Die fünf Bad Oeynhausener Bürgermeisterkandidaten stellen sich den Fragen zu 14 Themen

Bad Oeynhausen. Da kennt der Moderator kein Pardon. Nach 90 Sekunden ruft Carsten Dehne "Stopp." Und sorgt so für eine Vollbremsung im Redefluss der fünf Bürgermeisterkandidaten. Schließlich hatten der Chefredakteur von Radio Herford, den der Wirtschaftsclub für die Moderation der Podiumsdiskussion gewinnen konnte, und seine Gesprächspartner Achim Wilmsmeier (SPD), Lars Bökenkröger (CDU), Volker Brand (Grüne), Henning Bökamp (FDP) und Werner Birtsch (unabhängig) am Dienstagabend in der Druckerei ein strammes Programm vor sich. Nach den ersten Fragerunden hatten sich die Teilnehmer auf den engen Zeittakt eingestellt. "Ah, der Herr Dehne mit der Keule", sah Volker Brand den Stopp-Ruf schon voraus. Gleichbehandlung der Kandidaten Jeder Kandidat an einem eigenen Stehtisch platziert, getrennt vom Nachbarn durch eine Plexiglasscheibe: Die den Coronabedingungen geschuldete räumliche Trennung der Kandidaten schlug sich auch in den Gesprächen nieder. Der Wirtschaftsclub, der zu dieser Diskussion neben 30 eigenen Mitglieder auch zehn Vertreter der Innenstadt-Initiative und des Businessclubs eingeladen hatte, setzte stark auf Gleichbehandlung. Die Kandidaten stellten sich nach dem Alphabet geordnet auf der Bühne auf. Reihum durfte jeweils ein anderer Kandidat als Erster auf die Fragen antworten, danach ging es weiter streng der Reihe nach. Und nach 90 Sekunden war seine Redezeit beendet - kompromisslos. "Fairness und Transparenz" hatte sich Carsten Dehne für den Abend gewünscht. Dieser Wunsch ging in Erfüllung. Und Schlag auf Schlag gaben die Kandidaten ihre Statements zu 14 Themenkreisen ab. Nur eine richtige Diskussion kam so nicht zustande. nw.de hat die Antworten zu drei Fragen zusammengefasst: 1. Warum wollen Sie Bürgermeister werden? Werner Birtsch will in Bad Oeynhausen "fast alles" ändern. "Vor allem möchte ich die Bevormundung durch Technokraten brechen und mehr Bürgernähe herstellen." Und: "Ich möchte die Stadt sozialer, grüner, lebenswerter machen", sagte Birtsch. Er habe sich schon in der Vergangenheit mit Freunden für Bad Oeynhausen engagiert, sagte Henning Bökamp. "Aber wir haben festgestellt, dass wir ohne die Politik keine Chance haben, Bad Oeynhausen voranzubringen." Er stehe für eine bedarfsorientierte Planung in der Stadt - "von der Idee bis zur Fertigstellung." Lars Bökenkröger möchte sich "für seine Heimatstadt" einsetzen. "Wir brauchen in Bad Oeynhausen eine Politik der Alltagsvernunft. Viele Bürger fühlen sich abgehängt von Entscheidungsprozessen", sagte Bökenkröger. "Ich will zusammen mit den Bürgern gestalten." Er sei "Bad Oeynhausen pur", stellte sich Volker Brand den Zuhörern vor. Blickte dann aber deutlich über den Bad Oeynhausener Tellerrand hinaus. Ihn treibe vor allem die Sorge um den Klimawandel, die tauenden Permafrostböden und steigenden Meeresspiegel. "Das ist eine gewaltige Menschheitsaufgabe, aber auch eine Aufgabe für uns hier vor Ort", sagte Brand. Als Fachmann, der "Verwaltung von der Pike auf gelernt" habe, präsentierte sich der Amtsinhaber Achim Wilmsmeier, dessen Kandidatur außer von seiner Partei, der SPD, auch noch von BBO, UW und Linken unterstützt wird. "Wir haben die Finanzen der Stadt geordnet, Schulden abgebaut und Rücklagen gebildet", zählte Wilmsmeier auf. Und es seien erhebliche Investitionen geplant, "120 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren." 2. Erhöhen oder absenken - Ihr Plan für die Gewerbesteuer? Er wolle hier nicht vollmundig verkünden, die Gewerbesteuer als Bürgermeister senken zu wollen, sagte