Gastronom: "So bluten wir langsam aus"

Bad Oeynhausen. November und Dezember sind normalerweise mit vielen kleineren und größeren Weihnachtsfeiern die umsatzstärksten Monate in der Gastronomie. Doch im Moment hagelt es nur noch Absagen. "Die Leute sind extrem verunsichert", sagt Klaus Brandscheidt, der an der Herforder Straße das Restaurant "Der Koch" betreibt. Und seit Inkrafttreten der 2G-Regel für den Freizeitbereich am vergangenen Mittwoch gebe es auch keine Anfragen mehr. "Ich habe das Gefühl, dass die Gastronomie so langsam ausblutet", beschreibt Frank Wiegand, der das Hotel-Restaurant "Trollinger Hof" an der Detmolder Straße betreibt die gegenwärtige Situation. Die NW hat in einer kleinen - nicht repräsentativen Umfrage - heimische Gastronomen befragt, wie sich die Situation in der zweiten Corona-Vorweihnachtszeit darstellt. Eindeutig ist, der Anstieg der Infektionszahlen hat auch in der heimischen Gastronomie zu einem massiven Einbruch bei den Weihnachtsfeiern geführt. War vor einem Jahr die Branche durch den Lockdown komplett zur Schließung verdammt, so sagen nun seit Wochen fast alle Unternehmen ihre größeren Zusammenkünfte ab. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband in NRW (Dehoga) forderte bereits in der vergangenen Woche in einer Pressemitteilung eine Fortsetzung der staatlichen Überbrückungshilfen und des Kurzarbeitergeldes über den Jahreswechsel hinaus. Für viele Betreiber heißt 2G ein Quasi-Lockdown &bdquo;Große Sorge bereitet der Branche, dass jetzt im zweiten Jahr in Folge das für die Gastronomie so eminent wichtige Jahresendgeschäft wieder empfindlich getroffen wird, nicht nur durch die Einführung der 2G-Regelungen", erklärte Haakon Herbst, Regionalpräsident im Dehoga Nordrhein-Westfalen. &bdquo;Im letzten Jahr waren wir ab November geschlossen, in diesem haben wir uns auf einem akzeptablen Weg befunden, wenn auch nicht mit 2019 vergleichbar." Die pandemische Entwicklung, so der Dehoga-Regionalpräsident, und die damit einhergehende steigende Verunsicherung in der Bevölkerung und der Wirtschaft bedeuten für die Branche deutlich geringere Umsätze wegen fehlender Weihnachtsfeiern, mehr abgesagten anderen Veranstaltungen und weniger Gästen. &bdquo;Für viele Betriebe heißt das: Quasi-Lockdown", sagt Herbst. "Wir wissen ja auch nicht, ob es über Weihnachten nicht wieder ganz in den Lockdown geht", sagt Klaus Brandscheidt vom Restaurant "Der Koch" frustriert. "Ich hoffe inständig, dass das nicht der Fall sein wird", so Brandscheidt. Denn für die Weihnachtszeit gebe es immerhin schon einige Reservierungen. Das seien aber zumeist kleinere Familienfeiern. Für Weihnachtsfeiern mit 10 bis 25 Leuten hätte er aktuell noch zwei Anfragen. "Alles andere ist schon abgesagt", sagt Brandscheidt. Ein paar Feiern hat er auch in diesem Herbst schon bewirtet, aber "da sind dann auch deutlich weniger Leute gekommen, als angemeldet." Mangelnde Informationen am NRW-Telefon Nicht ganz so dramatisch stellt sich für Frank Wiegand vom Trollinger Hof die Situation dar. Aber auch er erfährt eine große Verunsicherung unter seinen Gästen. "Vor allem bis die 2G-Regel am Mittwoch feststand", berichtet der Gastronom. Er selbst hatte am Dienstag noch beim NRW-Telefon angerufen, um den aktuellen Stand zu erfahren. "Aber konkrete Informationen habe ich nicht bekommen - und das vom Bürgertelefon des Landes", macht Wiegand seiner Verärgerung Luft. Und auch er hat mit zahlreichen Absagen zu kämpfen. "Das betrifft aber eher den Hotelbetrieb", sagt Wiegand. "Wir haben sonst in dieser Zeit viele größere Gruppen, die zu Seminaren und Schulungen nach Bad Oeynhausen kommen. Diese Gruppen fehlen uns jetzt." Im Restaurant kann Frank Wiegand wenigstens zu einem guten Teil auf seine Stammkundschaft bauen. "Die Wochenenden laufen gut und wir haben auch schon Zusagen für Familienfeiern an Weihnachten mit maximal zehn Personen", so Wiegand. Insgesamt aber seien die Reservierungsanfragen für diese ansonsten umsatzstarke Zeit viel zu wenig. Was das nicht nur ihn, sondern auch für seine Lieferanten bedeutet, macht Wiegand an einem Beispiel deutlich: "Ich arbeite mit frischen Zutaten von Lieferanten aus der Region", sagt der gelernte Koch. "Die Gänse sind bei mir nicht tiefgefroren, sondern werden vorbestellt und frisch angeliefert." Wenn weniger Gäste ins Restaurant kommen, müsse er nichts nachbestellen und die Bauern bleiben auf ihren Gänsen sitzen. "Im vergangenen Jahr hatten wir bis September Reservierungen für 3.000 Personen, jetzt sind es nur noch wenige 100", sagt Mirsad Mesanovic, der gemeinsam mit seiner Frau Ellen, das Restaurant "Windmühle" auf der Lohe betreibt. Gruppen würden sich bei ihnen kaum noch anmelden. "Sonst haben vor allem Arztpraxen und Kanzleien bei uns mit 10 bis 12 Personen ihre Weihnachtsfeiern gebucht", sagt Mirsad Mesanovic. Jetzt kämen kaum noch Reservierungen und die wenigen würden seit Inkrafttreten der 2G-Regel wieder abgesagt. "Das sind oft Familien, in denen ein oder zwei nicht geimpft sind, und die jetzt ganz absagen", weiß Mirsad Mesanovic. Das Ehepaar betreibt die Windmühle jetzt im elften Jahr. "Wir haben Zeit gebraucht, um uns einen Namen zu machen. 90 Prozent unserer Gäste sind Stammkunden. Mit Laufkundschaft können wir hier oben nicht rechnen", sagt Mesanovic und macht damit deutlich, dass das Restaurant mit spanischen Spezialitäten auf Gruppen - kleinere wie größere - angewiesen ist, die das Lokal ansteuern.

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