Gewalt in Kitas im Kreis Höxter: Wer kontrolliert die Regeln zum Gewaltschutz?

Kreis Höxter. Sprunghaft sind die Meldungen über Gewalt in NRW-Kitas angestiegen. Teilweise haben sich die Zahlen seit 2018 verdreifacht. Seit Juni 2022 soll jede Kita deshalb individuelle Gewaltschutzkonzepte haben. Wie sieht es damit bei den Trägern der Kitas im Kreis Höxter aus? Und: wer kontrolliert, ob die Konzepte umgesetzt werden? Die &bdquo;Neue Westfälische“ hat bei den größten Trägern und bei den Behörden nachgefragt. Die Hauptverantwortung für die Kontrolle der Gewaltschutzkonzepte liegt beim Landesjugendamt, das vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe betrieben wird. Unter anderem hat das für Westfalen und Lippe zuständige Landesjugendamt laut Sprecher Markus Fischer deshalb eine &bdquo;gemeinsame aufsichtsrechtliche Grundlage“ zur Verfügung gestellt - also Regeln darüber, wie Gewaltschutz bestenfalls aussehen soll. Rund 100 Kitas gibt es im Kreis Höxter, zwei Drittel davon von kirchlichen und freien Trägern. Acht Kitas werden vom Evangelischen Kirchenkreis Paderborn/Höxter getragen. &bdquo;Alle Kindertageseinrichtungen im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn haben im Rahmen des Qualitätsmanagements und des Evangelischen Gütesiegels Beta der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder ein Kinderschutzkonzept entwickelt und implementiert“, erklärt Ulrike Freitag-Friedrich, Geschäftsführerin des Verbunds der Tageseinrichtungen für Kinder im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn. Was braucht es für die Umsetzung? &bdquo;Die Umsetzung von Schutzkonzepten erfordert ein spezifisches Fachwissen, weswegen Fortbildungen zu dem Themenkomplex notwendig sind. Alle Teams der Kindertageseinrichtungen im Kirchenkreis Paderborn/Höxter haben sich in den letzten eineinhalb Jahren noch mal intensiv mit den Bereichen Prävention von sexualisierter Gewalt und Schutzkonzepten auseinandergesetzt“, sagt Sonja Hillebrand, Multiplikatorin und Präventionsfachkraft, Fachstelle Prävention und Schutz vor sexualisierter Gewalt des Kirchenkreises Paderborn. Die Anforderungen und Umsetzungen würden im &bdquo;Rahmen festgelegter Verfahren“ durch die jeweilige Leitung der Einrichtung, durch die Fachberatung für Kindertageseinrichtungen im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn und den Verbund der Tageseinrichtungen für Kinder im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn als Träger, vertreten durch die Geschäftsführung, überprüft, sagt Sprecher Oliver Claes. &bdquo;Bei möglichen Verdachtsfällen im Bereich sexualisiertes Verhalten sowie auch übergriffiges Verhalten wird durch den Träger sofort eine Meldung beim Landesjugendamt gemacht. Festgelegte Handlungsabläufe mit einem Interventionsteam werden umgesetzt, um eine Klärung herbeizuführen und entsprechende Konsequenzen einzuleiten“, sagt Ulrike Freitag-Friedrich. Die stetige Auseinandersetzung mit dem Thema Kindesschutz benötige genügend Zeit, ist Sonja Hillebrand überzeugt. &bdquo;Schutzkonzepte sind nicht irgendwann abgeschlossen, sondern sie sind als ein dauerhafter Organisationsentwicklungsprozess zu betrachten“, sagt die Multiplikatorin und Präventionsfachkraft. Wer überprüft die Umsetzung an den Kitas? 