Kreis Minden-Lübbecke

In Europa einzigartig: So viele Herzen wurden im HDZ schon transplantiert

Spitzenmedizin: An keiner Klinik in Europa wurden so viele Herzen transplantiert wie am Herz- und Diabeteszentrum. Der Ärztliche Direktor Jan Gummert setzt sich in der aktuellen Debatte über ein neues Transplantationsgesetz für die Widerspruchslösung ein.

Haupteingang Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen | © Martin Steffen

26.08.2019 | 26.08.2019, 10:27

Kreis Minden-Lübbecke. Nach aktuellem Stand haben die Herzspezialisten am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ) in Bad Oeynhausen insgesamt 2.500 Herztransplantationen seit 1989 durchgeführt. Mit mehr als 80 Herztransplantationen pro Jahr ist die Landeseinrichtung damit das mit Abstand größte Herztransplantationszentrum in Europa.

Zur Expertise der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie unter der Leitung von Jan Gummert zählen über 130.000 große Operationen am Herzen und den herznahen Gefäßen sowie mehr als 4.000 Implantationen von Kunstherzen und künstlichen Herzunterstützungssystemen, so berichtet das HDZ. In Bad Oeynhausen wird das gesamte Spektrum herzchirurgischer Verfahren durchgeführt.

Die Herztransplantation wird notwendig, wenn das Herz den Organismus nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgen kann. Fast 52 Jahre, nachdem in Kapstadt (Südafrika) erstmals weltweit ein menschliches Herz implantiert wurde, zählt dieser Eingriff heute in großen Zentren zur Routine in der Behandlung von Hochrisikopatienten mit schwerer chronischer Pumpstörung der Herzkammern. „Die Entwicklung immer besserer Medikamente, die die Abstoßung des fremden Organs unterdrücken, hatte dabei einen wesentlichen Einfluss auf die guten Ergebnisse der Herztransplantation innerhalb der letzten 30 Jahre", erläutert Gummert.

In diesem Jahr bekamen schon acht Patienten unter 18 Jahren ein neues Herz

Zehn Jahre nach einer Herztransplantation leben heute nach Angaben des HDZ mehr als 60 Prozent der Patienten. Für Patienten mit schwerer Pumpschwäche des Herzens stelle der Eingriff nach wie vor die bestmögliche Therapie dar, so der leitende Herzchirurg und Ärztliche Direktor des HDZ.

„Ein interdisziplinäres, fachärztliches Team, das auf eine Transplantation vorbereitet, ein sorgfältiges Nachsorgeprogramm sowie die stetige Zusammenarbeit mit dem Hausarzt sind von großer Bedeutung für diesen Erfolg," betont Gummert. Neben einer komplexen klinischen und ambulanten Betreuung biete das HDZ Schulungsangebote durch Psychologen und erfahrene Transplantationsberater. Unter den regelmäßig in Bad Oeynhausener in der Nachsorge betreuten Patienten befinden sich laut HDZ rund 120 Menschen, deren Herztransplantation schon mehr als 20 Jahre zurückliegt.

„Eine schwere Herzerkrankung, die eine Transplantation lebensnotwendig macht, kann grundsätzlich jeden treffen", betont Gummert. In der Klinik für Kinderherzchirurgie und angeborene Herzfehler des HDZ unter der Leitung von Eugen Sandica werden auch Säuglinge, Kinder und Jugendliche transplantiert. In diesem Jahr sind bereits acht Herztransplantationen bei Patienten im Alter von 0 bis 18 Jahren erfolgreich durchgeführt worden.

Aktuell warten 200 Patienten des HDZ auf ein Spenderherz

„Aktuell warten über 200 Patienten des HDZ auf ein Spenderherz", teilen Gummert und Sandica mit. „Dank der Möglichkeiten der künstlichen Herzunterstützung können wir die Wartezeit in vielen Fällen überbrücken. Leider stehen aber immer noch viel zu wenig Spenderorgane zur Verfügung."

Über 1.200 Spenderherzen würden jährlich in Deutschland benötigt. Aus Sicht der Transplantationsmediziner am HDZ könnte die Einführung einer Widerspruchslösung in Deutschland viele praktische Probleme beseitigen. Das zeige das Beispiel anderer Länder.

Prof. Dr. Jan Gummert, Ärztlicher Direktor und Direktor der Klinik für Thorax- und 

Kardiovaskularchirurgie am HDZ NRW, Bad Oeynhausen (Foto: Marcel Mompour). - © Marcel Mompour
Prof. Dr. Jan Gummert, Ärztlicher Direktor und Direktor der Klinik für Thorax- und
Kardiovaskularchirurgie am HDZ NRW, Bad Oeynhausen (Foto: Marcel Mompour). | © Marcel Mompour

Umfragen zufolge sprechen sich rund 80 Prozent der Bevölkerung ohnehin für die Organspende aus. „Es wäre dann klarer gesellschaftlicher Konsens, dass meine Organe zum Zweck der Organspende entnommen werden können, wenn ich verstorben bin" sagt Gummert, der sich auch als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie für eine Widerspruchslösung einsetzt. „Wer nicht damit einverstanden ist, kann jederzeit widersprechen. Ich sehe darin keine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts, sondern vielmehr Respekt vor der persönlichen Entscheidung."