Stichwahl ums Landratsamt in Minden-Lübbecke

Minden. Der neue Chef im Kreishaus wird womöglich eine Frau. CDU-Landratskandidatin Anna Bölling verfehlte am Sonntag nur knapp die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang. Bölling erreichte laut vorläufigem Ergebnis 46,3 Prozent der Wählerstimmen. Ingo Ellerkamp (SPD) kam auf 31,55 Prozent. Der Grünen-Spitzenkandidat Siegfried Gutsche erreichte 15,37 Prozent. Damit ist klar: Am 27. September müssen der Sozialdemokrat Ellerkamp und die Christdemokratin Bölling in die Stichwahl zum Landratsamt. Die Stimmen der Grünen-Wähler können dabei ebenso wahlentscheidend werden wie die Stimmen der AfD-Wähler. Deren Spitzenkandidat Thomas Röckemann kam auf 6,77 Prozent. Beim Wahlabend im Kreishaus - coronabedingt mit Mund- und Nasenschutz - blieb die AfD jedoch unter sich. Gegen 20 Uhr zeichnete sich ab, dass die einzige Frau im Bewerberfeld um die Nachfolge für Landrat Ralf Niermann (SPD) die Nase vorn hat. CDU-Kandidatin Anna Bölling kontrollierte immer wieder auf dem eigenen Handy, was sich schon früh auf der großen Leinwand im Foyer des Kreishauses abzeichnete: Der schwarze Balken wuchs in den Himmel, der rote blieb nur halb so hoch. Bölling: "Nicht auf dem Ergebnis ausruhen" "Ich freue mich, dass eine 4 vorne steht", sagte Bölling. Sie habe mit einer Stichwahl gerechnet. Nun will die 40-jährige Mindenerin, die als Sozialdezernentin im Kreis Uelzen arbeitet, alles daran setzen, auch noch die letzten Prozentpunkte zur Mehrheit im Mühlenkreis zu holen: "Ausruhen kann man sich noch nicht auf dem Ergebnis." Was das konkret bedeutet, ließ Bölling am Wahlabend offen. Ingo Ellerkamp dagegen suchte bereits beim Treffen der Kreispolitiker im Kreishaus das Gespräch mit dem Grünen-Spitzenkandidaten Siegfried Gutsche. "Morgen früh beginnt das Spiel von vorn", sagte Ellerkamp. Der 46-jährige Sozialdemokrat und Baudezernent der Stadt Lübbecke hat zwar ebenfalls damit gerechnet, dass der Wähler ihn in die Stichwahl schickt. Dass der Abstand zu Anna Bölling dann aber doch so deutlich ausfiel, ist für ihn eine Enttäuschung. "Ich hätte es mir knapper gewünscht", sagt Ellerkamp. Grüne wollen Inhalte durchsetzen Der Grünen-Spitzenkandidat Siegfried Gutsche zeigte sich offen für Gespräche und gratulierte der vorläufigen Gewinnerin Anna Bölling. Denkbar wäre etwa, dass die Grünen zur Wahl von Ellerkamp aufrufen. Darüber müssen allerdings zunächst die Partei- und Fraktionsvorstände beraten. Gleiches könnte allerdings auch für die CDU gelten. Dass der 66-jährige Gutsche bei seiner zweiten Bewerbung zum Landrat sein Stimmenergebnis prozentual verdoppelt konnte, machte ihm sichtbar Freude. Es war erklärtes Ziel des Grünen, die großen Parteien in die Stichwahl zu zwingen. "Dritter ist nicht das Kriterium", sagte Gutsche, "sondern Inhalte". Der CDU-Kreistagsfraktionsvorsitzende Detlef Beckschewe zeigte sich zurückhaltend gegenüber Absprachen vor der Stichwahl, wohl auch weil CDU und SPD noch bis Ende Oktober im Kreistag kooperieren. "Wir überlegen am Montag im Kreisvorstand, wie wir Anna Bölling jetzt noch bekannter machen können." Klar sei für ihn aber: nicht mit der AfD. Die CDU im Mühlenkreis sei "die gestaltende Kraft im Kreistag" und habe wieder mehr als ein Drittel der Mandate geholt. Beckschewe machte für das Kreistagsergebnis auch die Positionen der CDU zu den zwei beherrschenden Themen im Kreis verantwortlich: dem Neubau der Kampa-Halle in Minden und die Zukunft der Mühlenkreiskliniken. Birgit Härtel, SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzende, macht den Genossen Trend für die sieben Prozent Verlust im Vergleich zur letzten Kreistagswahl verantwortlich. Härtel verwies auf Landes- und Bundespolitik und darauf, dass ebenso die Politik der Bürgermeister vor Ort das Wahlergebnis zum Kreistag wesentlich mitbestimmen. "Wir schwimmen da meist nur mit." Vor der Stichwahl wolle sie mit CDU, Grünen und FDP Gespräche führen. Mit den Grünen gebe es jedoch womöglich die größten Schnittmengen. Bei klassischen Themen wie Klima und Umwelt seien SPD und Grüne im Kreis immer Hand in Hand gegangen. "Die SPD engagiert sich federführend in der Umweltpolitik."

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