ICE-Trasse: Kritiker kehren ohne Zusagen zurück aus Berlin

Bad Oeynhausen. Die Kritiker der Neubau-Pläne der Deutschen Bahn kommen mit leeren Händen zurück aus Berlin. Beim Spitzengespräch im Verkehrsministerium hat der Bahn-Beauftragte der Bundesregierung, Staatssekretär Michael Theurer (FDP), keine der Forderungen aus dem letzten Treffen des Planungsdialogs erfüllt. Das berichtet der Vlothoer Bürgermeister Rocco Wilken (SPD), der mit einer Delegeation aus OWL nach Berlin gereist ist. Bei einem Telefonat auf dem Rückweg mit dem Intercity kündigt Wilken Konsequenzen an. Die Neubau-Kritiker aus OWL und Niedersachsen haben am Dienstagmorgen 90 Minuten lang mit Staatssekretär Theurer und den Verantwortlichen des Verkehrsministeriums gesprochen. Die Atmosphäre beschreibt Rocco Wilken als "geschäftsmäßig-freundlich". In der Sache habe es jedoch "keine Bewegung" gegeben. Das bestätigt auch Jens Köster, Vorsitzender der Bürgerinitiative Widuland. Mit am Tisch in Berlin saß auch Bahn-Projektleiter Carsten-Alexander Müller als Zuhörer. Ein Ministeriumssprecher erklärte danach auf Anfrage schriftlich: "Der enge Austausch mit den Menschen in der Projektregion und die Berücksichtigung regionaler Belange bei der Erfüllung der verkehrlichen Zielsetzungen bleibt für die DB und uns ein zentraler Baustein im Planungsprozess." Man beobachte die Lage vor Ort "sehr genau" und bedauere die aktuellen Entwicklungen. Den Planungsdialog werde man "auswerten und anpassen". Außerhalb des Planungsdialogs stehe Michael Theurer "jederzeit als Ansprechpartner für die Region zur Verfügung". Ernüchterung und Enttäuschung nach dem Spitzengespräch Köster und Wilken ziehen auf dem Rückweg am Telefon eine andere Bilanz: "Wir sind enttäuscht", sagen beide. Der Bahn-Beauftragte der Bundesregierung sei nicht von der Vorgabe 31 Minuten und Tempo 300 abgewichen, so Wilken. Die Leitungsebene dürfe angeblich nicht am Planungsdialog teilnehmen, weil das der Bundesrechnungshof in einem anderen Verfahren gerügt habe. Das Ministerium verweist auf Nachfrage auf die Bundeshaushaltsordnung. Karsten Otte von der Bezirkskonferenz Naturschutz und Hermann Dedert vom westfälisch-lippischen Landwirtschaftsverband hoffen auf einen zweiten Termin, bei dem über den Takt-Vorschlag des emeritierten Informatikprofessors Wolfgang Hesse gesprochen werden soll. Der Ministeriumssprecher sichert zu, einen solchen Experten-Termin zu organisieren, verweist aber zugleich darauf, dass alle Änderungen am Taktfahrplan "kaskadierende Auswirkungen auf das Gesamtnetz" haben werden. Die Vorgaben an die Bahn-Planer rechtfertigt das Ministerium so: Die Strecke "Hannover-Bielefeld" müsse dem Deutschlandtakt entsprechen, sowie "kapazitiv engpassfrei und zukunftsfähig sein", um den Anforderungen aus der Verkehrs- und Klimawende zu genügen. "Wenn die im Koalitionsvertrag hinterlegten Verlagerungsziele erreicht werden sollen, dann geht das nur über ein attraktives, marktfähiges Angebot auf der Schiene", so der Sprecher. Die 31 Minuten ergäben sich aus den Knotenpunkten Hamm und Hannover, die in 54 Minuten Fahrzeit verknüpft werden sollen. Für die Region OWL bedeutet das jedoch keinen Ausbau, sondern den Neubau des Gleisweges. Auf den bestehenden Eisenbahnschienen wird die ICE-Trasse diese Taktfahrzeit nicht erreichen. Dazu müssen neue Gleise quer durch OWL verlegt werden. Genau deswegen haben zahlreiche Bürgerinitiativen, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände und Kommunen den Planungsdialog empört verlassen. Bei einem Radio-Stadtgespräch in Vlotho hatte Staatssekretär Theurer allerdings Gesprächsbereitschaft signalisiert. Deshalb ist Widuland-Vorstand Jens Köster zum Spitzengespräch gefahren. Danach ist er jedoch "ernüchtert". Das Ministerium, sagt er, habe den Kritikern eigentlich nur die Bedeutung des Deutschlandtakts noch einmal erklären wollen. Die Kritiker dagegen wollten über die Kriterien zur Trassenfindung sprechen. "Das Ministerium hat argumentiert, uns gehe es nur um persönliche Betroffenheit", sagt Köster: "Und die gebe es an jeder Strecke." Wilken schlägt Konsens-Trasse vor Rocco Wilken war am Montag, seinem Geburtstag, noch mit dem Gedanken nach Berlin gefahren, dem Ministerium eine "Konsens-Trasse" anzubieten. Er führte dafür ein Beispiel aus dem Straßenbau an: die Bundesstraße B611 von Vlotho-Exter nach Löhne-Gohfeld. Diese Straße sei ohne einen einzigen Widerspruch aus der Region zügig geplant und gebaut worden. Der Schienenweg könne genauso im Konsens gebaut werden, findet Wilken, aber nur, wenn das Ministerium auch auf die Forderungen aus der Region eingehe. Dieser Vorschlag wurde jedoch nicht weiter beachtet, so der Vlothoer Bürgermeister. War das Gespräch sinnlos? "Naja", sagt Wilken. "Jetzt haben wir in aller Deutlichkeit erfahren, was das Ministerium vom Planungsdialog hält." Und das wird voraussichtlich Konsequenzen haben. "Wenn die Region bei der Planung nicht mitgenommen wird", sagt Wilken, "werden wird die nötigen Instrumente bespielen müssen." Das Planungsrecht gebe Möglichkeiten, das Verfahren zum Bau der ICE-Trasse zu verzögern. Über die weiteren Optionen werde die Delegation nun mit den beteiligten Initiativen, Verbänden und Kommunen sprechen. Ein gemeinsames Foto vom Spitzengespräch in Berlin mit Staatssekretär Michael Theurer gibt es übrigens nicht. Vorher hat keiner dran gedacht und nachher hatten die Teilnehmer aus OWL und Niedersachsen kein Interesse mehr daran. Auch auf dem Rückweg aus Berlin hat der Intercity nach Amsterdam, mit dem die Delegation zurück nach Bad Oeynhausen fährt, wieder Verspätung. Und die hat der Zug ausgerechnet bei Minden eingesammelt, also am zweigleisigen Engpass des Schienenweges, weswegen die Aus- und Neubauplanungen überhaupt nötig sind. Zug hat 20 Minuten Verspätung Die Bahn erklärte den außerplanmäßigen Halt des Intercitys auf ihrer Internetseite mit der "Verspätung eines vorausfahrenden Zuges". Die Fahrgäste dagegen hören aus den Lautsprechern eine andere Begründung: "Signalstörung". Der Zug mit den Kritikern rollt jedenfalls im Schneegestöber mit 20 Minuten Verspätung in den Bahnhof Bad Oeynhausen ein. Mehr Informationen zur ICE-Trasse "Hannover-Bielefeld" gibt es hier. Weitere Nachrichten aus dem Kreis Minden-Lübbecke und dem Kreis Herford

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