ICE-Trasse: Das beredte Schweigen der Grünen-Fraktionschefin

Bad Oeynhausen. Das Bundesgesetz, auf dessen Grundlage die Bahn auch die ICE-Trasse quer durch OWL plant, hat einen sperrigen Namen: Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz. Zweimal taucht das Wort "Gesetz" in dem Titel auf, das ist kein Schreibfehler. Das Paragraphenwerk wurde offenbar hastig zusammengeschraubt und von der Großen Koalition aus SPD und CDU/CSU im Bundestag beschlossen. Der Gesetzes-Turbo sollte den Aus- oder Neubau wichtiger Eisenbahnstrecken in ganz Deutschland beschleunigen. Das war die Idee. Die Deutsche Bahn hat inzwischen allerdings bemerkt: Das Gesetz macht eher das Gegenteil und verlangsamt die Planungen. Zumindest bei einem wichtigen Bauprojekt in Bayern. Mehrere grüne Bundestagsabgeordnete haben genau das bei der Verabschiedung des Gesetzes Ende Januar 2020 vorausgesagt, darunter Fraktionschefin Britta Haßelmann aus Bielefeld. In einem gemeinsamen Antrag formulierten die Grünen im Bundestag damals die Prognose: "Das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz wird Vorhaben nicht beschleunigen." Es werde die Akzeptanz von Infrastrukturprojekten nicht stärken, es sei völker- und europarechtswidrig, weil es den Rechtsschutz aufweiche und bei Verfassungsjuristen auf Bedenken stoße. Es sei sogar davon auszugehen, so schrieben die Grünen vor zwei Jahren mit geradezu prophetischem Weitblick, dass das Gesetz "die Planung von Verkehrsvorhaben verlängern wird". Bayern-Bahnbevollmächtigter: "Mehrere Jahre Terminverschiebung" Genau das hat die Deutsche Bahn inzwischen bestätigt: Der Gesetzes-Turbo zündet nicht. Laut Pressemitteilung zum Bauprojekt "München-Mühldorf-Freilassing" (kurz: ABS 38) teilt der Konzernbevollmächtigte der Bahn für Bayern, Klaus-Dieter Josel, Mitte März mit, dass der Zeitplan für das Projekt nicht zu halten sei. Wörtlich sagte Josel zum Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz: "Aus dem Gesetz resultieren neue Anforderungen und Verfahrensschritte, die zu einer Änderung des Projektablaufes und damit leider zu mehreren Jahren Terminverschiebung führen." Die Bahn-Projekte ABS 38 und die ICE-Trasse "Hannover-Bielefeld" werden beide ausdrücklich in dem Gesetz genannt. Das Bayern-Projekt steht auf Platz 1, das OWL-Projekt auf Platz 6. Insgesamt haben 13 Verkehrsprojekte seit dem 1. April 2021 Gesetzeskraft. Inzwischen hat die Europäische Kommission das Gesetz jedoch kritisiert und die Bundesregierung zur Stellungnahme aufgefordert. Brüssel argumentiert, der deutsche Gesetzes-Turbo schränke "den Zugang von Einzelpersonen und Nichtregierungsorganisationen erheblich ein", weil eine Klage gegen das Gesetz nur noch vor dem Bundesverfassungsgericht möglich wäre. Die Grünen hatten in ihrem Ablehnungsantrag ganz ähnliche Bedenken geäußert. Gerne hätte die NW-Redaktion erfahren, was die Grünen-Fraktionsvorsitzende und Bielefelder Bundestagsabgeordnete Britta Haßelmann von diesen Entwicklungen hält. Und welche Konsequenzen die Grünen daraus ziehen. Ob die Grünen - inzwischen Regierungspartei - an ihrer Einschätzung aus der Zeit der Opposition festhalten. Und was sie dafür tun, das Gesetz aufzuheben. Haßelmann äußerte sich jedoch trotz schriftlicher Anfrage und mehreren Tagen Zeit nicht. Ministerentscheidung verzögert Planung zusätzlich Das bayerische Bahn-Projekt wird außerdem durch eine Ministerentscheidung verzögert. Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte entschieden, in der Gemeinde Mühldorf eine Brücke statt eines Bahnübergangs zu bauen, weshalb die Bahn ihre Pläne überarbeiten muss. Der Mindener SPD-Politiker Lothar Ibrügger, ehemaliger parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, zieht deshalb Parallelen zu der 31-Minuten-Forderung von Scheuer für die ICE-Trasse "Hannover-Bielefeld". Ibrügger fordert, das gesamte Projekt neu zu bewerten. Die Deutsche Bahn hat auf die Frage nach den Auswirkungen der Verzögerungen auf das Projekt "Hannover-Bielefeld" geantwortet: "Auswirkungen auf das Bahnprojekt Hannover-Bielefeld sind nicht bekannt. Die Projekte befinden sich in sehr unterschiedlichen Phasen. Unser Ziel ist es, die Planungen zu beschleunigen."

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