Oerlinghausen

Nachhilfe der besonderen Art

Am Niklas-Luhmann-Gymnasiums nutzen 29 Schülerinnen und Schüler die „Extra-Zeit zum Lernen“, das kostenlose Förderprogramm des Landes.

Bis vor einem halben Jahr war Leona Mehmeti selbst noch Schülerin des Niklas-Luhmann-Gymnasiums. Jetzt hilft sie Fünftklässlern, in einer kleinen Fördergruppe die Lernlücken zu schließen. Bettina Lohkamp, stellvertretende Schulleiterin, koordiniert das Projekt. | © din

09.11.2021 | 09.11.2021, 10:10

Oerlinghausen. Lockdown und Lernen auf Distanz haben zahlreichen Schülerinnen und Schülern Probleme bereitet. So fiel es ihnen schwer, sich zu Hause den Stoff erarbeiten. Aus diesem Grund hat die Landesregierung die „Extra-Zeit zum Lernen“ gestartet: Wer Lücken hat, kann außerhalb der Unterrichtszeit kostenlose Nachhilfe erhalten. In Oerlinghausen nimmt das Niklas-Luhmann-Gymnasium an dem Projekt teil.

Leona Mehmeti hat die Schulschließung selbst miterlebt, im Juni nahm sie ihr Abiturzeugnis entgegen. Am Samstag ist sie ins Gymnasium zurückgekehrt. Im Raum 63 hilft sie sechs Jungen und Mädchen im Fach Englisch auf die Sprünge. Den Fünfklässlern hat sie die Aufgabe gestellt, die Steigerungsformen von Adjektiven zu bilden.

„Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass sie Lernlücken haben“, sagt Leona Mehmeti. „Bei mir war es genauso. Ich mochte den Online-Unterricht nicht, ich fand es ganz schlimm.“ Gruppenarbeit, Austausch und sozialer Zusammenhalt – all das war plötzlich nicht mehr möglich. „Es fehlte das System hinter sich, das einen stützt“, beschreibt es Leona Mehmeti. „Nur über Distanz zu lernen reicht nicht.“

»Es ist das Schönste, wenn sich die Jüngeren freuen«

Mit großer Anstrengung gelang es ihr, den erforderlichen Stoff aufzuholen. Sie bestand nicht nur die Abiturprüfungen, sie hat in Englisch sogar eine hervorragende Note erhalten. Jetzt studiert sie Jura an der Universität in Bielefeld. Ihre Schulzeit hat sie in bleibender Erinnerung behalten und ist froh, Jüngeren unter die Arme greifen zu können. „Das mache ich wirklich gern“, sagt die Studentin. Denn die Schülerinnen und Schüler, die eigens am Samstag kommen, „sind durchweg fleißig und diszipliniert, weil sie wirklich etwas lernen wollen“. Und die Bemühungen sind nicht umsonst. „Es ist das Schönste, wie sich die Jüngeren freuen, wenn sie eine bessere Note in der Klassenarbeit bekommen haben“, sagt Leona Mehmeti.

Im Raum nebenan lösen sieben Mädchen und Jungen Matheaufgaben. Malik ist einer von ihnen. Das zusätzliche Angebot „gefällt mir sehr“, sagt er. „Wir üben hier Sachen, die auch in der nächsten Arbeit vorkommen.“ Benita aus der siebten Klasse stellt fest: „Ich habe plötzlich mehr verstanden. Fragen wurden mir sehr gut erklärt.“ Jetzt sieht sie der nächsten Klassenarbeit viel gelassener entgegen.

Das Programm richtet sich an Schülerinnen und Schüler der fünften bis neunten Klassen, erläutert die stellvertretende Schulleiterin Bettina Lohkamp, die das Projekt koordiniert. „Beim Übergang zur gymnasialen Schulform haben sich die Schließung der Grundschulen besonders bemerkbar gemacht“, sagt sie. „Deshalb schauen wir die uns die Klassen 5 genauer an.“ Die Fachlehrkräfte für Englisch und Mathematik geben dann Empfehlungen an die Eltern, denn die Teilnahme an der „Extra-Zeit“ ist freiwillig.

Bis Januar sind elf Termine vorgesehen, die jeweils drei Stunden dauern. Die Betreuung der kleinen Fördergruppen übernehmen Leona Mehmeti und drei weitere Nachhilfelehrer des Studienkreises in Oerlinghausen. Insgesamt nutzen 29 Kinder das vom Land mit 4.000 Euro finanzierte Angebot, die Stadt Oerlinghausen übernimmt einen Eigenanteil von 1.000 Euro.

„Die bisherigen Prüfungen zeigen, dass die Extra-Zeit extrem erfolgreich ist“, sagt Bettina Lohkamp. „Die Betreuer leisten ganz tolle Arbeit, um die Potenziale der Schülerinnen und Schüler sichtbar zu machen.“