Der Kurort als Fahrradstadt taugt nur ausreichend

Bad Oeynhausen. Auf Martin Flohre kommt viel Arbeit zu. In einem bundesweiten Fahrradklimatest landet Bad Oeynhausen im Vergleich mit 415 anderen Orten mit ähnlicher Einwohnerzahl nur auf Rang 319. Bünde wird mit Note 3,43 bewertet (Platz 30), Porta Westfalica landet mit 4,09 auf Rang 293. Die Nachbarstadt Löhne (4,0) schafft immerhin Platz 249 und hat es anders als die Kurstadt geschafft, sich im Vergleich zu 2018 zu verbessern. Flohre ist ab 1. April der neue Mobilitätsbeauftragte der Stadt und übernimmt damit auch die Aufgabe des Fahrradbeauftragten. Konkrete Verbesserungsvorschläge gibt es schon. Seit 2012 führt der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) alle zwei Jahre eine öffentliche, nicht auf Mitglieder beschränkte Befragung durch. 230.000 Radler haben sich im vergangenen Jahr beteiligt, Stärken und Schwächen unter anderem bei Sicherheit, Beschilderung, Abstellmöglichkeiten, Konflikten mit Fußgängern und Autofahrern sowie bei der Sauberkeit der Radwege aufgezeigt. 70 Teilnehmer haben ihren Blick auf Bad Oeynhausen gerichtet. Nun liegt das Ergebnis vor. "Gut" für Erreichbarkeit des Stadtzentrums Immerhin einmal gab es auch ein (knappes) Gut: Mit Note 2,9 wurde die Erreichbarkeit des Stadtzentrums per Rad bewertet, ein (gutes) Befriedigend (3,2) erhielt die Wegweisung für Radfahrer und die Bereitstellung öffentlicher Räder. Nur noch ausreichend fanden die Umfrageteilnehmer unter anderem die Abstellanlagen, den Winterdienst auf Radwegen und die Falschparkkontrollen auf Radwegen. Als größte Schwächen wurden die Oberflächen der Radwege (4,9), die Ampelschaltungen an Kreuzungen (4,9) sowie die Breite der Radwege aufgezeigt. Für diesen Punkt gab es sogar die Note Mangelhaft. Für Jörg Zander, ADFC-Tourenleiter und Bad Oeynhausener Radverkehrssprecher des VCD (Verkehrsclub Deutschland), kommt das schlechte Bad Oeynhausener Abschneiden nicht überraschend: "Selbst kleine Maßnahmen, wie zum Beispiel der Ampeltaster für die Grünanforderung im Auslauf der Fahrradstraße Im Leingarten, sind seit 2016 im Gutachten Klimafreundliche Mobilität hinterlegt, werden aber nicht umgesetzt", erklärt er gegenüber der NW. Neuer Belag für Werrebrücke Auch die Baumaßnahmen am Geh-Radweg im Siel sind für ihn ein gutes Beispiel dafür, dass "der Radverkehr oft schonungslos ausgebremst" werde. Die Arbeiten hätten sich nicht nur verzögert, die Umgehungsstrecke in Richtung Gradierwerk sei eine "Siff- und Dreckroute, die Mountain-Bikern gefällt, aber den Stadtradler vergrault". Ähnliches befürchtet er nun auch beim Neubau der Werrebrücke Allensteiner Straße. Der alternative Radweg über die Werrebrücke Eidinghauser Straße bis weiter zur Kanalstraße sei seit Jahren abgängig beziehungsweise ende Hinter´m Gradierwerk im &bdquo;Nirwana". In der Gegenrichtung entlang der &bdquo;Leiter" erwarte den Stadtradler, so Zander, 1,5 Kilometer Rumpelweg ohne sichere Querung in den Schwarzen Weg. Zander: &bdquo;Attraktiver Radverkehr sieht anders aus." Aus Sicht des VCD ist der Neubau allerdings ohnehin der falsche Plan: "Besser wäre es, nur die Beplankung mit einem rutschsicheren Belag zu versehen, vielleicht anteilig als Gitterrost. Dann spart man sich für den Gittersteg gleich den Winterdienst", sagt Zander. 300.000 Euro sind für den Neubau vorgesehen, insgesamt sollen für die Radwegeinfrastruktur in diesem Jahr 425.000 Euro investiert werden. Zum Vergleich: Allein für den Ausbau kleinster Nebenstraßen wie den Loher Busch und den Hebbelweg stünde, so Zander, fast eine Million Euro im Haushalt bereit. "Fahrradbezogener Dornröschenschlaf" "Die Politik muss zum größten Teil aus dem fahrradbezogenen Dornröschenschlaf aufwachen und die Verwaltung die erarbeiteten Konzepte endlich zügig umsetzen", fordert Andreas Edler als Konsequenz aus dem schlechten Abschneiden Bad Oeynhausens. Er ist selbst für die Grünen im Stadtrat und seit Jahren im ADFC engagiert. Seit 20 Jahren würden Konzepte erarbeitet, die dann in Schubladen liegen blieben. Nicht die Straßen, sondern die 1,5 Tonner, die auf ihnen fahren, machten das Leben für Radfahrer gefährlich, so Edler. Allerdings gebe es bei der Lösung des Problems ein grundsätzliches Hindernis: "Wir haben zu wenig Fläche, um eine vernünftige Radweginfrastruktur innerstädtisch zu bauen". Deshalb müsse die vorhandene Verkehrsfläche neu verteilt werden. Edler: "Dann müssen auch Verfehlungen wie zu schnelles Fahren, zu dicht auffahren, zu dicht überholen, auf Rad- und Gehwegen parken, konsequent geahndet werden." Auch der VCD hat schon eine klare Vorstellung, welche Konsequenzen die Stadt aus dem Platz 319 im Fahrradklima-Test ziehen sollte. Er schlägt einen dauerhaften Radfahrstreifen als Süd-Nord-Hauptachse durch Bad Oeynhausen vor. Ausgehend vom Kreisel Weserstraße/Steinstraße bis zum Kreisel Eidinghauser Straße/Alter Postweg müsse ein Fahrradschutzstreifen, auf der Fahrbahn abgegrenzt mit Mini-Pollern, kommen. Zander: "Solch einen Wurf brauchen wir. Statt Frickelei."

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