Steinheim

Erinnerungen an zwei „Hammerjahre“ im Steinheimer Karneval

Steinheims Goldprinzenpaar Maria Krekeler und Hermann Postert sowie die Silberjubilare Anette Freitag und Helmut Renger erzählen Anekdoten aus ihren jecken Sessionen 1972 und 1997.

1997 führten Anette Freitag und Helmut Renger als Prinzenpaar das Narrenvolk in Steinheim an. | © Karnevalsverein

Madita Schellenberg
21.02.2022 | 21.02.2022, 03:00

Steinheim. Draußen stürmt’s und die großen Saalveranstaltungen fallen in dieser Session wieder aus – bleibt allen Narren immerhin viel Zeit, um in jecken Erinnerungen zu schwelgen: In Steinheim stehen dabei derzeit das Goldprinzenpaar Maria Krekeler und Hermann Postert sowie die Silberjubilare Anette Freitag und Helmut Renger im Fokus. Sie berichten, wie es ihnen 1972 und 1997 rund um den Rosenmontag ergangen ist. Von einem Stopp am Krankenhaus und tropfendem Wasser im „Bunker“.

Zwei Jecken auf Schulterhöhe

„Eigentlich hatten wir geglaubt, unser Stammtisch habe schon 1995, als Erno Potthast als Prinz regierte, alles gegeben“, waren sich Anette Freitag, geborene Stratomeier, und Helmut Renger sicher, als sie im Jahre 1997 den Steinheimer Narren-Thron bestiegen.

Heute, als Silberjubilare, denken sie gern daran zurück, wie sehr sie sich damit getäuscht hatten – denn sie sollten erfahren, dass ihr Stammtisch durchaus noch eine Schüppe hatte drauflegen können.

An einem Samstag kurz vor Weihnachten wollte Anette Freitag eigentlich gerade Geschenke kaufen, als sich kurzfristig Besuch bei Stratomeiers ankündigte. Recht schnell stellte sich heraus, dass die angegebene Hausbesichtigung nur ein Vorwand war, denn als Anette Freitag und Helmut Renger während des Besuchs so nebeneinander standen, schaute er ganz unvermittelt auf Anettes Schulterhöhe und sagte: „Passt! Wenn du möchtest, kannst du meine Prinzessin sein“.

Es folgten einige recht intensive Wochen – schließlich gab es ja immer viel zu besprechen, geben die beiden 25 Jahre später mit einem zwinkernden Auge zu Protokoll. Insbesondere das Versteckspiel um die Prinzenfrage, stets das größte Geheimnis des Steinheimer Karnevals, habe den beiden viel Spaß gemacht.

Starfighter aus Asbach-Uralt-Flaschen

Größter Rückhalt bei allem sei ihr gemeinsamer Freundeskreis gewesen, der ja schon zwei Jahre zuvor eine gigantische Euphorie gezeigt habe. Als man sich beispielsweise entschied, den Revell-Bausatz eines Starfighters als Vorlage zu nehmen, hoch zu skalieren und in Erinnerung an Helmut Rengers frühere Fliegertätigkeit nachzubauen, sollten die Triebwerke aus Asbach-Uralt-Flaschen entstehen.

Da volle Flaschen aber an dem Flugzeugmodell nicht besonders gut ausgesehen hätten, wurde der Nutzen mit dem Geselligen vereint und der Freundeskreis opferte sich auf, um für den Bau des Flugzeugmodells die Flaschen zu leeren.

Als Anette Freitag und Helmut Renger am Rosenmontag um 14.11 Uhr den Wagen mit dem Starfighter-Modell an sich vorbeifahren sahen, herrschten – wie sollte es anders sein – elf Plusgrade und Sonnenschein. Und auch beim anschließenden Kneipenbummel habe die Luft gebrannt, wird berichtet: Wo die beiden auch hinkamen, ging die Post ab.

Im damaligen „Bunker“, in der Parkgarage von Plus, tropfte das Wasser von der Decke und die Stadt quoll aus allen Nähten. Nach dem Kneipenbummel und einer kleinen Verschnaufpause ging es in den Abendstunden weiter im bunten Treiben der Emmerstadt.

Kann man es mit Superlativen übertreiben?

„Man sollte es mit den Superlativen ja nicht übertreiben.“, so Helmut Renger, „aber das war schon wirklich ein Hammer!“ Und: „Es sind wunderbare Erinnerungen an dieses Hammerjahr 1997, und die kann einem auch niemand nehmen“, ergänzt Anette Freitag.

