Wie sich ein Warburger Unternehmen am Wust bürokratischer Hürden abarbeitet

Warburg. Hoher Besuch im Warburger Industriegebiet: Anna Katharina Bölling, Regierungspräsidentin im Regierungsbezirk Detmold, hat sich mit der Chefetage von Brauns-Heitmann zum Austausch getroffen. Man wolle sich kennenlernen, sagte Geschäftsführer Stefan Kremin und ordnete das Handels- und Chemieunternehmen gleich zu Beginn des zweistündigen Treffens als &bdquo;einen im Wettbewerb stehenden Mittelständler“ ein. Neben Kremin, der im Betrieb die Sparte Wasch-, Putz-, Reinigungsmittel (WPR) verantwortet, sitzen Paul Drewes, Geschäftsführer Deco, und Frank Batty, der als Geschäftsführer CFO seit zweieinhalb Jahren spartenübergreifend die Finanzen im Blick behält, mit am Tisch. &bdquo;Ein Familienunternehmen mit 31 Gesellschaftern“, erklärt Batty. &bdquo;Offen, ehrlich, direkt“, fügt Kremin hinzu. &bdquo;Wir wollen Sie ein bisschen begeistern“, bemerkt Drewes. In beiden Bereichen des Unternehmens sind die Kosten für Material und Energie gestiegen. Zum Teil extrem. Corona-Pandemie, unterbrochene Lieferketten, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise. Gejammert werde allerorten, sagt Kremin. &bdquo;Der Ostwestfale ist pragmatisch, packt an“, schneidet ihm Bölling den Gedanken ab, den er für sein Unternehmen in dieselbe Richtung hatte lenken wollen. Im Jubiläumsjahr Brauns-Heitmann feiert in diesem Jahr ein Jubiläum. Vor 150 Jahren war in Quedlinburg der chemische Betrieb Wilhelm Brauns gegründet worden. Zunächst produzierte der Apotheker Stofffarben für das Färben daheim, später ein breites Spektrum an Farben auch für die Industrie. Am Rhein entstand zehn Jahre danach die &bdquo;Gebr. Heitmann, Köln, Fabrik giftfreier Farben“, die auch Imprägniermittel und Entflecker für die Haushalts- und Wäschepflege sowie Möbelbeizen anbot. Beide Betriebe brachten noch vor der Jahrhundertwende Eierfarben auf den Markt. Im Zweiten Weltkrieg ausgebombt, verlegten die Heitmann-Nachfolger Werkstätte und Wohnsitz ins westfälische Warburg. 1969 schlossen sich Brauns und das 1884 gegründete Kölner Konkurrenzunternehmen zusammen. Zunächst mit zwei Firmensitzen. Bad Aibling und Warburg. Nach den Anfängen in der Altstadt erwarb das fusionierte Unternehmen den 1970ern im Industriegebiet West/Lütkefeld eine Fläche von 80.000 Quadratmeter. Moderne Produktions- und Lagerstätte Moderne Produktions- und Lagerstätte: &bdquo;56.100 Quadratmeter sind aktuell bebaut“, erklärt Kremin. Täglich werden 500 Paletten ausgeliefert. 3.700 Lkw kommen am Standort an oder verlassen ihn. Mit den Dekorationsartikeln, die damals wie heute über den Einzelhandel verkauft werden, kam 1971 eine neue Sparte hinzu. Die Kombi WPR und Deko sei einzigartig, sagt Drewes. Lesen Sie auch: Konjunkturkrise - so geht es den Firmen im Kreis Höxter Nachhaltigkeit ist ein großes Thema im Unternehmen. &bdquo;Die Leistung der PV-Anlage auf dem Dach liegt jetzt bei drei Megawatt“, freut sich Kremin. Es gehöre zur Firmenphilosophie, &bdquo;Wirksamkeit, Einfachheit, Nachhaltigkeit zusammenzubringen“, sagt Drewes. &bdquo;Unser Versprechen: Nachhaltigkeit ist bei uns nicht nur ein Etikett“. Die Deko-Artikel werden fast ausschließlich im deutschsprachigen Raum verkauft, betont er vor allem die engen Beziehungen zu namhaften großen Lebensmitteleinzelhändlern und Drogerieketten in Deutschland. Doch sieht der Manager in Osteuropa Wachstumspotenzial. Aber auch in den