Henning Bökamp. "Das muss man nachhaltig betrachten." Allerdings wünsche er sich, dass künftig nicht weiter Geld "für Leuchtturm-Projekte ausgegeben wird, die dann nicht leuchten. Wie zum Beispiel das Sielbad." Lars Bökenkröger forderte, dass die Stadt - wenn sie denn wie zuletzt 2016 die Gewerbesteuern erhöhe - auch Leistung dafür bringen müsse. Die Unternehmer, im Grunde aber alle Einwohner, müssten davon profitieren. "Straßen müssen ausgebessert, das Stadtbild gepflegt, der Tourismus gestärkt werden", sagte Bökenkröger. Gerade jetzt sei es wichtig, dass die Stadt 15 Millionen Euro Rücklage habe, sagte Volker Brand. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass diese Rücklage irgendwann aufgebraucht ist. Und dann sollten wir nicht den Fehler machen, die Verschuldung der Stadt wieder nach oben zu treiben", so der Grüne. Die Stadt müsse als verlässlicher Partner auftreten, sagte Achim Wilmsmeier. "Es ist wichtig, die Gewerbesteuer stabil zu halten." Und es sei wichtig, dass die Stadt in die Infrastruktur investiere. Schließlich gebe es auch noch andere Faktoren, die darüber entscheiden, ob sich Unternehmen in einer Stadt wohlfühlen. "Und da steht Bad Oeynhausen im Vergleich recht gut da", sagte Wilmsmeier. "120 Millionen Euro Investitionen - und das, wo wir jetzt in eine Rezession gehen", sagte Werner Birtsch. Allein schon um das neue Hallenbad im Siel und die Sanierung des Freibades mache er sich Sorgen. "Ich fürchte, dass das Projekt als Ruine endet." 125 Millionen Euro habe Bad Oeynhausen in den vergangenen fünf Jahren mehr eingenommen als in der Zeit des Bürgermeisters Klaus Mueller-Zahlmann. "Wo sind die eigentlich geblieben?", fragte Birtsch. 3. Welche Pläne haben Sie für die Mindener Straße? "Verträglich zurückbauen", lautet Achim Wilmsmeiers Formel für die ehemalige Stadtautobahn. "Allerdings wird das nicht ohne Fördermittel gehen", sagte er. Und kündigte an, dass er noch im August ein Gespräch mit dem NRW-Verkehrsministerium habe. "Da sind wir auf einem guten Weg." Zudem erwarte er, dass das geplante Medical-Center, das neue Sielbad und das geplante E-Center die Mindener Straße aufwerten werden. "Planen ohne Denkverbote", wünscht sich Werner Birtsch. "Wir sollten hören, wie die Bürger den Radschnellweg oder einen Rückbau der Mindener Straße auf zwei Spuren sehen", forderte er. Grundsätzlich solle die Straße so gestaltet werden, "dass Lastwagenfahrer keine Lust haben, dort durchzufahren." "Wenn ein Radfahrer kommt, halten die anderen Verkehrsteilnehmer an - so stelle ich mir einen Radschnellweg vor", sagte Henning Bökamp. "Aber wie soll das auf der Mindener Straße funktionieren?" Auch angesichts der verschiedenen Projekte, die an der Mindener Straße noch geplant sind, sei er "sehr vorsichtig, was einen Rückbau angeht." "Ja," sagt Lars Bökenkröger, "wir haben viel Zeit verloren. Wir stolpern vor uns hin und wissen nicht, ob und wie es weitergeht." Dabei sei der Umbau der Mindener Straße eine Chance für Bad Oeynhausen. Schnellstmöglich müsse der Umbau angepackt werden. "Ich sehe aber nicht, dass die Stadt das hinbekommt." Auch Volker Brand beklagte das Tempo. "Wir hätten hier schon längst etwas erreichen können, wenn wir tatkräftig die Ärmel hochgekrempelt hätten. Aber das geht alles viel zu langsam", so Brand. Ende nach zweieinhalb Stunden Nach zweieinhalb Stunden Frage und Antwort schickte Kay-Uwe Schneider, Vorsitzender des Wirtschaftsclubs, die 40 Zuhörer mit der Hoffnung nach Hause, "dass Sie hier Informationen bekommen haben, die Ihnen die Wahlentscheidung erleichtern."

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