Nieheimer Photovoltaik-Fläche wird zum Ökoprojekt

Nieheim. Er habe die anfängliche Kritik aus der Bevölkerung sehr ernst genommen, sagt Georg von Puttkamer, der zwischen Oeynhausen und Himmighausen eine große Freiflächen-Photovoltaikanlage plant. Das wird auch im neuen, völlig überarbeiteten Entwurf sichtbar, den er gemeinsam mit der Stadt Nieheim am Montagabend der Bevölkerung vorstellen will. Von Puttkamer räumt ein, dass die Anlage zunächst rein auf den wirtschaftlichen Profit ausgerichtet war – also die maximal mögliche Anzahl von Modulen auf die Fläche zu bringen. Nach den Protesten und Unterschriftenaktionen in der Bevölkerung begann ein völliges Umdenken: Die Anlage sollte sich nicht nur deutlich besser in die Landschaft einfügen, sondern auch ein Öko-Vorzeige-Projekt sein, das in Deutschland und Europa seinesgleichen sucht. Die Modulreihen werden nicht nur aufgelockert, sondern auch mit breiten Hecken und Streuobst umschlossen. Grüninseln sollen das Gesamtbild zusätzlich aufbrechen. Das soll früher heimische Vögel, Amphibien und Kleinsäuger anlocken. Schafhaltung und Bienenstöcke ergänzen das Modellprojekt. Alles wird teurer Das kostet natürlich. Nicht nur ist der Aufbau beispielsweise wegen des Verbissschutzes teurer, sondern auch die Unterhaltung, wie der begleitende Projektierer Christoph Lübcke erläutert. Auch die Hecken wollen gepflegt werden. Wird das Vorhaben umgesetzt, ist es nicht nur teurer, sondern bringt auch weniger Ertrag. Auf der Nordseite oberhalb der Bahnlinie würden dann 43 Prozent weniger Module stehen als geplant, auf der Südseite etwa 32 Prozent – denn die Gesamtfläche von etwa 16,4 Hektar wurde unwesentlich erweitert. Nur auf 5,7 Hektar davon (etwa 33 Prozent) werden dann tatsächlich PV-Module stehen, die eine Maximalhöhe von drei Metern haben. Die werden übrigens nicht mit Fundamenten versehen, wie von Puttkamer berichtet. Vielmehr werden die Halterungen in den Boden gerammt – so lassen sie sich irgendwann einmal auch besser entfernen. Wirklich befestigt werden nur die Trafostationen. Gut fürs Klima Wie von Puttkamer hervorhebt, sind Hecken und Magerrasen, die einst in der Region überall zur Kulturlandschaft gehörten, nicht nur für die Tiere gut, sondern sorgen auch für ein deutlich besseres Mikroklima. Der Boden kann zudem Wasser besser aufnehmen und speichern. All das war auf den extensiv mit Mais-, Rüben- und Getreideanbau bewirtschafteten Feldern bisher nicht gegeben. &bdquo;Es sind ja keine Biohof-Flächen, die wir jetzt dafür nutzen", unterstreicht der Initiator. Im Gegenteil: Die Felder haben insgesamt einen schlechten Bodenwert. Um das Besondere der Anlage sowie die weiteren Anstrengungen der Region allgemeinverständlich darzustellen, ist eine Art Klima- und Energiepfad entlang der Anlage geplant. Auf Schautafeln, vielleicht sogar interaktiv, soll es Wissenswertes rund um die Energiewende geben. Wie von Puttkamer berichtet, wird dazu gerade eine Zusammenarbeit mit der Uni Paderborn geplant. Mit der Uni Paderborn Auch wenn die Anlage jetzt statt 16.280 Kilowattstunden nur noch 11.200 Kilowattstunden Maximalleistung hat und damit rund ein Drittel weniger Ertrag bringt: Von Puttkamer ist mit Blick auf Klima-, Landschafts- und Naturschutz von dem Vorhaben überzeugter denn je. &bdquo;Es macht inzwischen richtig Spaß, daran weiter zu planen", berichtet er. Und er hofft, damit auch die Bürger in Oeynhausen und Himmighausen mitnehmen zu können, die sich bisher intensiv gegen die Anlage gewehrt haben. Zusätzlich hat er für Oeynhäuser und Himmighäuser Bürger noch ein finanzielles Angebot. Anstelle einer Bürgerbeteiligung können sie auf 20 Jahre garantiert verbilligten Ökostrom bekommen – günstiger als beim preiswertesten Anbieter der Region, verspricht von Puttkamer. Bei einem normalen Haushalt mache das 130 bis 170 Euro aus – gibt es eine Wärmepumpe und ein E-Auto im Haus, wird es noch deutlich mehr. Er hält dieses Angebot für besser als eine direkte Beteiligung am Projekt, die sich nur leisten kann, wer gerade jede Menge Geld übrig hat. Der vergünstigte Strom könne aber jedem Haushalt zugutekommen – unabhängig von der finanziellen Situation. Auch die Stadt profitiert Und auch die Stadt Nieheim profitiert – durch die reduzierte Anlagenfläche allerdings weniger, als bisher geplant. So erhält sie neben rund 80.000 Euro Grundsteuer auch einen Anteil aus dem Stromverkauf in Höhe von 560.000 Euro – in 25 Jahren. Der Anteil der Gewerbesteuer ist extrem abhängig vom Strompreis, wird voraussichtlich aber im siebenstelligen Bereich liegen. Neben den ökologischen Aspekten lobte Landtagsabgeordneter Matthias Goeken insbesondere, dass die Wertschöpfung vor Ort bleibt. Die Bürger sind eingeladen, sich am Montag um 19 Uhr in der Turnhalle Oeynhausen ein Bild von dem Projekt zu machen. Es hat sich gelohnt Glaubt man den Experten, wird es ob des stark steigenden Strombedarfs für eine erfolgreiche Energiewende nicht reichen, auf alle brauchbaren Dächer PV-Anlagen zu bauen und jeden verfügbaren Platz für Windräder zu nutzen. Es werden auch große Freiflächenanlagen nötig sein. Allein Nieheim bräuchte bis 2030 – statistisch gesehen – 15 solcher Anlagen, will man dann 75 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren Energien beziehen. Wenn es also schon sein muss – und das muss es – dann ist das jetzt für Oeynhausen gewählte Modell ein vorbildlicher Kompromiss. Den Erfolg dürfen sich die Oeynhäuser selbst zuschreiben, denn er ist nur durch ihren hartnäckigen Protest möglich geworden. Es hat sich gelohnt.

Meistgelesen