Er kämpft mit der Zeit: Warburger Sammler repariert alte Uhren

Warburg/Calenberg. Zu jeder vollen Stunde schlägt, gongt und kuckuckt es im Haus Weigelt in Calenberg. Mehr als 100 Uhren hängen an den Wänden, stehen in Schränken, Schubladen und Vitrinen oder liegen auf dem Arbeitstisch in seiner Werkstatt, einige davon sind über 180 Jahre alt. In einer Ecke stapeln sich die Räderwerke von drei jeweils rund 140 Jahre alten historischen, französischen Comtoise-Uhren. Dieser Uhrentyp hat es dem 65-jährigen Klaus Weigelt besonders angetan. Benannt sind sie nach einer Region im Osten Frankreichs, wo sie im 18. Jahrhundert erfunden wurde. Die Comtoise ist eine Art Citroën 2CV der französischen Uhrengeschichte. &bdquo;Die Comtoise beruht auf einer sehr einfachen, aber zuverlässigen und langlebigen Technik“, sagt Weigelt. Das könnte man auch über die Ente von Citroën sagen. Die Comtoise sei ursprünglich für einfache Haushalte bestimmt gewesen, die sich nur eine Uhr für das gesamte Haus leisten konnten, und deren lauter Schlag darum im ganzen Wohnbereich zu hören sein musste, heißt es auf Wikipedia dazu. Auch die Ente war ein für einfache Leute konzipiertes Fahrzeug. &bdquo;Wir sind passionierte Frankreich-Urlauber und auf Flohmärkten habe ich dort immer reichlich Beute machen können“, erzählt Weigelt. Gut erhaltene, funktionstüchtige Comtoise-Uhren werden für über 1.000 Euro gehandelt. Doch die interessieren Weigelt nicht. Je kaputter desto schmucker, so lautet Weigelts Devise. Der wertvolle Teil ist unbedeutend Er braucht weder das Gehäuse noch das Ziffernblatt, ihn interessiert nur das historische Uhrwerk. Egal, wie verrostet und verbogen es auch ist. &bdquo;Ich habe einfach Spaß an der Technik und wenn ich eine kaputte Uhr sehe, dann sehe ich direkt auch schon den Weg, wie ich sie wieder flott kriegen könnte“, sagt Weigelt. Da ist dann auch viel Improvisationskunst gefragt. &bdquo;Wenn zum Beispiel der große Zeiger fehlt, nehme ich den kleinen als Referenz und schneide mit der Juweliersäge aus einem Messingblech einen neuen Zeiger aus“, erklärt Weigelt. Was er macht, nennt sich Skelettuhrenbau. Das Uhrwerk häng in einem offenen Trägergestell und die Zeiger schweben förmlich durch die Luft. So als hätte man vom Citroën nur das Fahrgestell und den Motor. Allles, was Standuhren für gewöhnlich wertvoll macht, wie die Gold- und Kunstschmiedetechnik des Gehäuses, ist für Weigelts skelettierte Comtoise-Uhren unbedeutend. &bdquo;Ich habe auch die eine oder andere Pedule und Buffetuhr mit aufwendiger, bildhauerischer Gestaltung, aber ich bin vor allem Techniker und mich fasziniert darum die Skelettuhr mit offener Mechanik, wo man der Uhr beim Gehen zuschauen kann“, sagt Weigelt. In einer Woche hat so eine historische Comtoise-Uhr eine Abweichung von etwa einer Minute. &bdquo;Das liegt nicht an der Technik als solcher, sondern eben daran, dass sich die Materialien bei Hitze etwas ausdehnen und bei Kälte zusammenziehen“, erklärt der Spezialist. Die Uhrmacherei hat darum die Technik eines so genannten Kompensationspendels entwickelt. Doch dieses Prinzip ist sehr aufwendig und teuer. Also eher Mercedes als Citroën. Begeisterung schon als Kind Weigelt stammt auch Calenberg und hat vor seiner Pensionierung rund 30 Jahre als KFZ-Technikermeister bei VW in Baunatal gearbeitet. &bdquo;Motorentechnik lässt sich nicht auf die Arbeit an historischen Uhrwerken übertragen, das sind ganz verschiedene Welten“, sagt er. Für Uhren konnte sich Weigelt schon als Kind begeistern. &bdquo;Ich weiß noch, wie sich meine Eltern einen neuen Wecker gekauft haben und ich unbedingt den alten, kaputten haben wollte.“ An dem hätte er so lange rumgebastelt, bis der Wecker wieder klingelte. &bdquo;Auch wenn oben am Schloss die Uhr aufgezogen wurde, war ich immer dabei“, erzählt Weigelt. In der Ausbildungs- und Arbeitsphase ist die Passion für die Uhrwerkstechnik dann eingeschlafen. &bdquo;Es fing dann vor rund 20 Jahren wieder an, als es die alte Buffetuhr meiner Schwiegereltern nicht mehr tat und ich mich dran gemacht habe, den Defekt zu suchen“, sagt Weigelt. Überflüssig zu sagen, dass die Uhr heute wieder läuft wie am ersten Tag. Seitdem jedenfalls kann der Calenberger kaum an einer kaputten Uhr vorbeigehen. Doch auch wenn es ihm schwerfällt, wird er das in Zukunft lernen müssen. &bdquo;Ich habe einfach keinen Platz mehr“, verrät der 65-Jährige.

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