
Steinheim. „Auch für uns ist das Neuland", sagte Bürgermeister Carsten Torke zu Beginn der jüngsten Ratssitzung – und meinte damit nicht wie einst Bundeskanzlerin Angela Merkel das Internet, sondern das Leben in der Corona-Zeit. Um die Tagung des Steinheimer Stadtrates während der Pandemie durchführen zu können, mussten am Montagabend bestimmte Vorgaben erfüllt werden, unter anderem ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Lokalpolitikern.
Daher fand die Sitzung nicht im Rathaussaal, sondern in der deutlich größeren, frisch renovierten Stadthalle statt. Dabei trugen die Ratsmitglieder, anders als beispielsweise in Marienmünster, nicht den obligatorischen Mundschutz. Der Abstand reiche, so die Ansicht.
Neuer Kindergarten

Im ehemaligen Gebäude der Stadtwerke im Altenhagen, das zwischenzeitlich Flüchtlingsunterkunft war, tut sich etwas: Handwerker verwandeln das Haus aktuell in einen Kindergarten. Das berichteten der Bürgermeister und Gerd Engelmann (Bürgerservice) in der Ratssitzung.
Gemeinsam mit der Stadtverwaltung schafft Pari-Sozial dort viele neue Betreuungsplätze: Sowohl die U3-Gruppe mit 10 Kindern als auch die Ü3-Gruppe mit 25 Kindern seien bereits gut gebucht. „Wir sind seitens der Verwaltung positiv gestimmt, dass wir spätestens im Herbst starten können", sagte Torke. Schließlich würden die Arbeiten trotz Corona-Krise im Plan laufen. Zudem seien die wichtigsten Genehmigungen durch, so der Bürgermeister.
„Plus-Kita"
Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf, insbesondere sprachlichem Förderbedarf, sollen demnächst im städtischen Familienzentrum Pusteblume noch besser gefördert werden: Dazu soll die Einrichtung das Qualitätssiegel „Plus-Kita" erhalten. Zu den Aufgaben der Kita gehört dann beispielsweise, pädagogische Konzepte und Handlungsformen zu entwickeln, die auf das Wohnumfeld der Kinder abgestimmt sind und die alltagskulturelle Perspektive berücksichtigen.
Für die Steinheimer „Plus-Kita" steht eine Förderung in Höhe von rund 32.000 Euro zur Verfügung. „Das ist ausreichend, um eine geeignete Erzieherin im Umfang einer halben Stelle einzustellen", so Engelmann. Denn jede „Plus-Kita" soll im Team eine sozialpädagogische Fachkraft beschäftigen, die über besondere Kenntnisse und Erfahrungen bei der Umsetzung alltagsintegrierter Sprachbildung und Sprachförderung verfügt. Der Rat stimmte dem Vorhaben zu.
Öffnungen und Absagen
„Wir arbeiten viel hinter den derzeit verschlossenen Rathaustüren", sagte Torke. So sei man gut vorbereitet auf die baldige Öffnung des Friedrich-Wilhelm-Weber-Forums. Genau gemeint sind damit die städtische Musikschule sowie die Stadtbücherei, die in der ehemaligen Schule beheimatet sind.
Da bei einer Öffnung viele Vorgaben zu beachten sind, müssen sich die Schüler und Bücherfans aber noch ein paar Tage gedulden. Das Hygienekonzept sowie der Lehrplan stehen aber wohl schon. Ebenfalls innerhalb weniger Tage startklar wäre auch das Freibad der Emmerstadt: Ob und wann es öffnen kann, ist aber weiterhin unklar. Ebenfalls noch unklar ist, wie in diesem Jahr die Rochus-Sammlung durchgeführt werden kann. Die Verwaltung will dazu einen Vorschlag in der nächsten Ratssitzung im Juni präsentieren. Bereits abgesagt ist der Kinderferienspaß in den Sommerferien. Eventuell soll es eine abgespeckte Version in den Herbstferien geben. Das Rathaus ist noch bis mindestens Mitte Mai geschlossen.
