Im Warburger Kino bleibt das Licht schon länger aus

Warburg. Sie werden den Trubel an den Festtagen vermissen: Der Gang durch die leeren Flure fällt den Warburger Kinobetreibern, den Schwestern Judith und Ute Schlinker, an diesem Morgen nicht leicht. Sie wollten auf ihre Gutschein-Aktion, die sie für den kommenden Samstag und den Heiligabend vormittags fest eingeplant hatten, aufmerksam machen. Doch ob die Termine im verschärften Lockdown, der am Sonntag in Berlin verkündet wurde, nun noch möglich ist, bleibt abzuwarten. Auch wenn sie deren Ausgabe wie zu Zeiten des Autokinos im Sommer auf den Parkplatz verlegen würden. Das Telefon beim Ordnungsamt, das Auskunft geben könnte, ist seit Stunden besetzt. Die Einzelhändler und die Geschäftswelt in der Stadt haben viele Fragen. Gerechnet hatten die meisten mit strengeren Regelungen. Doch so kurz vor Weihnachten, das tut niemandem der Ladeninhaber gut. Auch wenn alle Verständnis für die erneute außerordentliche Maßnahme zeigen. In den großen Sälen des Cineplex-Kinos am Oberen Hilgenstock blieben die Lichter bereits seit Anfang November dunkel. Zwölf Tage Spielzeit im Briloner Kino-Neubau Im sauerländischen Brilon hatte die Warburger Kinofamilie, die seit 94 Jahren in der Stadt an der Diemel Filmkunst und Blockbuster auf den Leinwänden ihrer Lichtspieltheater anbietet, in diesem Jahr einen Kinoneubau errichtet. Eine Investition von rund sechs Millionen Euro. Eröffnung war im Oktober, coronabedingt ohne große Feier. Nur zwölf Tage später war aber schon wieder Schluss mit dem Betrieb. Doch der Erfolg dieser wenigen Vorführtage in den fünf modernen Kinosälen bestätigt die Schlinkers. &bdquo;Gut 2.000 Besucher", schwärmt Ute Schlinker. Sie hätten auch unter den damals geltenden Corona-Bestimmungen das Spielfilm-Vergnügen und die Erlebniswelt Kino gesucht. Ebenso wie am Standort in Warburg, an dem sich die Reihen vor den Leinwänden nach dem ersten Shutdown wieder gut gefüllt hatten. Wenn auch nicht so wie in den Jahren zuvor gewohnt. Die Abstandsregeln schränkten die Besucherzahlen arg ein. "Das Kino ist tot, ist schon oft verkündet worden" Die Filmindustrie hielt sich zurück: Der lange angekündigte neue James-Bond-Streifen wartet immer noch auf seinen Start. &bdquo;Ebenso wie manch anderer Bestseller", bemerkt Schlinker und nennt den Film &bdquo;Peter Hase 2 – Ein Hase macht sich vom Acker" als Beispiel. Das zweite aufregende Kinoabenteuer für Peter Hase mit DomhnallGleeson und Rose Byrne sollte ursprünglich bereits Ende März in die Kinos kommen. Wegen des Virus’ wurde der Start in den August verschoben, mittlerweile auf den 21. Januar. Ob es dabei bleiben wird, ist ungewiss. &bdquo;Das Kino wird nicht sterben", davon ist Ute Schlinker fest überzeugt. Auf Veränderungen habe die Branche in den Zeitläuften schon immer reagieren müssen. Schlinker nennt das Aufkommen des Fernsehens als Massenmedium oder den Video-Hype vergangenen Jahrzehnte. Und aktuell die Streaming-Konkurrenz übers Internet. &bdquo;Das Kino ist tot", sei schon oft verkündet worden. Doch die Lichtspielhäuser haben die jeweiligen Umbrüche überstanden und sich das Überleben gesichert. &bdquo;Für uns gibt es keinen Stillstand, auch in der jetzigen Situation nicht", betont Kino-Expertin Schlinker. &bdquo;Einfach