Zuchtbetreiber aus Vlotho wegen Tierquälerei vor Bad Oeynhausener Gericht

Bad Oeynhausen/Vlotho. Ein 65-jähriger Mann aus Vlotho und seine 39-jährige Tochter mussten sich jüngst wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz vor dem Amtsgericht Bad Oeynhausen verantworten. Laut Anklage sollen sie mehreren Schweinen ihres familienbetriebenen, konventionellen Zuchtbetriebs länger anhaltende oder sich wiederholende Schmerzen zugefügt und sie ohne vernünftigen Grund getötet haben. Eine Tierärztin des Veterinäramtes des Kreises Herford war als Zeugin zu der Verhandlung geladen. Sie war am 1. Januar 2022 von der Polizei zu einem Hof in Vlotho gerufen worden. Dort waren 60 Schweine von einem Passanten in einem alten, verlassenen Stall entdeckt worden. Zwei davon seien tot und einige verletzt gewesen. Als die Tierärztin auf dem Hof eintraf, warteten bereits die Polizei und der Angeklagte, der den Hof gepachtet hatte, auf sie. Nach ihren Worten war der Stall in einem schlechten Zustand; alt, dreckig und von Schimmel befallen. "Dort war keine moderne Schweinehaltung möglich", sagte sie vor Gericht. Weil das Licht im Stall nicht funktioniert habe, machte sich die Zeugin mit einer Taschenlampe ein Bild von den Tieren, die kreuz und quer in dem Stall herumliefen. Einige seien in einem äußerst schlechten Zustand gewesen. Mehrere schwer verletzte Tiere So habe ein Schwein apathisch auf der Seite gelegen, mit Schwellungen und abgefressenen Ohren. Ein anderes Schwein hatte einen angefressenen Schwanz und lahmte. Ein weiteres habe wie ein Hund aufrecht auf den Hinterbeinen gesessen und sich nicht bewegt - weil es Frakturen in beiden Oberschenkelhälsen hatte, wie sich später bei der Pathologie herausstellte. Das vierte schwer verletzte Schwein fand die Tierärztin mit aufgekrümmtem Rücken vor - ein typisches Zeichen für starke Schmerzen. Alle vier Schweine mussten eingeschläfert werden, weitere verletzte wurden tierärztlich behandelt. Tote Tiere fand die Zeugin nicht vor. Später habe der Angeklagte ihr gegenüber zugegeben, zwei Kadaver vor ihrem Eintreffen aus dem Stall entfernt zu haben. Der 65-Jährige erklärte vor Gericht, wieso er 60 seiner Schweine auf den alten, verlassenen Hof gebracht hatte. Nach seinen Worten war Folgendes passiert: Da seine Tochter sich aus privaten Gründen bereits seit Anfang Dezember von der Arbeit im Zuchtbetrieb zurückgezogen und sein einziger Mitarbeiter Urlaub hatte, war der 65-Jährige Ende Dezember alleine für die rund 2.000 Schweine und Ferkel auf dem Hof zuständig. "Zu der Zeit hatten wir etwas mehr Tiere als gewöhnlich, da wir wegen der Corona-Pandemie weniger Abnehmer hatten", sagte der Angeklagte. Das habe dazu geführt, dass die Ställe voller waren als vorgesehen. So seien in einem Stall 120 anstatt 60 Schweine untergebracht gewesen. An Silvester 2021 sei dann in diesem Stall noch die Fütterungsanlage ausgefallen. Um die reparieren zu lassen, brauchte er Platz. Und so brachte der Angeklagte 60 der Schweine zu dem verlassenen Hof in Vlotho, den er gepachtet hatte, der aber schon lange nicht mehr in Betrieb war. Hier sollten die Schweine bleiben, bis die Fütterungsanlage repariert war. Lang anhaltende Verletzungen "Das war der größte Fehler, den ich gemacht habe", räumte der 65-Jährige ein. Er habe nicht nachgedacht, sondern einfach gehandelt. Laut Tierärztin ergab die Pathologie, dass zwei der Schweine bereits seit mindestens 21 Tagen verletzt gewesen seien mussten. Der Angeklagte hätte das also bereits erkennen müssen, bevor er die Schweine in den anderen Stall verlegte. Nach Aussage seiner Anwältin sei der Angeklagte nach der Pathologie schockiert gewesen. Er habe die Verletzungen zwar gesehen, aber als nicht so gravierend eingestuft. Auch das Kannibalismus-Problem unter den Schweinen war ihm bekannt. Ihm zufolge komme das in der Schweinezucht aber immer wieder mal vor und sei schwierig in den Griff zu bekommen. Der Richter stufte das Verhalten des Angeklagten als vorsätzlichen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz ein, da er von den Verletzungen der Schweine hätte gewusst haben müssen. Mit dem Tod der Tiere sei außerdem "das schlimmste eingetreten". Er verurteilte den 65-jährigen Vlothoer zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung auf zwei Jahre. Zudem muss er 3.000 Euro ans Tierheim zahlen. Die Bewährung begründete der Richter damit, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und seit den Vorfällen gemeinsam mit einer Tierärztin ein neues Konzept für mehr Tierschutz auf seinem Hof umsetzt. Fehlende Beweise gegen Tochter Die Tochter sprach der Richter hingegen frei, da sie bereits seit Anfang Dezember nicht mehr aktiv im Betrieb arbeitete und daher die Beweise fehlten, dass sie von dem Zustand der Tiere wusste.

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