Trinkwasser in Bad Oeynhausen, Löhne und Hüllhorst: Strategien gegen den Mangel

Löhne. Es kommt nicht oft vor, dass Bürgermeister öffentliche Stoßgebete für schlechtes Wetter zum Himmel schicken. Doch im Sommer 2022 hat Bernd Poggemöller das getan und erinnert zum "Tag des Wassers" noch einmal daran. Wegen der großen Hitze und der großen Wasserverbräuche stand es im vergangenen Jahr nämlich wieder Spitz auf Knopf bei der Trinkwasserversorgung. Der Löhner Bürgermeister ist zugleich Vorsteher des Wasserbeschaffungsverbands (WBV) "Am Wiehen" und damit verantwortlich für die Versorgung von über 100.000 Menschen in Bad Oeynhausen, Löhne, Hüllhorst sowie Teilen von Hille. Poggemöller sagte also: "Gott sei Dank hat sich das Wetter rapide verschlechtert." Stoßgebete helfen aber nicht auf Dauer. Der WBV hat deshalb in den vergangenen Jahren damit begonnen, mehr Wasser zu beschaffen, mehr Speicherkapazität aufzubauen und das Leitungsnetz gegen Überraschungen abzusichern. Und diese Strategie soll fortgesetzt werden, kündigte Poggemöller am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Löhner Rathaus an. Er ist sicher: "Wir gehen gut gerüstet in die neue Saison." Das Problem der Trinkwasserversorgung im unteren Werretal ist schnell beschrieben und seit 2017 immer wieder aufgetaucht: Wenn es heiß und trocken ist, steigen die Wasserverbräuche in die Höhe. Für diese Spitzenverbräuche gibt es aber nicht genügend Wasser. Der WBV hat deshalb unter anderem das öffentliche Warnsystem "Trinkwasserampel" eingeführt. Das ist eine Ampel mit vier Lichtern, einsehbar über die Internetseiten der Stadtwerke. Derzeit gibt es grünes Licht und keine Einschränkungen beim Wasserverbrauch. Gelb ist die Vorwarnstufe und Rot bedeutet: Garten nicht bewässern, Swimmingpools nicht befüllen! Leuchtet die Ampel aber Magentafarben, drohen die betroffenen Städte und Gemeinden Wasserverschwendern mit empfindlichen Bußgeldern. Absprachen der Kommunen sind landesweit ohne Beispiel Dieses koordinierte Vorgehen der Kommunen im WBV "Am Wiehen" ist bisher ohne Beispiel. Die Bundesregierung hat mit ihrer "nationalen Wasserstrategie" gerade erst einheitliche Standards eingefordert. "Eigentlich waren wir unserer Zeit voraus", sagt dazu Susanne Brants, die technische Leiterin des WBV und Geschäftsbereichsleiterin bei den Stadtwerken Bad Oeynhausen. Die Wasserkrise im Werretal hat vergangenes Jahr im Land NRW tatsächlich für erhebliche Aufmerksamkeit gesorgt, die sogar bis in die Landeshauptstadt vorgedrungen ist. Der Löhner Bürgermeister wurde "sehr kurzfristig", wie er berichtet, Anfang September ins Landesumweltministerium eingeladen. Die Ministeriellen wollten wohl wissen, was da im nordöstlichen Landesteil los ist und warum ein Trinkwasser-Notstand ausgerufen wird, von dem die Landesregierung offensichtlich so gar nichts weiß. "Wir haben über unsere Maßnahmen informiert", sagt Poggemöller. "Und den Begriff Wassernotstand verteidigt." Das Ministerium war offenbar der Auffassung, dass erst ein Notstand erreicht ist, wenn kein Wasser mehr da ist. Poggemöller hat dafür ein anderes Wort: "Das ist eine Katastrophe." Denn dann laufen die Rohre leer, drohen zu zerbrechen und der Schaden wäre immens. Die Kurstadt Bad Oeynhausen ist