Ostern: Warburger Pfarrer fragt sich, was bleibt von der Tradition?

Warburg. Darf der Osterhase noch Osterhase heißen? Um die Frage macht manch Zeitgenosse einen Riesen-Zoff. Und wird immer wieder von den Medien dankbar in den Schlagzeilen aufgenommen. Goldhase heißt er in der Werbung, Schmunzelhase wegen des Lächelns unter dem süßen Näschen des folienummantelten Exemplars in den Verkaufsregalen. Im Supermarkt ist er unter dem neutralen Namen Schokohase und bei Discountern wie Aldi und Lidl auch als Sitzhase bekannt. Regelmäßig entspinnt sich eine aufgeregte Debatte. &bdquo;Eigentlich um nichts“, sagt der Warburger Pfarrer. Die Empörung über das Verschwinden der Osterhäschen: &bdquo;Grundlos“, meint Gerhard Pieper. Auch im christlich geprägten Deutschland. Schließlich trage der Osterhase schon eine vorchristliche Tradition in sich. &bdquo;Als Symbol steht er ganz allgemein für das Leben“, sagt der Theologe. Weil er wohl voller Frühlingsgefühle als sehr zeugungswillig gelte. Der Hase, das Lamm, das Ei – Bilder die man aufgenommen habe und als Form der Inkulturation verstehen müsse. Wie in Irland des St. Patrick das Kleeblatt als Sinnbild der Dreifaltigkeit gelte. Ursymbole, die aufgegriffen werden &bdquo;und nicht unbedingt christliche sind“, ergänzt Pieper. &bdquo;Doch scheinen sie einen gewissen Charme zu haben.“ Aufgeklärte Erwachsene sollten sich rund um das Osterfest ein wenig zurücknehmen, empfiehlt der Seelsorger. Denn jüngere Kinder seien von Hase, dem neugeborenen Lamm, Huhn und Ei fasziniert. &bdquo;Sie haben ein natürliches Gespür für das entstehende Leben. Womöglich helfen diese Symbole auch, Kindern zu erklären, dass man aus dem Tod zum Leben erwachen kann“, führt er den Gedanken fort. Auch interessant: Sehnsucht nach Frieden: Der Osterhase bekommt Post aus der ganzen Welt Davon erzählt die Bibel Die zentrale Botschaft der kommenden Festtage, die zentrale Botschaft von Karfreitag und Ostern. &bdquo;Eine Glaubensbotschaft, die für uns Geheimnis bleibt und etwas Wundersames für uns hat“, merkt der Geistliche an. Die erste Zeugin, die von Ostern erfahren habe, sei die Maria Magdalena am leeren Grab ihres Freundes gewesen. Von den Römern war Jesus ans Kreuz geschlagen worden. &bdquo;Ganz in ihrer Trauer gefangen, erlebt Maria Magdalena, dass der Tod nicht die ganze Wirklichkeit ist“, sagt Pieper. &bdquo;Auferstehung erfahren diejenigen, die gerade den Tod gesehen haben.“ Davon erzählt die Bibel. Fromme Sprüche für diejenigen, die &bdquo;gläubig zweifeln“ Eine Zumutung auch im eigenen Leben: &bdquo;Wenn alles dunkel erscheint, Krankheit und Tod im Raum stehen, dem Leben etwas zutrauen. Trotz allem“, sagt der Geistliche. Ein Erleben, das mächtig wirkt, weil es die Perspektive verändern könne. Das sei die Megageschichte der Christenheit, sagt Pieper dann. Gott habe etwas mit uns vor. &bdquo;Führt uns zum Guten“, nennt er die Grundaussage der Botschaft und blickt sich um. Vom Balkon seiner Wohnung aus schaut Pieper hinauf zur Baumkrone in der Nachbarschaft. Ein Elsternpärchen baut dort am Nest. Im Garten recken die Schlüsselblumen ihre gelben Blüten aus dem satten Grün in die Höhe. Fromme Sprüche für diejenigen, die &bdquo;gläubig zweifeln“ Den beiden großen Kirchen schwinden Gottesdienstbesucher, Mitglieder und Priester. Die kirchliche Wirklichkeit werde derzeit als dunkel und drückend erlebt, bilanziert der Warburger Seelsorger. In dieser Stimmung falle es schwer, es trotzdem für möglich zu halten, &bdquo;dass Gott mit uns geht, ohne zu wissen wohin“. Fromme Sprüche