Volkmarsen-Prozess: "Sein Schweigen verhöhnt die Opfer"

Volkmarsen/Warburg. Mit den Plädoyers der Anklage ist der Prozess um die Autoattacke auf den Rosenmontagsumzug in Volkmarsen im vergangenen Jahr in seine letzte Phase getreten. Die Staatsanwaltschaft hat vor dem Landgericht Kassel eine lebenslange Haft für den Angeklagten mit dem Vorbehalt einer anschließenden Sicherungsverwahrung gefordert. Der Angeklagte habe während der Verhandlung wieder keinerlei Regung gezeigt, sagt Frank Scheffler. Der Warburger Rechtsanwalt vertritt eine Mutter aus der Hansestadt, deren damals dreijährige Tochter unter ihren Augen vom Fahrzeug des Angeklagten erfasst worden und unter den Wagen geraten war. Seine Mandantin sei immer noch in psychologischer Behandlung, hielt Scheffler in seinem Plädoyer als Vertreter der Nebenklage fest. Auch leide sie darunter, dass die Frage nachdem Warum der Tat nach wie vor ungeklärt sei. Das Schweigen des Angeklagten vor dem Schwurgericht sei &bdquo;ein weiterer Schlag ins Gesicht der Opfer" und verhöhne diese. Opfer leiden immer noch Dem heute 31-Jährigen wird vorgeworfen, am 24. Februar 2020 mit seinem Wagen absichtlich in den Karnevalsumzug gefahren zu sein und dabei mindestens 88 Menschen, darunter 27 Kinder, teilweise schwer verletzt zu haben. Bei zwei Opfern habe laut Staatsanwaltschaft über Wochen und Monat Lebensgefahr bestanden. Viele der Opfer litten immer noch unter dem Trauma. Zweifelsfrei sei nachgewiesen, dass Maurice P., der unmittelbar nach der Tat von Polizeibeamten in Zivil am Steuer seines Mercedes Kombi festgenommen worden war, sein Vorgehen vorsätzlich, gezielt und geplant begangen habe, um Menschen zu töten oder zu verletzen, sagte Staatsanwältin Melike Aydogdu. Der Angeklagte habe heimtückisch, gemeingefährlich und aus niedrigen Beweggründen gehandelt, schloss Tobias Wipplinger von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt eine Strafmilderung aus. Beide forderten nicht nur lebenslängliche Haft, sondern auch die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Damit wird nach 15 Jahren nicht automatisch geprüft, ob die lebenslange Freiheitsstrafe abgekürzt werden kann. Maurice P. war wohl frustriert Ein technischer Defekt am Auto sei ebenso auszuschließen wie ein medizinischer Grund beim Angeklagten, führte Wipplinger aus. Er habe die Tat &bdquo;geordnet, gezielt und man kann fast sagen gelassen vorbereitet." Maurice P. habe sich aufgrund seiner desolaten Lebenssituation, die geprägt durch Arbeitslosigkeit, finanzielle Probleme, soziale Isolation und Frustration gewesen sei, an seinen Mitmenschen rächen wollen, heißt es weiter. Rund 180 Zeugen waren von den Richtern der sechsten Großen Strafkammer des Kasseler Landgerichts in den vorangegangenen 24 Verhandlungstagen, die im Mai begonnen hatten, gehört worden. Unter anderem hatte ein Kfz-Sachverständiger dargelegt, dass das Fahrzeug mit 50 bis 60 Kilometern pro Stunde beim Rosenmontagsumzug in Volkmarsen in die Menschenmenge gefahren sei. Rund 63 Meter sei P. durch die Zuschauermenge gefahren. Urteil soll am 16. Dezember fallen In seinem gut zweistündigen Plädoyer zitierte Staatsanwalt Wipplinger auch aus dem psychiatrischen Gutachten. Es habe ergeben, dass der Angeklagte zur Tatzeit die volle Einsichtsfähigkeit in das Unrecht seiner Handlung besessen habe und deshalb auch voll schuldfähig sei. Die bescheinigte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden und narzisstischen Zügen habe wahrscheinlich seinen tiefgreifenden Hass auf andere Menschen ausgelöst. Seine Äußerung gegenüber einer Nachbarin, er werde bald in der Zeitung stehen, deute darauf hin, dass der Angeklagte nach Beachtung strebe. Denkbar sei auch, dass er sich von der Amokfahrt etwas Nervenkitzel in seinem ansonsten eher von Langeweile geprägten Leben versprochen Habe. Alles Motive, die das Mordmerkmal der &bdquo;niederen Beweggründe" erfüllten. Am Donnerstag kommender Woche hat nun die Verteidigung das Wort. Abzuwarten bleibt, ob dann nach dem Plädoyer seines Verteidigers der Angeklagte doch noch sein Schweigen bricht und über seine Beweggründe spricht. Das Urteil hat das Schwurgericht für den 16. Dezember angekündigt.

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