Düsseldorf/Lügde (epd). Trotz Ermittlungsfehler im Missbrauchsfall Lügde hat der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) bislang weder die Opfer persönlich getroffen, noch den Tatort besucht. Er habe es zwar überlegt, sich dann aber dagegen entschieden, sagte Reul der Rheinischen Post. „Das sind schließlich noch Kinder. Die fragen sich doch: Was will der Mann aus Düsseldorf hier?"
Auch die betroffenen Eltern und Familien werde er nicht treffen. „Leute, die was von der Sache verstehen, haben mir geraten: Überlassen Sie das lieber den Profis", begründete Reul die Entscheidung. Er sei davon überzeugt, dass die polizeiliche Opferbetreuung in diesem Fall gut gelaufen sei. Lediglich in Detmold war der Innenminister inzwischen - um dort das Gespräch mit Polizeibeamten zu suchen.
Innenminister sieht keine persönlichen Fehler
Bilder vom Tatort auf dem Campingplatz, wo ein Dauercamper mit einem Komplizen über Jahre hinweg Kinder missbraucht und dabei gefilmt haben soll, kenne er von Bildern aus der Polizeiakte, sagte der Minister weiter. „Danach war ich schockiert genug."
Persönliche Fehler in dem Fall wies Reul zurück: „Ich bin nicht verantwortlich für jeden Fehler, den Einzelne in meinem Verantwortungsbereich machen." Doch schließe er eine Reform der Polizeistruktur nicht aus. „Da wird es keine Denkverbote geben. Aber bevor man über Lösungen redet, muss man zuerst die Fehlerquellen kennen", sagte der Minister.
Mehr als 40 Opfer
Auf einem Campingplatz in Lügde an der Grenze zu Niedersachsen sollen mehr als 40 Kinder jahrelang von bislang acht Beschuldigten sexuell missbraucht worden sein. Der Polizei und Jugendbehörden werden massives Versagen vorgeworfen. So sollen die Behörden vorliegenden Hinweisen jahrelang nicht nachgegangen sein.
Bei der Kreispolizeibehörde in Lügde, die zunächst mit den Ermittlungen betraut war, kam es nach Bekanntwerden von Ermittlungspannen zu Versetzungen, Suspendierungen und Disziplinarverfahren. Unter anderem verschwand ein Koffer mit Datenträgern voller Beweismittel aus der Polizeibehörde. Auch sollen die Befragung der minderjährigen Opfer, entgegen einer Vorschrift des Innenministeriums, nicht spezifisch fortgebildete Sexualsachbearbeiter vorgenommen haben.
Abriss zieht sich hin
Die Abrissarbeiten auf der Campingplatzparzelle des Hauptverdächtigen dauern unterdessen länger als gedacht.
Nach Planung des Platzchefs sollten die Arbeiten am Donnerstag beendet sein. Arbeiter einer Abrissfirma müssen nun aber am Freitag wiederkommen. Platzchef Frank Schäfsmeier hatte angekündigt, die Parzelle in eine Grünfläche umwandeln zu wollen und sie nicht mehr zu vermieten.
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