für diejenigen, die &bdquo;gläubig zweifeln“. Für diejenigen, für die Gott und Kirche keine Themen mehr sind. Eingebettet in den allgemeinen soziologischen Wandel der Gesellschaft, seien auch die Sozialform Kirche immer weniger relevant, sagt der Pfarrer. Parteien, Gewerkschaften, Gruppierungen bis hin zu den örtlichen Sport-, Musik, Schützenvereinen: Sie alle verlieren an Bindungskraft. &bdquo;Das kann man beklagen“, sagt Pieper. Oder als Lebenswirklichkeit sehen und akzeptieren. &bdquo;Denn auch das kann eine Etappe sein, die Gott in der Zeit mit uns geht.“ Urvertrauen, das Hoffnung schenkt Bis 2030 sollen im Paderborner Erzbistum Seelsorge und Verwaltung neu ausrichtet werden. Maximal 25 Seelsorgeräume wird es geben, die jeweils aus höchstens drei Pfarreien bestehen. Geleitet werde ein Seelsorgeraum künftig von einem Team aus Pfarrer, Verwaltungsleitung und pastoraler Koordination, unterstützt von multiprofessionellen Pastoralteams, wie das Erzbistum mitteilt. Manch einer mag da meinen, die Kirche ziehe sich in die Büros zurück. Zum Hintergrund: Weniger Mitglieder und Personal: Große Umstrukturierung beim Erzbistum Paderborn Dass es zu einem deutlichen strukturellen Umbau der verfassten Kirche in der Diözese kommen muss, weiß auch Pieper. Da sei nichts schönzureden, sagt er. Durchaus aber religiös zu deuten. Dazu gehöre in der Osternacht ganz zentral das Christusgeschehen, findet Pieper theologische Begriffe. &bdquo;Gott führt uns aus der Gefangenschaft in eine neue Freiheit“, übersetzt er. Der Weg sei sicherlich auch mit Ängsten verbunden. Aber Gott lasse sich nicht beirren. Das zweite große Bild sei die Auferstehung. &bdquo;Im Dunkel des Todes leuchtet ein Licht auf.“ Neues Leben, Urvertrauen, Hoffnung, Sonnenaufgang, Knospen, die blühen werden. Der Alltag ist schon lang nicht mehr an Kirche und Dorf gebunden Der Alltag ist schon lang nicht mehr an Kirche und Dorf gebunden. Für die Freizeitgestaltung brauche niemand mehr die Frauengemeinschaft, die Messdienerrunde oder den Kirchenchor. Und die Individualisierung der Gesellschaft sei auch nicht den Kirchen geschuldet. &bdquo;Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt“, zitiert er einen Buchtitel des niederländischen Pastoraltheologen Jan Loffeld. Der Professor aus Tilburg beschreibt das heutige enorme Ausmaß religiöser Indifferenz. Den Leuten fehlt nichts, im Abendland lebt man ganz gut ohne Gott. &bdquo;Wir als Kirche neigen in diesem Kontext dazu, uns selbst zu wichtig zu nehmen“, fügt der Seelsorger an. &bdquo;Es geht nicht um die Zukunft der Kirche, sondern um den Auftrag der Kirche, Menschen so mit Gott in Berührung zu bringen, dass ihm diese Berührung guttut“. Wenn sie es hinbekommen würde, als absichtslos gütig erfahren zu werden, &bdquo;dann wäre dies für die Kirche auch eine Auferstehung, ein Ostern“. Eine Osterpredigt entsteht nicht am Schreibtisch Schon ein Thema für die Osterpredigt? Nein, sagt der Pfarrer. Bis zum Karfreitag sei er in seinen Vorbereitungen fortgeschritten. &bdquo;Bis Ostern noch nicht.“ Ein Ostergottesdienst entstehe nicht am Schreibtisch, &bdquo;sondern erst, wenn die Emotion an die Tür klopft“. Apropos: alle Aufregung um nichts. Ein Sitzhase ist einfach ein sitzender Hase. Und der Geschmack der Schokolade unter der Hülle ist für die meisten wahrscheinlich ohnehin wichtiger als ein wie auch immer gearteter Name auf Etikett und Verpackung. Lesen Sie auch: Ostern ade? Wie mit dem &bdquo;Sitzhasen“ Stimmung gemacht wird

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