieren in der Krankenhausküche sind die Kroketten dann regelrecht explodiert.“ Schuld daran war das Eiweiß, das sich im heißen Fett ausdehnte und die Kroketten platzen ließ. Einen Plan B gab es nicht, denn damals gab es noch keine Tiefkühlware, alles war frische Handarbeit. &bdquo;Die Kroketten sahen eben etwas komisch aus, gegessen haben die Gäste sie trotzdem“, erzählt Wegener. Und Beschwerden erreichten die Krankenhausküche auch nicht. Ein Kakao für die kleine Conny Froboess An seine Zeit im Hotel Meyer erinnert sich Albert Wegener gern, denn in die Küche kamen auch immer wieder prominente Gäste mit besonderen Wünschen. &bdquo;Nebenan in der Leiter wurden regelmäßig bunte Abend veranstaltet mit Stars wie Vico Toriani, Helmut Zacharias oder Réné Carol“, erzählt Wegener. Und die wohnten im Hotel Meyer und hatten den ein oder anderen Wunsch. &bdquo;So hat sich der damalige Kinderstar Conny Froboess besonders über meinen heißen Kakao gefreut“, erinnert sich Wegener. Nach seiner Kochlehre zog es ihn in die Schweiz - zunächst in die Spitzengastronomie des Grand-Hotel &bdquo;Regina“ in Grindelwald am Fuße von Jungfrau und Eiger. “Vom Hotel aus hatte man einen wundervollen Blick auf die Eiger-Nordwand“, sagt Albert Wegener und gerät auch fast 70 Jahre später noch ins Schwärmen. Später ging er nach Interlaken und ins erlesene Hotel &bdquo;Beau Rivage“ in Lausanne. Dass seine Wahl auf die Schweiz fiel, hatte allerdings nicht zuallererst mit der Schweizer Küche zu tun. &bdquo;Ich wollte Skifahren lernen“, gibt Albert Wegener zu. Ein Sport, den in den 50er Jahren nur wenige &bdquo;Flachlandtiroler“ beherrschten. &bdquo;Damals gab es nur Holzski und damit bin ich mit einem Kollegen aufs Lauberhorn“, erinnert sich Wegener. Das Lauberhorn ist der westliche Ausläufer des Eiger. Auf der weltbekannten Lauberhornabfahrt wird seit 1930 das Lauberhornrennen ausgetragen. Das viereinhalb Kilometer lange Rennen gilt als längstes im alpinen Skiweltcup. &bdquo;Damals gab es noch keine planierten Pisten, wir sind munter durch den Tiefschnee gebrettert“, erzählt der heute 88-Jährige. Wegeners Maccaroni für den Aga Khan Aus seiner Zeit im &bdquo;Beau Rivage“ in Lausanne erinnert er sich besonders an eine Geschichte: &bdquo;Dort war damals der Aga Khan Stammgast und der verlangte immer meine Schinken-Maccaroni. Ich war damals eigentlich Entremetier und als solcher für das Gemüse zuständig, doch der Aga Khan wollte ’Maccaroni von Wegener’.“ Sonderwünsche erreichten die Küche allerdings häufiger. &bdquo;Eine Lady ließ sich in ihrem Cadillac extra zum Wochenmarkt chauffieren und kaufte sich dort eine spezielle Bohnensorte, die wir ihr dann zubereiten sollten“, berichtet Wegener. Der Küchenchef habe sich darauf aber nicht eingelassen. &bdquo;Die Lady bekommt unsere Bohnen und fertig.“ Gemundet hat’s der Dame dennoch. &bdquo;Die war ganz begeistert und gab 20 Franken Trinkgeld. Das war damals eine enorme Summe.“ Nach seiner Zeit in der Schweiz besuchte Albert Wegener noch die Hotelfachschule in Bad Reichenhall. &bdquo;Zurück nach Gohfeld wollte ich eigentlich nicht, ich hatte damals sogar Angebote aus Hongkong“, erzählt er. Nach einem Umweg über Düsseldorf kehrte er letztlich der Liebe wegen doch nach Gohfeld zurück. 1959 lernte er seine spätere Frau Uschi kennen, die ebenfalls einige Jahre in der Schweiz gearbeitet hatte - allerdings in der Bekleidungsbranche. 1962 kam mit Tochter Anke das erste von drei Kindern der Wegeners zur Welt. Limo-Bälle für die Jugend Albert Wegener kochte zunächst im Hohenzollernhof in Bad Oeynhausen und stieg dann doch in den elterlichen Gasthof ein. &bdquo;Das Hauptgeschäft waren damals große Feiern wie Hochzeiten, Vereins- und Betriebsfeiern mit Menüs für 200 bis 300 Personen.“ Bis Albert Wegener 1971 die Idee des Klinikunternehmers und Löhner SPD-Ratsherren Hermann Lielje aufgriff. &bdquo;Hermann Lielje ist an mich herangetreten und hat gesagt: &bdquo;Wir müssen was für die Jugend machen.“. Fortan veranstalteten Uschi und Albert Wegener Tanzveranstaltungen für junge Menschen ab 14 Jahren. &bdquo;Das waren die sogenannten Limo-Bälle.“ Und zugleich die Geburtsstunde der Diskothek Wegeners Tenne. An den Wochenenden kamen 2.000 bis 3.000 Leute. Regelmäßig gab es Live-Auftritte. Wegener verpflichtete immer wieder Stars. Marianne Rosenberg, Tina York, Howard Carpendale und Roland Kaiser sind nur ein paar der bekannten Namen. &bdquo;Als Roland Kaiser hier auftrat, war gerade Santa Maria sein Hit. Die Leute waren verrückt danach“, sagt Wegener. Jedes Wochenende spielten Bands zum Tanz. In den Band-Pausen legte Albert Wegener selbst Platten auf. &bdquo;Letztlich wollten die Leute lieber aktuelle Musik von der Schallplatte“, sagt der ehemalige Gastronom. Und so wurde aus Wegeners Tenne die beliebte Disko, die von 1980 bis 1985 ihre stärkste Zeit hatte. &bdquo;Dann machte uns die Stadt die Auflage, um 1 Uhr zu schließen“, weiß Wegener. Für eine Disko ein zu frühes Ende, wie der 88-Jährige auch heute noch findet. Im Jahr 2000 endete Wegeners Leben als Wirt. Wo früher die jungen Leute feierten, steht heute ein Pflegeheim.

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