Traditionsgeschäft in Höxter hört auf: Lotto-Laden schließt Mitte Dezember

Höxter. Freitagnachmittag, ein hoher Jackpot, bei Lotto Ritter an der Westerbachstraße in Höxter geben sich die Kunden die Klinke in die Hand. &bdquo;Ich habe gehört, Sie schließen zum Jahresende“, sagt ein Kunde zu Gabriele Ritter, während sie seinen Lottoschein auf Gewinne überprüft. &bdquo;Schon am 14. Dezember“, korrigiert sie. &bdquo;Da geht ja dann eine weitere Höxteraner Institution verloren“, sagt der Mann und nimmt seinen kleinen Gewinn entgegen. Es stimmt. Lotto Ritter schließt nach 76 Jahren in Höxter. Gabriele Ritters Vater Horst hatte den Laden einst in der Garderobe eines Kinos eröffnet. Kurz nach der Währungsreform nach dem Krieg war das. Schnell zog das Geschäft aber in ein Ladenlokal an der Weserstraße. &bdquo;Ein kleiner primitiver Laden war das“, erinnert sich Gabriele Ritter. Sie wuchs dort quasi auf. Kitas gab’s ja nicht. Der Vater &bdquo;hat sich das Geschäft noch mit Toto aufgebaut“, erzählt sie und zeigt eine Fotografie, die ihren Vater vor dem Ladenlokal von Toto Ritter zeigt. Lotto, das Konkurrenzprodukt, kam erst Mitte der 1950er dazu. Lesen Sie auch: Höxteraner Innenstadt: Weiteres Geschäft zieht die Reißleine 1975 war der Laden auf dem Marktplatz in Höxter &bdquo;Einmal kontrollieren, bitte“, sagt der nächste Kunde. Er hält der Chefin zwei Lottoscheine vor die Nase. &bdquo;Der große Gewinn?“, fragt sie schmunzelnd, liest die Scheine in das Gerät ein und ruft aus: &bdquo;Oh ja, 52,90 Euro.“ Der Mann spielt gleich noch mal. Abzüglich der neuen Tipps bleiben knapp über 20 Euro Gewinn. Die Münzen wandern ins Münzenfach, den blauen 20er sortiert er ins Scheinefach ein. &bdquo;Da ist das Essen am Wochenende ja gesichert.“ 1975 zogen die Ritters mit ihrem Laden an den Marktplatz (heute Depot). &bdquo;Das war ein schöner Laden“, erinnert sich Gabriele Ritter mit einem seligen Lächeln. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie ihn auch nie verlassen. Lesen Sie auch: Höxter hat einen Lottokönig Ein holländischer Investor hatte den Mietern gekündigt Aber dann &bdquo;kam der holländische Investor“, der die Gebäude kaufte und allen Mietern kündigte. &bdquo;Ich war die Letzte, die da rausging“, sagt sie. Denn es fand sich partout kein neues Ladenlokal. &bdquo;Vor 14, 15 Jahren hast du nichts gefunden.“ Eine Kundin ist an der Reihe. Gabriele Ritter tippt routiniert auf dem Lottomonitor herum. &bdquo;Wo kann ich denn jetzt in Zukunft Lotto spielen?“, fragt die Kundin. Sie hat schon gehört, dass Gabriele Ritter den Laden aufgibt. &bdquo;In der Marktstraße oder bei Kaufland“, weiß die Inhaberin. Eine Nachfolge hat sie nicht gefunden. Die Zeiten sind hart. &bdquo;Zeitschriften sind nicht mehr der Renner“, sagt die 76-Jährige und deutet auf die Regalwand, die mit Magazinen gefüllt ist. Doch der erste Blick täuscht. Auch die Zeitschriften laufen nicht mehr wie früher &bdquo;Da sind überall Löcher drin“, sagt sie, &bdquo;und die hier stelle ich doppelt“. Zwei identische Ausgaben ein und derselben Frauenzeitschrift glänzen nebeneinander um die Wette. &bdquo;Computer-Zeitschriften gehen gar nicht mehr, das findet man ja alles online. Auch Rezepte – die jungen Frauen suchen im Internet danach.“ Und auch die Zigaretten machen Sorgen. &bdquo;Der Tabak wird immer teurer. Im Januar schon wieder.“ Die nächste Kundin kauft ein Päckchen Tabak. Gabriele Ritter wechselt die Kasse. &bdquo;Ich rauch ja nicht mehr“, sagt die Kundin und bezahlt. 2010 – nach der Kündigung am Markt – hat Lotto Ritter dann doch noch neue Räume gefunden. Durch Zufall hatte Gabriele Ritter von einer Bekannten davon erfahren. Lesen Sie auch: Concept-Store am Gänsemarkt in Höxter schließt Ein Kunde sagt, es sei schade, dass sie geht &bdquo;Das war vorher eine Boutique“, sagt sie. Allerdings sei der Laden in keinem allzu guten Zustand gewesen. &bdquo;Das war wirklich eine Höhle, dieses Ding“, erinnert sich die 76-Jährige. &bdquo;Ich habe mich erst nicht getraut, meiner Mutter zu sagen, dass ich hier reingehe.“ So schlimm habe der Laden ausgesehen. Doch Gabriele Ritter investierte und renovierte. &bdquo;Ich habe viel reingesteckt, dass es so wird, wie es jetzt ist.“ Aber so glücklich wie mit den Räumen am Markt wurde sie an der Westerbachstraße nie. Der nächste Kunde sagt ihr, es sei schade, dass sie gehe. Das findet Gabriele Ritter auch. Sie weiß noch nicht, wie es werden wird im Ruhestand. So schaut Gabriele Ritter auf den Ruhestand Es war ja immer was los. Urlaub habe sie auch nie machen können. &bdquo;Meine Eltern auch nie.“ Vielleicht mache sie dann bald mal eine Reise. Die Bald-Ruheständlerin will es aber ganz in Ruhe angehen mit der Entspannung. Irgendwie freut sie sich auch drauf. &bdquo;Es wird jetzt Zeit“, sagt sie. Der Kunde stimmt zu: &bdquo;Mit 76 muss man nicht mehr im Laden stehen.“ 12 Euro hat er gewonnen. Richtig große Gewinne hatte Gabriele Ritter natürlich auch schon. Wie hoch genau, wisse sie aber nicht. Ab einer gewissen Summe heißt es dann nur &bdquo;Zentralgewinn“ im System. Immer informiert bleiben: Hier gelangen Sie direkt zum Whatsapp-Kanal der NW Höxter.

Meistgelesen