„Gespiegeltes Rathaus"
Eine Nummer drei in der Verwaltung haben viele Städte – die Emmerstadt nun auch: Die Ratsmitglieder bestellten Michael Hillen, Fachbereichsleiter Zentrale Dienste, als Verhinderungsvertreter des Allgemeinen Vertreters des Bürgermeisters. Heißt: Sollten Bürgermeister Carsten Torke sowie sein Allgemeiner Vertreter Heinz-Josef Senneka zukünftig ausnahmsweise gleichzeitig abwesend sein, wird Hillen die Dienstgeschäfte weiterführen.
Gerade in der Corona-Zeit sei es wichtig, Vorkehrungen zu treffen, falls tatsächlich mehrere städtische Mitarbeiter gleichzeitig erkranken, so Torke. Daher werde bei der Stadtverwaltung aktuell auch am „gespiegelten Rathaus" gearbeitet. „Sollte sich eine Situation wie derzeit zuspitzen, würden wir auf das Friedrich-Wilhelm-Weber-Forum ausweichen", erklärte der Bürgermeister. Ein Team der Stadtverwaltung würde dann gemeinsam mit dem Stadtoberhaupt weiter im Rathaus arbeiten, ein „gespiegeltes" Team mit den gleichen Fähigkeiten und Fertigkeiten würde seine Arbeit gemeinsam mit Senneka im Forum aufnehmen. „Würde dann ein Team ausfallen, könnte das andere ohne Verzug übernehmen", so Torke.
Hilfe für Vereine
Die Vereine und Kulturschaffenden Steinheims hatte in den vergangenen Wochen besonders die UWG im Blick: Daher stellte Markus Lödige im Rat den Antrag, die Vereine und Interessengruppen kurzfristig und unbürokratisch finanziell zu unterstützen. „Als ersten Beitrag sollten bereits genehmigte Mittel aus der Kulturförderung ab sofort zur Verfügung gestellt werden", heißt es im Antrag. Denn gerade aktuell seien diese Gruppierungen wichtig, da sie während der Corona-Pandemie konkrete Hilfe leisten, beispielsweise Schutzmasken organisieren.
Da viele Veranstaltungen in den kommenden Monaten wegfallen, sind auch die Mittel vieler Vereine geringer als eigentlich geplant. Dass es allerdings schwierig sei, die finanziellen Mittel, die der anlassbedingten Förderung aktuell in Höhe von 5.100 Euro zur Verfügung stehen, auf mehr als 100 Vereine aufzuteilen, betonte Kämmerer Senneka.
Alle Fraktionen des Stadtrates begrüßten aber den Antrag der UWG als guten Denkanstoß und steuerten Ideen zur Unterstützung der Vereine bei. Der Antrag selbst wurde vertagt. „Ich denke, wir haben damit aber etwas ins Rollen gebracht", so Lödige. Der Bürgermeister wies zudem auf Förderprogramme des Landes hin. Beispielsweise gibt es in NRW eine Nothilfe über zehn Millionen Euro, die für Sportvereine angedacht ist, die einen durch die Corona-Pandemie verursachten Liquiditätsengpass haben. Anträge dafür sind bis zum 15. Mai möglich.
Windpark Twerberg
Endgültig zugestimmt hat der Stadtrat der Aufgabe der Anteile an der Windpark Twerberg GmbH. Ursprünglich waren die Stadtwerke Steinheim 2014 gemeinsam mit vier anderen Stadtwerken aus dem Kreis Höxter in den Bau und Betrieb des Windparks bei Beverungen eingestiegen, der bei Drenke auf dem Bastenberg errichtet wurde. Fünf Windräder wurden insgesamt gebaut, die Investitionen betrugen rund 24 Millionen Euro. Nach Angaben des Betreibers hatte der Windpark die wirtschaftlichen Prognosen in den ersten Jahren deutlich verfehlt, auch weil er 2017 später ans Netz ging und 2018 ein schwaches Windjahr war.
Die zunächst erwarteten Erlöse waren nicht erzielt worden. „Da sich die Gesellschaft in den letzten Jahren nicht positiv entwickelte, beschlossen alle Gesellschafter aus dem Kreis Höxter, ihre Beteiligungsanteile aufzugeben, um so den Weg für den Hauptgesellschafter freizumachen, den Windpark wirtschaftlich mit einem anderen zu verschmelzen", hieß es in der Beschlussvorlage für den Rat. Bereits im Herbst 2019 stimmte die Gesellschafterversammlung der Stadtwerke Steinheim zu – dies musste der Rat nun bestätigen.