Tat in Höxter heimlich aufgenommen: 52-Jähriger wegen Vergewaltigung verurteilt

Höxter. &bdquo;Das ist ein Fehlurteil“, verkündet Jörg K. (alle Namen geändert) in seinem letzten Wort. Wohlgemerkt also, bevor das Schöffengericht am Amtsgericht Höxter überhaupt ein Urteil gefällt hat. Aber ihm schwant wohl schon, dass es nicht gut aussieht. Während die Staatsanwaltschaft wegen Vergewaltigung eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten fordert, beantragt sein Pflichtverteidiger die Mindeststrafe, zwei Jahre, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden könnten. &bdquo;Alles Blödsinn“, kommentiert der 52-Jährige. 27 Jahre lang lebte Jörg K. mit Gabi A. zusammen. Gemeinsam hat das Paar vier Kinder. 2017 trennen sie sich, einige Jahre lang habe Jörg K. aber noch mit im gemeinsamen Haus gelebt. Die heute 48-Jährige schildert die Beziehung als die Hölle. &bdquo;Sie kennen ihn nicht, Sie wissen nicht, was er mir angetan hat“, sagt die Höxteranerin im Zeugenstand aus. &bdquo;Er hat mich beleidigt und terrorisiert.“ Aus Angst vor ihm habe sie sich &bdquo;über Jahre“ angewöhnt, die Audioaufnahme auf dem Handy laufen zu lassen, wenn sie mit Jörg K. alleine war. &bdquo;Meinen Freunden habe ich gesagt: Wenn was passiert, schaut auf mein Handy, da ist alles drauf.“ Und so schnitt das Smartphone auch mit, was sich an einem späten Samstagabend im Januar 2023 auf einem Höxteraner Klinikparkplatz ereignete. Verstörende Audioaufnahme von der Tat Regen prasselt im Hintergrund auf ein Autodach. Jörg K.s Stimme, leicht abgedämpft, ertönt vom Band: &bdquo;Los komm, komm, komm schon. Zieh aus.“ Zwischendurch raschelt es immer mal wieder. Gabi A.s Stimme ist deutlicher zu vernehmen: &bdquo;Geh weg von mir.“ Und &bdquo;nein, nein“, sagt sie immer wieder. &bdquo;Das ist Vergewaltigung“, ruft sie. &bdquo;Das ist mir egal“, antwortet er. Es fallen zahlreiche vulgäre Ausdrücke. Zwischendurch nennt K. seine Ex-Partnerin &bdquo;Schlampe“ oder &bdquo;Nutte“. &bdquo;Du willst es doch“, sagt er mit fester Stimme. &bdquo;Ich bin hier, um zu reden, nicht um zu. . .“, entgegnet sie: &bdquo;Ich habe dir schon mal gesagt, ich will das nicht auf diese scheißbrutale Art.“ Die gesamte Aufnahme dauert 52 Minuten und 27 Sekunden. Es sind keine angenehmen 52 Minuten und 27 Sekunden. Jörg K. soll seine Ex-Partnerin vergewaltigt haben. Er streitet das ab. Das, was in dem Audiomitschnitt zu hören sei, sei entweder deutlich älter &bdquo;vor Corona“ oder aus einem Fundus von 27 Jahren Beziehung und Sprachnachrichten zusammengeschnitten. Dass Gabi A. dazu technisch in der Lage wäre, bezweifelt er nicht. Sie kenne sich mit so was aus. Lesen Sie auch: Prozess um Vergewaltigung in Höxter - Ist sie aggressiv oder ist er gewalttätig? Dem widerspricht allerdings die Einschätzung der Polizei Höxter, die die Datei und deren Metadaten ausgewertet hat. Richterin Christina Brüning, die dem Schöffengericht vorsitzt, liest aus dem Schreiben vor. An zwei Stellen wirke es laut polizeilicher Auswertung so, als seien Worte abgeschnitten. Das könne aber mehrere Gründe haben, etwa, weil sich das Smartphone während der Aufnahme in einer Tasche befunden haben soll. &bdquo;Die Aufnahme wirkt echt“, gibt Brüning die Einschätzung der Polizei wieder. Die Metadaten hätten überdies ergeben, dass die Audiodatei am angeklagten Tattag um 23.29 Uhr erstellt wurde. Polizei hält Audiomitschnitt für authentisch Das würde zu den Schilderungen des Opfers passen. Gabi A. konnte sich zwar nicht an die genaue Uhrzeit erinnern, doch dass es sehr spät am Abend war, als Jörg K. sie abholen wollte, das wusste sie noch. Ihre Intention sei gewesen, mit dem 52-Jährigen über die gemeinsamen Kinder zu sprechen. &bdquo;Er hatte immer Geld für Frauen und Autos, aber nicht für seine Kinder.