Wo gegen alles ein Kraut wächst

Bad Oeynhausen. Es riecht nach Sommer. Nach wilder Möhre. Nelkenwurz. Mädesüß. Und nach Gänsefingerkraut. Wenn Katharina Hinze sich auf den Weg macht, um die Schätze der Natur bei einer Kräuterwanderung aufzuspüren, geht es eben auch um die Sinne: Um das Riechen. Das Fühlen. Und das Schmecken. Die Entdeckungsreise durch die Welt der Kräuter hat aber noch mehr zu bieten. Denn in vielen Pflanzen am Wegesrand steckt echte Medizin. Das alte Wissen sowohl um die leckeren als auch um die heilsamen Kräuter hat zurzeit Konjunktur. Das merkt man auch daran, dass die Führungen von Katharina Hinze sehr begehrt sind. Essbare Baldrian-Blüten für den Salat Eine kurze Einführung in die Vielfalt der Kräuterwelt am Parkplatz der Aqua Magica und dann geht’s auch schon los. Die sportlich gekleidete Gruppe, die in den nächsten zwei Stunden der ausgebildeten Phythotherapeutin, oder wie man früher sagte, Kräutersammlerin, auf Schritt und Tritt folgt, steuert das Siekertal an. Und entdeckt von Station zu Station, was da am Wegesrand wächst. Das erste Beispiel: Der Arznei-Baldrian. Katharina Hinze pflückt einen Stängel der süßlich riechenden, krautigen Pflanze. Zerreibt die Blüten zwischen zwei Fingern. Und sagt: &bdquo;Die essbaren Blüten und Blätter mische ich gern unter den Salat, die geben ein tolles Aroma". Smartphones werden gezückt und das Geißblattgewächs wandert in die Fotosammlung. Als die Heilpraktikerin auf die schlaffördernde Wirkung der Wurzeln, die wie ein kleiner Haarschopf aussehen, eingeht, notieren sich einige die Informationen in einem Schreibheft. Festgehalten wird dort auch die giftige Doppelgängerin von der Pflanze, die die Gruppe an der nächsten Station unter die Lupe nimmt: Die essbare &bdquo;Wilde Möhre" - ein Elternteil unserer modernen Kulturmöhre. Vorsicht: Wilde Möhre ist leicht mit dem giftigen Schierling zu verwechseln Katharina Hinze bricht einen Stängel ab. Reicht ihn zur genaueren Betrachtung in die Runde. Und sagt: &bdquo;Achtet mal auf das kleine Spitzendeckchen unter dem runden Blütenteller, das ist ein ganz typisches Merkmal der Wilden Möhre". Vorsicht ist vor einer Verwechslung mit dem gefleckten Schierling, einem ähnlich aussehenden Doldengewächs, geboten: &bdquo;Denn mit dem wurde nicht nur Sokrates um die Ecke gebracht", warnt die Fachfrau. Schnell wird klar: Im Siekertal wachsen heilsame und essbare Pflanzen in Hülle und Fülle am Wegesrand. So wie der Nelkenwurz, der leicht betäubend wirkt und sich gegen Zahnschmerzen bewährt hat. &bdquo;So etwas nennt man Erfahrungsheilkunde", weiß Katharina Hinze, die auch eine Ausbildung als Heilpraktikerin absolviert hat. Weich und kuschelig fühlt sich das Gänsefingerkraut ein paar hundert Meter weiter auf einer Lichtung Richtung Museumshof an. &bdquo;Deshalb haben sich die Menschen das früher als Polsterung in die Holzschuhe gelegt", weiß die Kräutersammlerin. Und ergänzt: &bdquo;Außerdem ist es schlau. Wenn es knallheiß ist, dreht es die Blätter einfach um und bringt so die silberfarbenen von der Unterseite nach oben um sich gegen Verbrennungen zu schützen". Ein Kraut, das riecht wie eine Zahnarztprraxis Ein prominentes Kraut erspäht die Gruppe am Wegesrand in einer Senke neben der Hofwassermühle: Das Mädesüß. &bdquo;Riecht wie früher in der Zahnarztpraxis", findet die Fachfrau. Und lässt die Kräuterinteressierten an den Blüten schnuppern. &bdquo;Bös muss bös vertreiben", hätte ihre Oma früher immer gesagt, erzählt die Heilpraktikerin. Und berichtet davon, dass aus dem Mädesüß früher das erste Mal Acetylsalicylsäure, die Vorstufe zu dem heute geläufigen Aspirin, extrahiert wurde. &bdquo;Blüten ernten. Trocknen. Und daraus einen Tee kochen", empfiehlt die Fachfrau etwa bei Kopfschmerzen. Klar, dass der Klassiker unter den Wild- und Heilpflanzen, die Brennnessel, nicht unbeachtet bleibt. Des Gärtners Leid ist nämlich der Kräutersammlerin Freud. Denn: &bdquo;Die Pflanze ist sehr wirksam gegen Entzündungen in Blase und Darm", weiß die Phythotherapeutin. Eine Information, mit denen Sabine Merder die Einträge in ihrem Notizbuch ergänzt. Die Naturfreundin hat die Kräuterführung zum Geburtstag geschenkt bekommen. Und ist dafür extra aus Duisburg angereist. Eine Entscheidung, die sie nicht bereut hat. "Vieles von dem, was ich heute erfahren habe, werde ich ganz bestimmt einmal ausprobieren", versichert die Westfälin. Die nächste Kräuterführung: 10. August, 17.30 bis 19.30 Uhr. Karten gibt es in der Tourist-Information.

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