
Oerlinghausen. „Das überrascht mich jetzt selbst“, sagt Sven Uhlenburg. An einer gefällten Fichte hat der Förster ein Stück Rinde entfernt. Darunter tummeln sich auf einer etwa zwei Euro kleinen Fläche beinahe 20 winzige schwarze Borkenkäfer im frisch produzierten Bohrmehl. Zigtausende sind es über den gesamten Baum verteilt. „Die Käfer fliegen seit drei bis vier Wochen und beginnen sich rund und fett zu fressen.“ Immense Schäden haben sie bereits angerichtet.
Das Sturmtief Friederike hat vor zwei Jahren große Waldschäden hinterlassen. „Hinzu kam die große Trockenheit der vergangenen zwei Jahre, die sich in diesem Jahr wohl fortsetzen wird“, vermutet der 29-Jährige. Viel bruttaugliches Material lag am Boden, riesige Fichten-Flächen starben ab. Sie sind bereits weg oder müssen noch entfernt werden. In Oerlinghausen wird jetzt mit großem Gerät auf der Fläche zwischen dem Parkplatz am Welschenweg und dem Naturfreundehaus gearbeitet.

„Vor allem um den Parkplatz herum sind fast alle Fichten tot“, sagt Uhlenburg. Das Risiko, sie stehen zu lassen, sei viel zu groß. Dank des Harvesters der Firma Steffenfauseweh in Verl soll die Arbeit schnell vorangehen. Der Vollernter mit den monströsen Rädern ist ein Allrounder. Er kann greifen, drehen, schneiden und schieben.

„Die Maschine misst den Baumdurchschnitt und schneidet passend auf Länge“, erläutert Sven Uhlenburg. Eingestellt ist sie auf exakt 11,80 Meter, „damit die Stämme in Übersee-Container passen“. Bei größeren Stämmen kommt die Motorsäge zum Einsatz. Hier wird mit dem Forstbetrieb Gerstenberg aus Lage zusammengearbeitet.
In Deutschland seien die Sägewerke schon vorher voll gewesen. „Auf dem heimischen Markt kann derzeit nichts mehr verkauft werden.“ Also wird etwa die Hälfte des Holzes per Container nach China exportiert, die andere Hälfte, vor allem das qualitativ schlechtere Holz, wird in heimischen Heizkraftwerken, wie etwa in Oerlinghausen, zur Energiegewinnung genutzt . Bliebe es liegen, „dann ginge es nach dem Borkenkäfer, der sich zwischen Holz und Borke frisst – der Bockkäfer ins Holz und würde die Stämme durchlöchern“. Dann wäre das Holz nicht mehr vermarktbar. Deshalb sei es wichtig, es schnell abzufahren.
„Etwa zwei Wochen werden wir für die Arbeiten auf einer Fläche von rund fünf Hektar benötigen“, vermutet Sven Uhlenburg, der die Vertretung von Klaus Schwadedissen im September 2019 übernommen hat. Der Förster verwaltet den Bereich von der Lämershagener Straße über Augustdorf bis Schlangen. Vor allem in Oerlinghausen mit seinem großen Baumbestand gibt es viel zu tun. Zwischen Naturfreundehaus und Parkplatz Welschenweg wird es temporäre Wegeabsperrungen geben. „Die gefährlichen Areale, beispielsweise, wenn direkt am Weg gearbeitet wird, werden wir absperren.“
„Dann werden wir Laubholz, vor allem Eichen, pflanzen“
Die Schadfläche allein in seinem Revier betrage 400 Hektar, sagt Uhlenburg. „Das meiste davon muss noch weg. In der momentanen Ausnahmesituation dreht sich alles um Fichte und Käfer.“ Nach dem Abholzen muss aufgeforstet werden. „Dann werden wir Laubholz, vor allem Eichen pflanzen“, denn die fühlen sich gerade auf den Freiflächen wohl und kommen gut mit der Trockenheit zurecht. Problem sei, dass Pflanzen derzeit schlecht zu bekommen seien. „Und die wenigen, die es gibt, sind teuer“.
Also wird ab dem Herbst in größeren Abständen gepflanzt. Bereits im Winter waren 14.000 Pflanzen „über ganz Oerlinghausen verteilt“ in die Erde gekommen, neben Eichen auch Douglasien, Elsbeeren und Kirschen. „Ob sie es alle schaffen, werden wir im Sommer beziehungsweise Herbst sehen“, sagt Sven Uhlenburg. Bäume, die unter abgestorbenen Fichten stehen, „versuchen wir zu schützen, denn wir sind froh, dass sie schon vorhanden sind.“ Rund um den Parkplatz am Welschenweg sei das leider nicht der Fall.
Mit der großflächigen Abholzung könne eine größere Verdunstung und Erosionsgefahr einhergehen, erläutert der Förster. Weitere Gefahr: „Wenn nicht möglichst schnell neue Pflanzen gesetzt werden, droht eine Vergrasung.“ Ein noch größeres Problem stelle die schnelle Ausbreitung der Brombeere dar. „Die wächst einfach überall.“
Weil die Menschen aktuell mehr Zeit haben spazieren zu gehen, finde sich zunehmend Müll im Wald, berichtet Sven Uhlenburg von einem anders gelagerten Problem. Außerdem hat er bereits mehrere Grillstellen entdeckt. „Das ist bei dieser Trockenheit hochgefährlich“, warnt er.
Auch die Kreisfeuerwehr warnt vor Waldbränden. Schon ein einziger Funken kann einen Waldbrand verursachen. Deshalb gilt im Wald absolutes Rauchverbot. Im Fall eines Brandes oder ein Rauchentwicklung sollte der Notruf 112 gewählt werden.