Urteil im Baby-Mord-Fall: Mutter aus Horn-Bad Meinberg muss neun Jahre in Haft

Horn-Bad Meinberg. &bdquo;Meine Kinder fehlen mir, ich kann ohne sie nicht leben.“ In ihrem letzten Wort appelliert die wegen Mordes an ihrem sieben Tage alten Baby angeklagte Mutter an das Mitgefühl des Gerichts. Die vergangenen anderthalb Jahre nach einer traumatischen Fehlgeburt seien die Hölle gewesen, jetzt sei die 38-Jährige aus Horn-Bad Meinberg am absoluten Tiefpunkt angekommen. All diese Gründe bezieht das Schwurgericht in seine Überlegungen mit ein – und dennoch bleibt am Ende vor allem die Schwere der Tat für das Gericht entscheidend. &bdquo;Dem Kind ist das ganze Leben genommen worden“, sagt der Vorsitzende Richter Karsten Niemeyer am vierten Prozesstag bei der Urteilsverkündung. Niemand von außen habe der Angeklagten dieses Schicksal aufgestülpt. &bdquo;Sie hat es zu verantworten, dass die ganze Familie jetzt leidet.“ Nach der Beweisaufnahme ist das Schwurgericht überzeugt davon, dass sie bewusst den Schlaf ihres Ehemannes im Nebenzimmer ausgenutzt hat, um das Baby in der Nacht auf den 28. April im Keller zu ersticken. Mutter steigert sich in Wahngedanken Daher verurteilt die Kammer die Frau wegen Mordes aus Heimtücke zu neun Jahren Haft. Dass es hier nicht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe kommt, liegt an den mildernden Umständen. Die Mutter habe seit der Totgeburt ein Jahr zuvor unter emotionalem Druck gestanden, aus dem sie sich nicht selbst habe befreien können. Dabei müsse die Angst, mit ihrem nächsten Baby würde wieder etwas nicht stimmen, schon als Wahn betrachtet werden, sagt der Richter. &bdquo;Objektiv lagen dafür keine Anhaltspunkte vor.“ Weder die Untersuchung noch die Obduktion des Leichnams hatten Auffälliges ergeben. Zwar geht das Schwurgericht davon aus, dass die Tat selbst aus der Traumatisierung resultiert ist und die Angeklagte wahrscheinlich durch einen psychischen Ausnahmezustand eingeschränkt steuerungsfähig war, dennoch belege der Rückzug in den Keller, dass die Mutter den Entschluss, das in ihren Augen mutmaßlich behinderte Kind zu töten, bewusst gefasst hatte. Genauso sieht es auch Staatsanwältin Helena Fromme, die in ihrem Plädoyer zehn Jahre Haft wegen Mordes beantragt. Auch die Staatsanwältin berücksichtigt hiebei die mildernden Umstände. Lesen Sie auch: Mord am Kind? Mutter offenbart sich Polizei in Detmold und hofft auf Vergebung Da ist zum einen das frühe Geständnis, ohne das &bdquo;die Tat vielleicht sogar ungesühnt geblieben wäre“, wie es der Vorsitzende zusammenfasst. Die Mutter hatte sich zwei Tage danach selbst bei der Polizei gestellt, obwohl es bis dahin keine Anhaltspunkte für ein Verbrechen gegeben hatte. Darüber hinaus habe sie bis zu dieser Tat ein unauffälliges Leben - streng nach ihrem Glauben - geführt. Verteidigerin beantragt zwei Jahre und zehn Monate Haft wegen Totschlags An dieses Leben knüpft Verteidigerin Franziska Janßen in ihrem Plädoyer an. &bdquo;Sie ist Opfer ihrer eigenen Tat geworden“, hält die Rechtsanwältin aus Bielefeld fest. Weil die Tat mit der Fehlgeburt auf einem großen Einschnitt im Leben ihrer Mandantin beruhe und die Mutter hoch affektiv gehandelt habe, beantragt die Verteidigerin wegen Totschlags zwei Jahre und zehn Monate Haft. Aus Sicht der Verteidigerin hätte der schlafende Ehemann den Säugling gar nicht schützen können, selbst wenn er gewollt hätte, daher seien die räumliche Nähe und somit das Mordmerkmal der Heimtücke nicht gegeben. Das Gericht möge außerdem den Haftbefehl außer Vollzug setzen, beantragt Janßen, da der Ehemann ihrer Mandantin verziehen habe und keine Fluchtgefahr bestünde. &bdquo;Das ganze Leben spielt sich hier ab. Ihre Kinder leben hier“, sagt die Verteidigerin. Damit wäre ein offener Vollzug möglich, um die Familie nicht ganz zu zerstören. Den Haftbefehl behält die Schwurgerichtskammer aus den Gründen des gesprochenen Urteils aufrecht. &bdquo;Bei so einer hohen Strafe macht es keinen Sinn, ihn außer Vollzug zu setzen“, sagt der Richter. Die Angehörigen bleiben geschockt zurück, während die Mutter wieder in die Zelle geführt wird. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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