40 Kitas im Kreis Höxter betreibt die Katholische Kindertageseinrichtungen Hochstift. Geschäftsführer Detlef Müller sagt auf Nachfrage der &bdquo;Neuen Westfälischen“, dass alle Kitas &bdquo;ein Institutionelles Schutzkonzept“ haben und dass dieses um das Gewaltschutzkonzept ergänzt worden sei. Die Anwendung werde durch die Pädagogischen Regionalleiterinnen überprüft. &bdquo;In unserm institutionellen Schutzkonzept sind bereits die Möglichkeiten der Beschwerde und der Beteiligung beschrieben“, sagt Müller. Markus Fischer vom LWL sagt auf Nachfrage der &bdquo;Neuen Westfälischen“, dass Träger von Tageseinrichtungen für Kinder im Beratungsprozess oft die Rückmeldung geben, &bdquo;dass die schwierige Personalsituation in den Einrichtungen die Erarbeitung eines Konzeptes zum Schutz vor Gewalt erschwert und den Erarbeitungsprozess hemmt“. Eine Herausforderung für die Umsetzung eines Schutzkonzeptes stelle für Träger und Einrichtungen &bdquo;dessen stetige Überprüfung und Fortschreibung dar“, für die es insbesondere &bdquo;eine strukturelle und organisatorische Auseinandersetzung mit notwendigen Vereinbarungen, Absprachen und Verfahren“ brauche. Ob diese stattfindet, scheint zumindest fraglich. Denn Fischer schildert die Sache so: &bdquo;Bei Beantragung oder Veränderung einer Betriebserlaubnis sowie bei Meldungen von Ereignissen, die geeignet sind, das Kindeswohl zu gefährden, müssen Träger von Tageseinrichtungen auf Aufforderung Konzepte zum Schutz vor Gewalt vorlegen.“ Alle Kitas also, die keine neue Betriebserlaubnis benötigen und bei denen alles ohne Auffälligkeiten läuft, müssen das Gewaltschutzkonzept nicht vorlegen. Aus dieser Regelung folge, &bdquo;dass keine Übersicht des Umsetzungsstands über alle Kindertageseinrichtungen - auch nicht konkret im Kreis Höxter - geführt wird“. Komme es bei örtlichen Überprüfungen zur Feststellung von Mängeln, würden &bdquo;Vereinbarungen zur Behebung mit dem Träger getroffen“. Genüge ein Konzept nicht den Anforderungen, berate das LWL-Landesjugendamt Träger dazu, &bdquo;wie sie fehlende Bereiche erarbeiten können“. Wann kontrolliert das Landesjugendamt? An der Kita Kunterbunt in Steinheim der Pari-Sozial Lippe hat es zuletzt eine Begehung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LWL-Landesjugendamtes gegeben. Dabei sei auch das Gewaltschutzkonzept geprüft worden, betont Ute Lemfeld Bereichsleitung im Kreis Höxter. Allerdings habe es an dieser Kita eben eine Änderung der Betriebserlaubnis gegeben, was eine solche Überprüfung des Konzepts zwingend vorschreibt. Kitas, die nicht etwa ihre Gruppenzahl aufstocken, was zum Beispiel eine Betriebsänderung erforderlich macht, werden nicht kontrolliert. &bdquo;Wir haben aber beim Kreisjugendamt eine Vereinbarung unterzeichnet“, erklärt Lemfeld. Jede bestehende Kita verpflichte sich also gegenüber dem Kreis im Rahmen einer Qualitätsvereinbarung, sich um die Umsetzung des eigenen Konzepts zu kümmern. Aber auch die Pari-Sozial selbst kümmere sich um Erstellung und Einhaltung des Gewaltschutzkonzepts, es habe dabei bei Pari-Sozial auch spezielle, mehrtägige Fachtagungen gegeben. Eine Folge der Einführung der Gewaltschutzkonzepte ist übrigens, dass Kitas im Zweifelsfall die Kinder nach Hause schicken müssen, wenn das Konzept nicht umgesetzt werden kann, weil etwa viel Personal krankheitsbedingt ausfällt: Nur, wenn genug Personal vor Ort ist, kann sich dieses um die Einhaltung der Regeln kümmern.

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