Wasserkrise Pool-Besitzer aus Bad Oeynhausen wegen Wasserdiebstahls angeklagt

Bad Oeynhausen. Der letzte Sommer war außergewöhnlich trocken. Nach mehreren Jahren ohne nennenswerten Regen verschärfte sich die Lage bereits im Frühsommer, weil die Verbräuche mit den Temperaturen in die Höhe schnellten und die Brunnen des Wasserbeschaffungsverbands (WBV) Am Wiehen nicht genügend Nachschub lieferten. Die Stadtwerke warnten bereits im Mai vor Wasserverschwendung. Am Montag, 20. Juni 2022, brach dann auch noch eine Hauptwasserleitung in Volmerdingsen. Das Trinkwasser im öffentlichen Leitungsnetz in Bad Oeynhausen, Löhne, Hüllhorst, Teilen von Hille und Teilen von Minden war äußerst knapp. Zwei Tage nach dem Rohrbruch, am Mittwoch 22. Juni 2022, soll ein 43-jähriger Hausbesitzer aus Bad Oeynhausen trotz aller Warnungen demonstrativ seinen Swimmingpool befüllt haben. Der Mann soll gegen 19.30 Uhr aber nicht etwa seinen eigenen Wasserhahn aufgedreht, sondern einen Gartenschlauch an einen öffentlichen Hydranten auf der Straße angeschlossen haben. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat den Hausbesitzer deshalb vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen angeklagt. Der Vorwurf lautet: Wasserdiebstahl. Es geht um etwa acht Kubikmeter Trinkwasser. Die Menge ist nachträglich geschätzt worden. Ermittler der Polizei haben den befüllten Swimmingpool unter die Lupe genommen und das Volumen berechnet. Dann haben die Beamten den damals geltenden Wasserpreis der Stadtwerke Bad Oeynhausen von 1,85 Euro pro Kubikmeter zugrunde gelegt und einen Schaden von etwa 16 Euro ermittelt. Abwassergebühren wurden offenbar nicht einkalkuliert. Eine feuchte Stelle um den Hydranten Als Beweis dienen der Staatsanwaltschaft Fotos, die eine Zeugin offenbar vom Nachbargrundstück aus gemacht hat. Sie zeigen allerdings bloß einen Transporter mit geöffneter Beifahrertür, unter der ein Gartenschlauch hervorlugt. Das Auto steht direkt neben dem Hydranten. Ein weiteres Foto zeigt eine feuchte Stelle am Boden um den Hydranten herum. Einen schlagenden Beweis dafür, dass der Mann wirklich Wasser aus dem Hydranten gezapft hätte, gibt es jedoch nicht. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld bot dem Angeklagten die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 300 Euro an. Die Trinkwasserlage stand am 22. Juni 2022 Spitz auf Knopf. Offenbar fehlte nicht viel, dann wären die Rohre in Bad Oeynhausen leer gelaufen. Der Löhner Bürgermeister Bernd Poggemöller, zugleich Vorsteher des Wasserbeschaffungsverbands (WBV) Am Wiehen, suchte in diesen Tagen händeringend in der Nachbarschaft nach Ersatz für das fehlende Wasser im Leitungsnetz. Wenige Tage nach dem Rohrbruch in Volmerdingsen, bei dem bis zu 1.500 Kubikmeter Wasser in ein Getreidefeld flossen, berichtete Poggemöller auf Anfrage der NW, dass er am Freitag, 23. Juni 2022, in einer Videokonferenz mit Nachbarkommunen und der Bezirksregierung über Notfall-Wasserlieferungen beratschlagt hatte. Einen Anlass zur Entwarnung sah Poggemöller damals nicht. Ganz im Gegenteil: "Wir müssen unbedingt Reserven für Brände und Rohrbrüche anlegen." Städte warnen vor Wasserverschwendung Der hohe Wasserverbrauch, das fehlende Dargebot der eigenen Brunnen und der Rohrbruch der Hauptwasserleitung in Volmerdingsen waren in dieser Woche nicht das einzige Problem der Trinkwasserversorgung. Außerdem fehlte im Netz Trinkwasser, dass der WBV eigentlich in Minden zugekauft hatte. Dort war jedoch ein Brunnen versehentlich zur Regeneration abgeschaltet worden. Die im WBV organisierten Städte bereiteten bereits eine ordnungsbehördliche Verordnung mit saftigen Bußgeldern vor. Diese Bußgeldverordnung wurde allerdings im Juni nicht mehr in Kraft gesetzt, weil sich die Trinkwasserlage gegen Ende des Monats leicht entspannte. Im Spätsommer verschärfte sich die Lage dann aber erneut. Die Kommunen setzten die Verordnung am 25. August in Kraft. Wer seinen Swimmingpool trotzdem mit Leitungswasser befüllte, hätte bis zu 1.000 Euro Buße zahlen müssen. Nach Auskunft von Stadtpressesprecher Volker Müller-Ulrich hat es im ganzen Jahr 2022 jedoch kein einziges Bußgeldverfahren wegen Trinkwasserverschwendung gegeben. Der angeklagte Poolbesitzer aus Bad Oeynhausen wusste von dieser kritischen Lage offenbar nicht viel. Er bestreitet den angeblichen Wasserdiebstahl bis heute und lehnte das Angebot der Staatsanwaltschaft ab, das Verfahren einzustellen. Stattdessen beauftragte er einen Rechtsanwalt mit seiner Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft wiederum erhob öffentliche Anklage und so landete das ganze Verfahren vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen. Wasserdiebstahl bloß ein Täuschungsmanöver? Der Verteidiger des Poolbesitzers erklärte die mutmaßliche Tat seines Mandanten in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft zu einem Täuschungsmanöver, das der Angeklagte extra für seine Nachbarin inszeniert habe. Angeblich liegen beide Nachbarn seit längerem im Streit und der Angeklagte habe nur testen wollen, wie sie reagierte. Die Provokation war offensichtlich gelungen. Zum Beleg seiner Behauptung schickte der Poolbesitzer ein Foto, das die geöffnete Beifahrertür über dem Hydranten von der anderen Seite zeigt. Darauf ist zu sehen, dass nicht etwa ein Standrohr am Hydranten angeschlossen ist, sondern bloß ein Tretroller, der so ähnlich aussieht, an der Innenseite der Autotür lehnt. Unterm Auto kringelt sich ein Gartenschlauch. Der Hydrant ist nicht geöffnet und der Schlauch nicht angeschlossen. Wann die Fotos aufgenommen wurden, ist allerdings unklar. Der Gerichtsprozess in Bad Oeynhausen ist am Donnerstagvormittag vorbei, bevor der Richter ein Urteil spricht. Der Angeklagte hat den Widerspruch gegen den Strafbefehl zurückgezogen. Der Poolbesitzer muss nun die 300 Euro an die Staatskasse zahlen. Im Gegenzug wird das Verfahren eingestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt offenbar auch nicht wegen Vortäuschens einer Straftat.

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