Lebenspartner von Patientin wehrt sich vor Gericht gegen Hausverbot am Klinikum Lippe

Lemgo. Dort im Gerichtssaal sitzt ein Mann, der eigentlich nur das Beste für seine lungenkranke Lebenspartnerin will. Sein Einsatz führt ihn bis vor Gericht. Mit seinem Auftreten und seiner wiederholten Kritik am Pflegepersonal hat er die Mitarbeitenden auf der Intensivstation am Krankenhaus in Lemgo offenbar an ihre Grenzen gebracht. Die Folgen waren für den Angehörigen massiv. Der Chefarzt der Pneumologie sprach ihm daher ein Hausverbot aus, obwohl seine Partnerin zeitweise im künstlichen Koma lag. Dagegen wehrt sich der 58-Jährige nun per einstweiliger Verfügung vor dem Amtsgericht Lemgo. Darüber hinaus verlangt der Mann aus dem Landkreis Hameln-Pyrmont noch, dass seine Partnerin so schnell wie möglich von Lemgo in eine spezielle Klinik nach Hannover verlegt wird. &bdquo;Ich will nur, dass sie da wegkommt“, sagt er. Das Vertrauen ins Klinikum Lippe sei inzwischen gestört. Eine entsprechende Vorsorgevollmacht befähige ihn dazu, genau diese Entscheidung für seine Partnerin zu treffen, davon ist der Mann überzeugt. Ein ungewöhnlicher Fall Das juristische Problem: Die Klage müsste dann auch entsprechend so formuliert sein, dass die betroffene Patientin als Klägerin auftritt und ihr Partner sie im Sinne der Vorsorgevollmacht als Bevollmächtigter vertritt. Mehrfach weist Philipp Reimann, Richter am Amtsgericht Lemgo, den Kläger in der mündlichen Verhandlung genau darauf hin. Eine Reaktion bleibt aus, seinen Anwalt hat der Kläger nicht dabei. Ein Nachteil für den klagenden Angehörigen entsteht trotzdem nicht. Auch dem Klinikum Lippe scheint daran gelegen zu sein, die Sache schnell beizulegen und dem Lebensgefährten der Patientin keine Steine in den Weg zu legen. Rechtsanwältin Klaudia Hugenberg, die das Klinikum Lippe vertritt, hat daher bereits die Kopie der angeforderten Patientenakte mitgebracht – und signalisiert frühzeitig, einem Vergleich zustimmen zu wollen. Die betroffene Patientin hatte sich ursprünglich bewusst für eine Operation in Lemgo entschieden, war dann aber wegen anderer Komplikationen auf der Intensivstation gelandet und Ende August ins künstliche Koma versetzt worden. Aus Sicht ihres Partners, der selbst langjährig in der Pflege gearbeitet habe, sei die Behandlung genauso wie die Weitergabe von Informationen hier unzureichend abgelaufen, meint er. Die Situation spitzte sich zu – es kam zum Hausverbot. Hausverbot als letzte Möglichkeit Trotz des laufenden Klageverfahrens hatte der zuständige Chefarzt die Sanktion vor einer Woche wieder etwas gelockert und dem Angehörigen erlaubt, seine Frau begleitet von Ärzten zu besuchen. &bdquo;Mir geht es nur darum, dass Sie den Ablauf auf der Station nicht stören“, sagt der Mediziner als Zeuge vor Gericht. Ihn hatten verschiedene Beschwerden erreicht, dass sich der Mann &bdquo;respektlos und aggressiv“ gegenüber Pflegekräften verhalten und das Personal von pflegerischen Tätigkeiten abgehalten haben soll. Der Angehörige selbst schätzt die Situation anders ein. &bdquo;Ich habe Hausverbot bekommen, weil ich angeblich mit meinem Auftreten und meinen kritischen Fragen Patienten gefährdet habe“, sagte der Angehörige im Vorfeld des Termins. Richtig nachvollziehen könne er die Entscheidung nicht, er habe nur auf Fehler hinweisen wollen. Dass er trotz eines Gesprächs keine Einsicht gezeigt habe, so beschreibt es der Chefarzt, führte wiederum überhaupt erst zum Hausverbot. Laut Klinikumssprecher Christian Ritterbach muss einiges passieren, bis das Klinikum Besucherinnen und Besucher tatsächlich ausschließt. &bdquo;Das passiert äußerst selten – in Lemgo vielleicht fünfmal im Jahr, in Detmold sind es keine zehn Vorfälle dieser Art“, erklärt Ritterbach. Hausverbot werde gegenüber renitenten Angehörigen als letztes Mittel genutzt, um die Abläufe nicht zu gefährden. Insbesondere dann, wenn es zu übegriffigem Verhalten oder Pöbeleien komme sowie betroffene Besucher das Personal wiederholt an der Arbeit hinderten. Krankenhaus bemüht sich um Vergleich In dem aktuellen Fall am Standort in Lemgo erklärt sich das Klinikum trotz aller offenbar schwierigen Situationen einverstanden, das Hausverbot aufzuheben, solange sich der Kläger wieder an die geltenden Regeln und Besuchszeiten hält und niemanden an der Arbeit behindere. Im Zentrum des Vergleiches steht aber viel mehr die Frage, ob und wie die Patientin nun von Lemgo nach Hannover verlegt werden kann. Auch hier sagt das Klinikum zu, &bdquo;alles in ihrer Macht Mögliche zu tun“, damit die Patientin möglichst schnell auf die Intensiv- oder eine hoch spezialisierte Weaning-Station an der besagten Klinik in Hannover verlegt werden könne. Wichtig sei für das Klinikum Lippe nur, sagt Anwältin Hugenberg, nicht auf den Transportkosten von rund 2.500 Euro sitzen zu bleiben. Daran soll es aus Sicht des Angehörigen nicht scheitern. Er erklärt sich bereit, etwaige Kosten selbst zu übernehmen. Sollte seine Partnerin von der Intensivstation in Lippe direkt auf die Weaning-Station verlegt werden, zahle aller Wahrscheinlichkeit sogar die Krankenkasse in Niedersachsen für die Verlegung, da es aus einem medizinischen Grund passiere. 14 Tage Widerrufsrecht Das bestätigt so auch der Chefarzt. Lemgo hatte dazu schon erste Gespräche mit der betroffenen Klinik in Hannover geführt. &bdquo;Hannover war es nur wichtig, dass wir vorher eine Tracheotomie machen“, sagt der Chefarzt. Das sei passiert. Wenn es nach dem Klinikum Lippe gehe, könne die Patientin daher schon morgen verlegt werden. Inzwischen sei die Frau wieder wach. Der Kläger selbst scheint am Ende etwas überrascht zu sein. &bdquo;Mit so viel Kompromissbereitschaft vom Klinikum hätte ich nicht gerechnet“, sagt er. Er selbst habe ebenfalls ergebnisorientiert für seine Partnerin handeln wollen, auch wenn ihn einiges noch sauer aufstoße. Da die Kosten des Verfahrens von etwa 850 Euro ebenfalls auf Klägerseite hängen bleiben, schließt der Richter einen Widerrufsvergleich, der erst mit Ablauf von 14 Tagen gültig wird. &bdquo;Im Wesentlichen haben Sie alles bekommen, was Sie wollten“, fasst Richter Reimann zwischendurch zusammen. Wenn das Gericht entscheiden müsse, sähe es wahrscheinlich anders aus.

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