
Bad Oeynhausen. Sie stapeln sich überall am Wegesrand des Buchenbergs: Holzpolter. Geschlagene Fichtenriesen, die der Trockenheit und dem Borkenkäfer nicht mehr trotzen konnten. Und jetzt aufeinander gestapelt auf ihren Abtransport warten. Im Hintergrund dröhnen die Motorsägen, dann ein Knacken, die nächste Fichte rauscht dem Waldboden entgegen. Alltag für Revierförster Markus Uhr. Seit drei Jahren ist er förmlich im Ausnahmezustand, die Übermacht der Borkenkäfer prägt seinen Arbeitsalltag. Und auch der Frost im Februar hat ihm keine Atempause verschafft.
Die Stapel toter Fichten am Buchenberg sind Teil eines deutschlandweiten Problems. Am Mittwoch stellte Bundesagrarministerin Julia Klöckner den Waldzustandsbericht vor. Auch wenn sie nicht von einem generellen “Waldsterben” sprach, so wurde dennoch deutlich: “Unsere Wälder sind krank”, bilanzierte die CDU-Politikerin und fasste damit den Grundbefund des Waldzustandsberichts 2020 zusammen. Im vergangenen Jahr starben in Deutschland so viele Bäume wie noch nie seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984. Ganze 138.000 Hektar Wald gingen demnach verloren. Daran ist nicht nur der Borkenkäfer, sondern auch die Dürre Schuld. “Es ist kein Ausreißer-Jahr. Es wird immer trockener”, so Nicole Wellbrock, Expertin beim Thünen-Institut für Waldökosysteme, das die Daten aus den einzelnen Bundesländern zusammengeführt hat. In den Jahren 2019 und 2020 sei die Sterberate der Bäume im Vergleich zu den Vorjahren deutlich höher geworden.
Frost konnte Borkenkäferplage nicht eindämmen
Und auch der Boden in Bad Oeynhausens Wäldern ist zu trocken, das zeigt der Dürremonitor.Für die Fichten am Buchenberg waren die trockenen Sommer der Beginn des Untergangs, den Rest erledigten die Borkenkäfer. Selbst gesunde Fichten hätten der Übermacht nicht mehr trotzen können: Zwischen 200 und 300 Käfern können Fichten mit Harz bekämpfen, aber gegen mehrere tausend waren die Bäume machtlos.

Und auch die frostigen Temperaturen konnten den riesigen Käferpopulationen nichts anhaben. “Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet von Fichten und Borkenkäfern ist im Norden, beispielsweise in Skandinavien”, erklärt Markus Uhr. Da seien Schnee und Frost völlig normal. Ein Teil der Käfer überwintere im Boden, ein Teil unter der Rinde. Erst bei langen Frostperioden von minus 17 Grad werde es für die Käfer kritisch.
Eier und Larven sind erfroren
Anders für die Eier und Larven. Da der Herbst im vergangenen Jahr warm gewesen sei, hätten die Borkenkäfer noch vor dem Winter noch eine neue "Generation angelegt". "Normalerweise gibt es zwei Generationen in einem Jahr", erklärt Markus Uhr. Wenn es allerdings länger warm bliebe, also das Thermometer mindestens 16,5 Grad anzeige, bliebe der Käfer auch länger aktiv - ein weiteres Problem der Plage. Denn so hätten die Käfer teilweise vier Generationen, also doppelt so viele Nachkommen, wie eigentlich üblich, heranwachsen lassen können. Doch die hätten den Frost nicht überlebt. "Die Eier und Larven überleben bei minus vier Grad nicht mehr. Die sind unter der Rinde verstorben und vertrocknet", sagt Uhr. Das sei zwar ein positiver Effekt, werde die Fichten im Wald aber nicht mehr retten.

Den Borkenkäfer einfach den Wald überlassen, will er aber auch keinesfalls. Bezogen auf das Wetter wäre "Fußpilzwetter" optimal. Nässe und wechselnde Temperaturen würden nicht nur beim Menschen zu Erkältungen führen, sondern seien auch für den Borkenkäfer eine Krankheitsgefahr. Zudem könne es dann unter der Rinde zu "Verpilzungen" kommen, die auch den Käfer erfassen würden. Zudem wäre ein frühzeitiger Herbstanfang wünschenswert.
Das will der Förster machen
Gemeinsam mit seinem Team will er als Förster zudem dafür sorgen, dass das Schadholz möglichst schnell aus dem Wald abtransportiert wird. Und zwar so weit, dass die Käfer nicht wieder in den Buchenberg zurückfinden könnten. Denn die Käfer würden teils mehrere Kilometer Flugstrecke zurücklegen. "Aufgrund der Masse an Holz ist das mittlerweile nicht mehr einfach", betont Uhr. Denn die Lagerkapazitäten seien häufig erschöpft. Viel Holz würde mittlerweile schon nach Asien exportiert. Als letztes Mittel der Wahl könnten notfalls noch die bereits gefällten Stämme mit einem Nervengift für Insekten besprüht werden - allerdings auch nur unter strengen Naturschutzauflagen.
Doch all diese Maßnahmen werden den Fichtenbestand am Buchenberg nicht mehr retten. 13 von insgesamt 50 Hektar Fläche seien, so Uhr, im Anschluss an die Fällarbeiten kahl.