“ Zeit, einmal über Jörg K.s persönliche Verhältnisse zu sprechen. Vor Gericht stellt er sich als &bdquo;Filmproduzent“ vor, zumindest ab 1. August, da beginne der Arbeitsvertrag. Als Richterin Brüning nach seinem Verdienst fragt, blafft er: &bdquo;Dazu will ich nichts sagen.“ Was überraschend ist, da er beim ersten Termin im April noch mit einem sechsstelligen Verdienst geprahlt hatte. Das hält ihm auch die Vorsitzende vor. &bdquo;Das darf man nicht auf den Monat rechnen“, erklärt K. ihr, da müsse das ganze Jahr betrachtet werden. Dabei bleibt es. Ein Filmproduzent oder ein Aufschneider? Mittlerweile lebt der 52-Jährige in Holzminden. Eine Frau, die ein paar Wochen lang mit ihm zusammen war, hatte ihn dort auch mal besucht – und war sprachlos. &bdquo;Das war keine richtige Wohnung“, berichtet die 40-Jährige, &bdquo;das war eher eine Übergangswohnung“. Und dieses Domizil passte wohl so gar nicht zu dem, wie sich Jörg K. bis dato ihr gegenüber dargestellt hatte. Denn sie hatte, wie sie im April schilderte, den Eindruck, einen reichen Mann zu daten. Als Vorstellung und Wirklichkeit zu weit voneinander abweichen, macht sie Schluss. Jörg K. habe erst verständnisvoll reagiert, geschrieben, dass das okay sei. Dann aber trifft sie ihn immer wieder. Wie zufällig. Bei der Arbeit, wenn sie in Höxter unterwegs war. Plötzlich aber auch, als sie nach Brakel oder Bad Driburg fährt. &bdquo;Er war immer da, wo ich war.“ Sie wird misstrauisch. Der Schwager, der in einer Kfz-Werkstatt arbeitet, nimmt das Auto unter die Lupe und fördert einen Peilsender zu Tage. Die dazugehörige Sim-Karte ist auf Jörg K. registriert. Verteidiger: &bdquo;Ich weiß nicht, was der macht“ &bdquo;Das war meine Ex“, verteidigt sich K. Wie erwähnt, kenne die sich ja gut mit solchen Dingen aus. &bdquo;Sie hat mein Google-Konto gehackt und alle meine Zugänge gehabt.“ Gabi A. habe K.s neue Freundin auch verfolgt, nicht er. &bdquo;Das wird sie auch gleich erzählen“, kündigt er an. Doch die Ex-Freundin berichtet nichts dergleichen. Von Gabi A. schien sie sich zu keiner Zeit verfolgt gefühlt zu haben. Um die Vorwürfe der Nachstellung geht es am Ende gar nicht mehr. Weil eine Verurteilung wegen Vergewaltigung zu erwarten ist, stellt das Gericht das Verfahren hierzu ein . Und damit ist nicht nur Jörg K. einigermaßen klar, wie es ausgehen wird. Das Gericht verurteilt K. wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Bei einem Strafrahmen von zwei bis 15 Jahren kommt er so vor allem, weil er nicht vorbestraft ist, noch recht glimpflich davon. &bdquo;Das ist aber ein Fehlurteil“, fährt K. der Richterin in ihre Begründung. &bdquo;Das mögen Sie so sehen“, entgegnet Christina Brüning kühl. Bleibt noch eine Frage. Ist Jörg K. wirklich Filmproduzent? &bdquo;Ich weiß nicht, was der macht“, sagt sein Pflichtverteidiger, der namentlich nicht genannt werden will.

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