asiatischen Ursprungsländern der Ware, in denen im Auftrag produziert wird: Geholt werde die Deko aus China und versucht, dort Haushalts-, Desinfektions- und Pflegemittel aus Warburg auf den Markt zu bringen. Rund 18.000 Artikel in Warburg auf Lager 480 Beschäftigte zählt die Firma. Dazu die Saisonkräfte. Rund 18.000 Artikel an Saisonware, die angeliefert und am Standort im Gewerbegebiet für den Handel im jeweiligen Verkaufsdisplay konfektioniert, verpackt, ausgeliefert werden. &bdquo;So unterschiedlich die Sparten, so unterschiedlich auch der Personalbedarf“, sagt Geschäftsführer Batty. Ein Mix aus neuen und erfahrenen Mitarbeitenden sei besonders in Krisenzeiten wichtig, hält Drewes dann fest. &bdquo;Wir reden mittlerweile schon nicht mehr vom Fachkräftemangel, sondern vom Arbeitskräftemangel“, wirft Batty ein. &bdquo;In diesem Sommer haben wir im Stammgeschäft 100 Schülerinnen und Schüler im Ferienjob beschäftigt“, sagt Kremin. &bdquo;117“, präzisiert Drewes. Es sei heute schon herausfordernd, motivierte Mitarbeiter zu finden. Weitere werden gesucht, vom Spezialisten in der IT bis zum Arbeiter im Schichtbetrieb. Brauns-Heitmann bildet im kaufmännischen Bereich, der IT und der Lagerlogistik aus. Verordnungen verstehen und abklären Die Bürokratie wächst. Mit jeder neuen Verordnung, die ins Haus flattert. Mehr als eine Herausforderung: Drewes kritisiert die Kleinteiligkeit, &bdquo;mit der wir uns beschäftigen müssen“, nennt drei Beispiele, baut ein beleuchtetes Gipshäuschen, ein hölzernes Rentier und einen glitzernden Engel auf dem Tisch vor der Regierungspräsidentin auf. Die neue Batterieverordnung, die European Deforestation Regulation (EUDR) für entwaldungsfreie Lieferketten und die Mikroplastikverordnung ordnet er zu. &bdquo;Jeweils 50 bis 60 Manntage, die wir aufgewendet haben, um zu verstehen und abzuklären“, sagt er. Das Ergebnis: Keine Einfuhr beim Haus, beim Rentier bleibt die Lage ungeklärt, den Engel wird es ohne Glitzer geben. Sorgen und Nöte der Firmenchefs im Land aus dem Bereich der Bürokratie am praktischen Beispiel. Häufig seien diese Richtlinien nicht ausreichend genau beschrieben und für die Produkte der Deco kompliziert umzusetzen. &bdquo;Die EU erlässt Verordnungen und wir wollen sie im Gold-Status umsetzen“, zeigt der Besuch, deren Behörde sich in Detmold um Genehmigung, Umsetzung und Kontrolle kümmert, Verständnis. So sieht es aus beim Warburger Handel- und Chemieunternehmen Das Handels- und Chemieunternehmen spürt die Konsumzurückhaltung der Verbraucher. &bdquo;Beim Kauf von Produkten, die nicht dem täglichen Bedarf dienen“, sagt Kremin. Wenn Haushalte weniger Geld haben, &bdquo;dann kauft man halt keine Oster- oder Weihnachtsdeko“. Positiv entwickele sich dagegen der Bereich Logokugeln. Aufbauend auf dem Erfolg der Natureierfarben sei eine Bastelkonzeption mit Naturlebensmittelfarben entwickelt worden. Bei den WPR-Produkten verzeichne man einen anhaltenden Trend hin zu Großmutters Hausmitteln. Das Bestreben, werthaltige Dinge zu pflegen und zu bewahren, sei eine Einstellung, &bdquo;die unseren Produkten zugutekommt“. Von der Politik wünscht sich Kremin &bdquo;eine steuerliche Entlastung und endlich den Beginn einer zigmal angekündigten Entbürokratisierung“. Die Botschaft sei angekommen, hielt Regierungspräsidentin Bölling beim Abschied fest. Aber auch ihrerseits verwies die Christdemokratin auf die Politik.

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