weil die Leute wieder raus wollen" Sicherlich würden Kinobetriebe schließen müssen. &bdquo;Insolvenzen hat es gegeben und wird es geben", sagt Schlinker. &bdquo;Besonders kleinere Häuser werden es in Zukunft noch schwieriger haben", denkt sie auch zurück an die Phase der gebotenen Digitalisierung der Vorführräume und Spielsäle. Doch die Menschen würden auf &bdquo;das Kino als Erlebnis" nicht verzichten wollen. Dass die Filmverleiher zu Zeit in einer anderweitigen Vermarktung eine Chance sehen, sei verständlich, sagt Ute Schlinker. Neue, aufwendig produzierte Filme, auf denen große Hoffnungen lagen, wie Disneys &bdquo;Mulan" oder in den USA &bdquo;Wonder Woman" sind ins Digitale abgewandert. Ob der Blick vom heimischen Sofa auf den Monitor den Leinwand-Genuss ersetzen kann, erscheint den beiden Schwestern doch sehr unwahrscheinlich. Im Kino werde die epische Geschichte von Chinas legendärer Kriegerin eben anders wahrgenommen. &bdquo;Das Kino bietet eine besondere Atmosphäre, die geliebt wird", weiß Judith Schlinker. &bdquo;Raus aus dem Wohnzimmer", der Hunger werde im Anschluss an die Pandemie groß sein. Sie erwartet einen &bdquo;ziemlichen Run" nach der Corona-Krise. &bdquo;Einfach weil die Leute wieder raus wollen", sagt sie. "An Silvester hatten wir zu, der einzige Tag im Jahr" Mit einer Soft-Opening-Strategie war das Warburger Cineplex Mitte Juni nach dem Ausflug ins Freiluftkino auf dem Parkplatzzum regulären Spielbetrieb zurückgekehrt. Drei Säle waren zunächst geöffnet und jeweils zu einem Viertel der vormaligen Besucherzahlen gefüllt worden. Bis zu den Herbstferien fuhr der Betrieb dann in allen acht Sälen hoch. Das Geschäft hatte sich gut entwickelt. &bdquo;Zuletzt wurde sogar die zweite Limo-Anlage wieder angefahren", berichtet Judith Schlinker. Allerdings nur für eine Woche, nach Allerheiligen war dann wieder Schluss. Auch wenn die Hygiene- und Abstandskonzepte im Haus gegriffen hatten, die Nachverfolgbarkeit möglicher Infektionsketten gewährleistet war. Im Land stiegen die Corona-Zahlen rasant. Der &bdquo;Lockdown light" hatte vor den Kinos nicht Halt gemacht. Weit mehr als nur ein finanzielles Geschäft Und jetzt: Die Weihnachtszeit ohne Kino, das habe es in der langen Geschichte der Warburger Kinobetreiberfamilie noch nie gegeben, sagt Ute Schlinker. &bdquo;An Silvester hatten wir zu, das war aber auch der einzige Tag im Jahr", bemerkt Judith Schlinker. Das Gebäude sei da, um es zu beleben, sieht Ute Schlinker im Kinobetrieb weit mehr als nur ein finanzielles Geschäft. Im Cineplex-Verbund telefonierten sich zweimal die Woche rund zwei Dutzende Betreiberfamilien aus ganz Deutschland zusammen, tauschten Sorgen und Nöte aus, gäben sich gegenseitig Tipps, sprächen mit Wirtschafts- und Kulturexperten. &bdquo;Die Unterstützung tut gut", halten die Schlinkers fest. &bdquo;Keine Sorge, das Kino wird wieder aufmachen", da sind sie sich felsenfest sicher und bieten Gutscheine, die in Warburg bei Hifi-Unger, in Peckelsheim in der Bäckerei Hunold und online unter www.cineplex.de zu erwerben sind, als Geschenk-Klassiker zum Weihnachtsfest an. &bdquo;Auch wenn wir sie lieber vor Ort verkaufen würden", sagt Schlinker und greift zum Telefon.

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