Beide sind sich einig, dass es schade ist, das Jubiläum in diesem Jahr coronabedingt nicht ausgelassen feiern zu können, aber man könne es eben auch nicht ändern. Bleibt der Blick auf kommende Sessionen: Beide wollen den Steinheimer Karneval wieder feiern, sobald es geht.

Bei Hermann Postert drängte die Zeit

Noch immer begeistert vom Steim’schen Karneval sind auch Maria Krekeler und Hermann Postert, die 1972 das jecke Narrenvolk regierten. Am Tag nach der Prinzenkürung schellte damals bei Maria Krekeler mittags das Telefon: Am Apparat war Hermann Postert.

Am Rosenmontag gibt’s von Hermann Postert immer Blümchen für Maria Krekeler. Vor 50 Jahren regierten sie die jecke Emmerstadt. - © StKG
Am Rosenmontag gibt’s von Hermann Postert immer Blümchen für Maria Krekeler. Vor 50 Jahren regierten sie die jecke Emmerstadt. | © StKG

Die Zeit drängte, denn für ihn war klar, dass Maria seine Prinzessin sein sollte – aber: Sie und ihr Mann planten gerade in den Urlaub zu fliegen. Wann sollte also bloß das Kleid gekauft werden? Dieser Umstand habe es zwar nicht einfacher gemacht, aber auch für Maria Krekeler stand wohl sofort fest, dass sie Steinheims jecke Prinzessin sein wollte.

Kleiderkauf endete fast im Straßengraben

Nachdem der Versuch, ein Kleid in Bielefeld zu kaufen, fast im Straßengraben geendet war, da die Straßen völlig verschneit waren, fand Maria ein wunderbares Stück im heimischen Modegeschäft bei Schmitt-Degenhardt am Kump. Zwar musste das Kleid noch mehrere Konfektionsgrößen enger genäht werden, aber Maria Krekeler hatte ihr Traumkleid gefunden.

Erst wenige Tage vor dem großen Galaabend „bei Müllers auf dem Saal“ kam Maria Krekeler gut erholt aus dem Urlaub zurück. Währenddessen war Hermann Postert zusammen mit Werner Fricke in Dortmund, um seinen Prinzenwams auszuleihen – und so langsam hatte sich auch Hermann Postert an seine neue Rolle als Prinz in Steinheim gewöhnen können.

„Schließlich war ich zwar schon eine ganze Zeit Tambourmajor des Ottenhausener Spielmanns- und Fanfarenzuges gewesen, aber vor dem Rampenlicht und den Auftritten als Prinz hatte ich durchaus Respekt“, erinnert sich Hermann Postert.

Ein Halt am Krankenhaus

Am Rosenmontag lachte die Sonne und das Prinzenpaar genoss alle drei Runden im Ring. Tausende Menschen säumten die Straßen. Und wie es die einstige Tradition wollte, hielt der Prinzenwagen nach dem Bad in der Menschenmenge am damaligen Krankenhaus an der Hospitalstraße. Dort waren diejenigen, die ebenfalls dringend etwas von der Freude abbekommen sollten.

Für Maria Krekeler war es das beeindruckendste Erlebnis, mit welcher Dankbarkeit und Zuneigung sie dort empfangen wurden. „Natürlich war das ein ziemlicher Bruch, aber es machte uns dennoch sehr froh, den Patienten mit Apfelsinen und kleinen Blumensträußen eine Freude zu machen“, erinnert sich die Goldprinzessin. Als Dank dafür wurden sie von den Nonnen des Krankenhauses zum Kaffee eingeladen.

Viel Zeit zum Verschnaufen blieb aber nicht, denn zu dieser Zeit feierten die Gesangvereine der Emmerstadt in den Sälen noch am Rosenmontag große Büttenveranstaltungen – und da durfte das Prinzenpaar natürlich nicht fehlen. Anschließend freuten sich die beiden dann aber auf ein ausgelassenes Feiern bei Möcklinghoffs.

INFORMATION


Ausstellung

Noch bis zum Rosenmontag ist im Möbelmuseum eine Ausstellung der Steinheimer Karnevalsgesellschaft (StKG) zu sehen. Vor allem im Fokus: die Wagenbauer des Karnevalstreibens.

Rund 222 Bilder zeigen die kreativsten Werke der Jecken.

Damit hat das StKG-Archivteam das Ausstellungsmotto ganz passend zum Jubiläum der Jecken gewählt: das 111-jährige Bestehen der Steinheimer Karnevalsumzüge. ?(map)