Drohmails wegen Corona-Ausbruch: Bürgermeister will auf Anzeige verzichten

Willebadessen. Eine vorsorgliche Schließung der Willebadessener Schulen werde es zum jetzigen Zeitpunkt nicht geben, bestätigte Bürgermeister Norbert Hofnagel der Neuen Westfälischen. Seine Gemeinde liegt an dem Tag wiederum mit einem Wochen-Inzidenzwert von 670 an der Spitze der zehn Städte im Kreis. "77 betätigte aktuelle Infektionen bei rund 8.200 Einwohnern", versucht Hofnagel über konkrete Zahlen Sachlichkeit in die Situation zu bringen. Denn geredet und gefordert werde viel, sagt Hofnagel. Meinungen und Ängste, mit denen er sich als Bürgermeister konfrontiert sehe. "Was in den vergangenen Tagen am Telefon oder per E-Mail lief, war nicht normal", beschreibt er unumwunden. "Da wird eine Emotion auf die andere gepackt. Das führt doch zu nichts." Dass nach den Öffnungen und der Urlaubszeit die Infektionen zunehmen würden, sei eine Konsequenz, "von der wir alle wussten", sagt Hofnagel. Auch in Willebadessen sei nun klar, dass in der momentanen Welle das Coronavirus von einer Urlaubsreise stamme und über einen Gottesdienst und einer anschließenden Feier den Weg in die Gemeinde gefunden habe. Hofnagel spricht von "überwiegend jungen Menschen", deren Infektionen milde verliefen. Kritik an Inzidenz-Regelung In diesem Zusammenhang kritisiert der Willebadessener Verwaltungschef die Inzidenz-Regelung. Weil sie nicht dem Tagesgeschehen entspreche, sei sie nicht mehr geeignet und schüre nur die Angst. Trotz einer hohen Impfquote im Kreis Höxter von 71,5 Prozent bei den Erstimpfungen und rund 67 Prozent, die nach einer Zweitimpfung oder einer Genesung als immun gelten. Hofnagel hat die statistischen Zahlen hochgerechnet und spricht von einer aktuellen Infizierungsrate in seiner Gemeinde von "rund 2,5 Prozent". Doch stehe "im Augenblick der soziale Frieden auf dem Spiel", fasst Hofnagel für sich zusammen. Er könne die Furcht der Menschen schon verstehen. Allerdings verweist er auch auf "in Teilen irrationale Reaktionen", denen er begegne. "Jeder möchte zurück ins normale Leben", weiß der Bürgermeister, doch dafür sei es angesichts einer erwarteten vierten Welle vielleicht noch zu früh. Hofnagel ruft zur Besonnenheit auf und verweist auf das Einhalten der 3G-Regeln und das Tragen von Hygienemasken. "Kaum Gefährdungspotenzial" für Schüler und Kinder Eine Studie der Charité in Berlin sehe für Kinder und Schüler "kaum Gefährdungspotenzial", sagt Hofnagel und fragt nach den Konsequenzen, wenn zum jetzigen Zeitpunkt in Willebadessen und Peckelsheim die Bildungseinrichtungen schließen würden. Es werde täglich hundertfach getestet, die Klassenräume seien mit Luftfiltern und CO2-Ampeln ausgestattet. Nach Meinung von Gesundheitsbehörden und Medizinern stehe eine Schließung der Schulen in keinem Verhältnis zur aktuellen Lage. Die Anzahl der Menschen in Quarantäne sei hoch, gibt er zu. "Doch die Anzahl der Infektionsfälle wird sich verringern", ist Hofnagel überzeugt und nennt Stichwörter wie Inkubationszeit und Momentaufnahme. Derweil muss sich der Bürgermeister weiter mit Drohbriefen und Drohmails wütender Bürger herumschlagen. Mitunter auch mit rassistischen Inhalten, die die Grenze zum Strafbaren überschreiten. Doch von Strafanzeigen sieht Norbert Hofnagel ab. "Was bringt das?", fragt er sich ernüchtert. Er versuche, sachlich zu blieben und "das Angstspielchen nicht mitzuspielen". Polizei rät zu Anzeige Eine Anzeige sollten Betroffene von Bedrohung oder Beleidigung aber auf jeden Fall aufgeben, sagt Polizeisprecher Jörg Niggemann auf Anfrage. "Auch auf die Gefahr hin, dass ein Ermittlungsverfahren vielleicht eingestellt wird." Denn es sei nicht immer einfach, zwischen einer freien Meinungsäußerung und einer Beleidigung zum Beispiel zu unterscheiden. "Wie viel muss man ertragen, wenn man ein öffentliches Amt bekleidet?" Dennoch, rät Niggemann, sei eine Anzeige ratsam. Es könnte ja aber sein, dass eine Drohmail oder ein Hasskommentar erst der Anfang einer Reihe von Nachrichten seien und in einem solchen Fall sei es gut, wenn diese von Beginn an dokumentiert seien. Generell, sagt Niggemann, kämen derartige Fälle im Kreis vereinzelt zwar vor, allerdings so selten, dass sie nicht statistisch erfasst würden.

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