So ist die Qualität des Wassers in der Werre

Bad Oeynhausen. Nein, ein sympathischer Geselle ist es nicht. Sein rundes, zahnbesetzes Maul würde jedem Alien-Monster Ehre machen. Seine Lebensweise auch. Das Flussneunauge saugt sich an anderen Fischen fest und ernährt sich von Haut- und Gewebefetzen ihrer Wirte. Ein klassischer Parasit also. Über deren Entdeckung in der Werre sich die Mitglieder des Fischereivereins Ravensberg dennoch freuen. "Denn das Neunauge braucht sehr sauberes Wasser", weiß Schriftführer Jan Rürup. Deshalb ist das Neunauge auch ein Indikator dafür, dass die Qualität des Werrewassers sehr gut geworden ist. Diese Entwicklung können die Angler bereits seit geraumer Zeit beobachten. 1923 wurde der Verein gegründet. Und schon kurze Zeit später pachtete der Verein die untere Werre an Angelgewässer an, ab dem Bereich mit den Ferienhäuschen am Ufer bis zur Mündung in die Weser. Entsprechend haben die Angler einen guten Überblick darüber, wie sich der Fluss in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat. "Früher trieben die Abfälle des Schlachthofs im Fluss" Zum Beispiel Erich Bante. "Ich angele schon seit 50 Jahren an der Werre. Mindestens", sagt er. Und damals, in den 1960er Jahren, sei die Wasserqualität furchtbar gewesen. "Da trieben zum Beispiel noch die Abfälle des Bad Oeynhausener Schlachthofs im Fluss", erinnert sich Bante. "Heute hat sich die Wasserqualität sehr verbessert", sagt Rürup. Das bestätigt Eckhard Nolting, Gewässerexperte bei der Stadtverwaltung. "Die Generation meiner Eltern hat noch in der Werre Schwimmen gelernt", berichtet der Diplom-Biologe. "In den 1960er und 70er Jahren war das vorbei." Eine Zäsur war dann 1986, als ein Unfall im Chemiewerk Sandoz zu einem massenhaften Fischsterben im Rhein führte. "Seitdem wurde kräftig in die Wasserqualität der Flüsse investiert", berichtet Nolting. Milliarden Mark und Euro wurden seitdem für Kläranlagen und Leitungen in der dicht besiedelten Werre-Region ausgegeben. "Im Einzugsbereich des Flusses leben circa 800.000 bis 900.000 Menschen", so Nolting. Jungfische für 7.000 bis 8.000 Euro jedes Jahr Inzwischen habe das Werrewasser wieder Badequalität, sagt der Biologe. Und die Angler stellen auch fest, dass die Artenvielfalt zunimmt. Als Mitte August das Wehr für eine Suche nach einem vermissten Löhner abgesenkt wurden, fanden die Mitglieder des Fischereivereins auf den Stufen der Fischtreppe am Siel neben dem Neunauge auch junge Bachforellen, Barben, Aale und einen kleinen Wels. Für einen Teil der Fische in der Werre haben die Angler selbst gesorgt. "Wir setzen jedes Jahr für 7.000 bis 8.000 Euro Jungfische in unsere Gewässer ein", berichtet der Vereinsvorsitzende Arnold Tiesmeier. Neben der unteren Werre hat der 180 Mitglieder zählende Fischereiverein auch noch den alten Werrearm und den Maschmeyer-Teich in Costedt in Besitz. "Und wir haben im vergangenen Jahr noch den Zanderteich in der Nähe des ehemaligen Automuseums gekauft", sagt Tiesmeier. "Das Problem ist nun die Struktur" Auch, damit sich die Fischbrut wohlfühlt, sorgen die Angler auch für Ordnung an ihren Gewässern. "Wir angeln nicht nur, wir sammeln auch regelmäßig den Müll aus der Landschaft ein", erklärt Rürup. Im nächsten Jahr wollen die Vereinsmitglieder noch eine neue Art in die Werre einsetzen: den Bach-Saibling. "Ein toller Fisch. Aber mit sehr hohen Ansprüchen an das Gewässer", erläutert Tiesmeier. Die Wasserqualität könnte dafür durchaus reichen. "Das Problem ist nun die Struktur", sagt Nolting. Denn: "Ein Fluss, der nicht fließt, neigt zur Verschlammung", weiß der Biologe. Weshalb das Sielwehr umgebaut, der Staupegel um 80 Zentimeter abgesenkt und die Werre in Bewegung gebracht werden soll. Die aktuellen Pläne dazu sollen im September im Umweltausschuss vorgestellt werden, kündigt Nolting an. Ob der Fluss nun steht oder fließt, das ist den Vereinsmitgliedern aus Anglersicht im Grunde egal. "Aber dass der Fluss für Wanderfische passierbar gemacht werden soll und die Flussauen an der Werre umgestaltet werden, das ist natürlich eine tolle Sache", findet Arnold Tiesmeier.

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