im vergangenen Jahr zweimal knapp an einer vergleichbaren Situation vorbei geschrammt. Ein Rohrbruch der Hauptwasserleitung von Bergkirchen nach Volmerdingsen hat im Juni 2022 fast einen Zusammenbruch der Trinkwasserversorgung in Teilen von Bad Oeynhausen ausgelöst. Zugleich war der Wasserspeicher auf einem Tiefstand. Und an einem anderen Tag zog das Leitungsnetz in Teilen der Stadt Luft, weil eine wichtige Pumpe ausgefallen war. Beide Schäden wurden durch Arbeiter in kürzester Zeit behoben. Doch was ist, wenn diese Hilfe mal nicht so schnell zur Stelle ist? Werretal stillt seinen Durst weiter mit Wasser aus der Nachbarschaft Der WBV und die angeschlossenen Stadtwerke setzten auf immer mehr Speicherkapazität. In Löhne entsteht derzeit auf dem Bischofshagen ein neuer Hochbehälter, auch in Bad Oeynhausen bauen die Stadtwerke auf der Ebenöde ihren Speicher aus. Außerdem hat der WBV neue Lieferverträge mit den Nachbarn geschlossen. In Exter-Steinegge soll ein Brunnen reaktiviert werden, der Wasser nach Löhne liefert. Bad Oeynhausen knüpft Kontakte zum WBV Holtrup-Uffeln und den Stadtwerken Vlotho, um von dort Wasser zu beziehen. Außerdem suchen die Städte nach Brunnenstandorten. Doch diese Suche ist in Bad Oeynhausen bisher nur von mäßigem Erfolg gekrönt. Von zwölf vielversprechenden Standorten bleiben laut Gutachten noch zwei Standort-Bereiche übrig. In Löhne sind sechs Flächen untersucht worden und drei in die nähere Wahl gerückt. Außerdem will Poggemöller demnächst einen Kooperationsvertrag mit einem privaten Brunnenbetrieb vorstellen. Und in der Gemeinde Hüllhorst ist ein neuer Anschluss an das Leitungsnetz der Stadtwerke Lübbecke gelegt worden. Darüber hinaus soll die Brunnengalerie von Hille über Nordhemmern bis Minderheide erweitert werden. Mehr Brunnen sollen den großen Durst im unteren Werretal stillen helfen, allerdings ist die Fördermenge der einzelnen Brunnen in den Dürrejahren gesunken. Fehlender Regen wirkt sich unmittelbar auf die Wasserförderung am Wiehengebirge aus. Der WBV muss weiterhin Wasser aus der Nachbarschaft zukaufen. Etwa 20 Prozent der Verbräuche wurden zuletzt von Zulieferern an den WBV "Am Wiehen" abgegeben. Poggemöller: "Wir sind nicht autark." Das Ziel müsse deshalb sein mehr Kooperationen einzugehen und mehr Autarkie zu erreichen. Die Wasserpumpen verbrauchen immens viel Strom Das gilt übrigens auch für die Stromversorgung. Die Wasserpumpen des WBV laufen rund um die Uhr und haben einen gigantischen Stromverbrauch. "Die Jahresmenge liegt im Gigawattbereich", sagt Holger Freymuth. Photovoltaik könnte womöglich bis zu 20 Prozent des Stroms liefern. Doch die bereits im vergangenen Jahr angekündigte Sonnenstromanlage für das Wasserwerk ist noch nicht in Sicht. Der WBV sucht händeringend Handwerker. Die Anlage steht auf der Liste der Investitionen für dieses Jahr ganz oben. Unter Strich will der WBV 4,8 Millionen Euro ins Leitungswassernetz stecken. Für Wasserkunden bedeuten die WBV-Ausgaben über den ganz großen Daumen gerechnet womöglich eine Verteuerung von bis zu fünf Cent pro Kubikmeter. Der Wasserpreis wird aber nicht allein vom WBV bestimmt. Die Stadtwerke stecken selbst jede Menge Geld ins Netz. Auch das wird das Trinkwasser teurer machen.

Meistgelesen