Amtsgericht Höxter: Was passiert eigentlich, wenn der Angeklagte schwänzt?

Höxter. Ungewohntes Bild im Sitzungssaal eins des Amtsgerichts Höxter: Die Anklagebank ist zur vollen Stunde leer, dafür sitzen 15 Menschen im Publikum. Eine VHS-Klasse, wie die &bdquo;NW“ erfährt, die sich ansehen möchte, wie ein Gericht arbeitet. Vielleicht wäre der Angeklagte sogar erschienen, wenn er gewusst hätte, dass seine Verhandlung der Fortbildung junger Menschen dienen sollte. Doch die Minuten verstreichen, ohne dass der Delinquent auftaucht. Er sei &bdquo;ordnungsgemäß geladen“, sagt Christina Brüning. Das heißt, ihm wurde per Post mitgeteilt, dass sein Fall an diesem Tag zu dieser Uhrzeit verhandelt wird. Doch auch für solche Fälle hat das deutsche Rechtssystem vorgesorgt. &bdquo;Wenn jemand nicht kommt vor Gericht, heißt das nicht, dass er keine Strafe kriegen kann“, erklärt Richterin Christina Brüning, &bdquo;es hilft nichts, einfach nicht zu kommen“ (siehe Infokasten). Dem Angeklagten wird vorgeworfen, gegen das Gewaltschutzgesetz verstoßen zu haben. Dieses Gesetz soll Menschen schützen, die zuvor bereits Opfer einer Straftat geworden sind. Ein klassisches Beispiel wäre hier die sogenannte &bdquo;häusliche Gewalt“. In einer Ehe oder Partnerschaft kommt es zu Gewalt, woraufhin dem gewalttätigen Part der Beziehung zum Beispiel verboten werden kann, sich der gemeinsamen Wohnung oder der Arbeitsstätte des Opfers zu nähern. In diesem Fall stammt der vorgeworfene Verstoß aus 2023, ist also schon ziemlich alt. Per Strafbefehl können sogar geringe Freiheitsstrafen verhängt werden Nach dem akademischen Viertel – Christina Brüning: &bdquo;Wir warten grundsätzlich eine Viertelstunde, es kann ja immer sein, dass sich jemand verspätet“ – wird noch mal aufgerufen. &bdquo;Alle Beteiligten in Saal eins eintreten“, tönt es per Lautsprecher über den Flur. Niemand kommt rein. Übrigens auch die Zeugin, das mutmaßliche Opfer, nicht. Lesen Sie auch: Barbara Salesch: Das TV-Geschäft ist härter als die Justiz Richterin und Staatsanwalt einigen sich darauf, einen Strafbefehl zu verhängen. Das ist eine gerichtliche Entscheidung, die einem Urteil gleichkommt, allerdings muss einem Strafbefehl keine mündliche Hauptverhandlung vorangehen. Zum Beispiel, weil ein Angeklagter nicht zum Termin erscheint. Häufig geht es bei Strafbefehlsverfahren um Geldstrafen oder Führerscheinentzüge, es können aber sogar Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr per Strafbefehl ausgesprochen werden. Wie berechnet sich ein Tagessatz bei Geldstrafen? Im konkreten Fall bleibt es jedoch beim Geld. Nach kurzem Studium der Akte sagt Christina Brüning, dass die vorgeworfenen Taten &bdquo;nicht so ganz dramatisch“ seien. 40 Tagessätze à 15 Euro scheinen ihr pro Einzelstrafe angemessen, was einer Gesamtstrafe von 80 Tagessätzen à 15 Euro entspricht. Ein Tagessatz richtet sich nach dem Netto-Monatseinkommen eines oder einer Angeklagten. Diese Summe wird durch 30 geteilt, das Ergebnis ist ein Tagessatz. Beim Angeklagten hier geht das Gericht also von einem Nettoeinkommen von 450 Euro aus. Einblick ins Gericht: Pju, pju, das ist ein Überfall: Dilettantische Diebe vor Gericht Den Volkshochschülerinnen und -schülern erklärt Christina Brüning, dass dem Angeklagten der Strafbefehl nun zugestellt werde. &bdquo;Dann kann er entscheiden, ob er die annimmt oder Widerspruch einlegt.“ Das Publikum hat nun rund 30 Minuten Zeit, um sich auf dem Hof des Amtsgerichts die Beine zu vertreten. Denn erst dann soll es mit dem nächsten Verfahren weitergehen. Hoffentlich dann mit mehr Beteiligung auf der Anklagebank.

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