Missbrauchsvorwürfe: So reagiert der Kirchenkreis Bielefeld jetzt

Bielefeld. Gut drei Jahre haben die Ermittlungen gegen einen ehemaligen Mitarbeiter und Jugendbetreuer der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Bielefeld gedauert, weil er männliche Jugendliche seiner Gruppen in sexueller Absicht angefasst haben soll. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt Anklage gegen den damals 47-Jährigen wegen sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener, sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen und Besitzes jugendpornografischen Materials erhoben. Der evangelische Kirchenkreis habe den Vorfall laut einer Mitteilung intensiv aufgearbeitet und Strukturen verändert. Der beschuldigte frühere Diakon und Sozialarbeiter wurde im August 2021 unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe vom Dienst freigestellt und das Arbeitsverhältnis beendet. Superintendent Christian Bald erstattete Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld: &bdquo;Für uns waren und sind von Beginn an die Aussagen der Betroffenen glaubwürdig. Darum haben wir unabhängig vom Verlauf der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen begonnen, Strukturen zu ändern und die Präventionsarbeit vorangebracht. Nach unserer Erkenntnis wurden die damaligen Strukturen in unserer Kirche vom mutmaßlichen Täter ausgenutzt.“ Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass in den Jahren 2005 bis 2011 ein kleinerer Kreis von etwa fünf bis acht Jugendlichen regelmäßig von dem Jugendbetreuer eingeladen worden sein soll, wobei die Anwesenden teils nackt zusammengesessen haben sollen, so Anke Weilert, Sprecherin des Amtsgerichts Bielefeld. Lesen Sie auch: Nackttreffen mit Jugendlichen? Bielefelder Kirchenmitarbeiter angeklagt Saunawagen Bestandteil der Jugendarbeit der Gemeinde Ein Bestandteil der Jugendarbeit der Gemeinde war ein gemeinsam genutzter Saunawagen. Dabei sollen unter anderem auch Nacktbilder von den Jugendlichen gefertigt worden sein. Außerdem soll der Angeschuldigte bei mehreren Gelegenheiten männliche Jugendliche in sexueller Absicht an deren Geschlechtsorganen berührt haben. Die Anklage geht von drei Geschädigten – zum Tatzeitpunkt im Alter von 14 bis 17 Jahren – aus, die missbraucht worden sein sollen. In der Aufarbeitung der Vorfälle hat die Kirche nach eigenen Angaben zunächst den Fokus auf die betroffenen Jugendlichen gelegt. &bdquo;Für uns waren vor allem die Gespräche mit Betroffenen wichtig, die uns bewusst gemacht haben, wie wesentlich Transparenz in der Aufarbeitung ist. Für ihre Offenheit, Ausdauer und Beharrlichkeit sind wir sehr dankbar“, sagt Pfarrerin Nora Göbel, eine der beiden Pfarrerinnen der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde. Den Jugendlichen seien Beratung und psychologische Hilfe angeboten worden, die aber nur zum Teil in Anspruch genommen worden sind. Schutzkonzept soll weitere Vorfälle verhindern Ein weiterer wichtiger Baustein war die Erstellung eines Schutzkonzeptes, um weitere Vorfälle dieser Art zu verhindern. &bdquo;Dafür haben uns die Betroffenen wertvolle Impulse gegeben. Wir wollen, dass unsere Gemeinde ein möglichst sicherer Ort insbesondere für Kinder und Jugendliche ist“, sagt Pfarrerin Karla Wessel. In diesem Konzept soll es klare Regelungen zu Körperkontakt, angemessener Kleidung und Verbote von gemeinsamen Saunabesuchen, Duschen oder Toilettengängen von Betreuern mit Kindern und Jugendlichen geben. Diese Schutzkonzepte sollen für jede Gemeinde individuell angefertigt werden. Es soll keine nicht einzusehende Nischenecken mehr geben, Büsche wurden zurückgeschnitten, um jederzeit alles sehen zu können. Lesen Sie dazu: Schlimmer Verdacht im Kirchenkreis Bielefeld Auch in der Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich nach Angaben des Kirchenkreises einiges getan. Manuela Kleingünther, seit 2022 Fachkraft für Prävention im Kirchenkreis Bielefeld: &bdquo;Sensibilität und Aufmerksamkeit für sexualisierte Gewalt sind Grundlagen jeglichen präventiven Handelns. Darum werden alle Mitarbeiter (Beruf und Ehrenamt) im Kirchenkreis gemäß dem Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt nach dem Konzept,hinschauen-helfen-handeln’ geschult.“ Allein in den vergangenen eineinhalb Jahren (Januar 2023 bis Juni 2024) habe es im Kirchenkreis Bielefeld 74 Schulungen für Haupt- und ehrenamtlich Mitarbeiter mit insgesamt 1.350 Teilnehmern gegeben. Fall soll umfassend aufgearbeitet werden Zudem will der Kirchenkreis Bielefeld eine Studie zum vorliegenden Fall in Auftrag geben. Superintendent Christian Bald: &bdquo;Uns ist es wichtig, dass wir diesen komplexen und für die Betroffenen sehr schmerzhaften Fall neben den bereits getroffenen Maßnahmen umfassend aufarbeiten. Dazu haben wir bereits vor mehreren Wochen mit externen Experten Kontakt aufgenommen. Beginnen kann diese Aufarbeitung mit allen Komponenten jedoch erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens.“ News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld Der Prozess der kirchlichen Aufarbeitung dauert, auch unter Einbeziehung externer Fachpersonen, weiterhin an. Ansprechstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirchen von Westfalen ist Pfarrerin Britta Jüngst, Telefon 0521 594-208 (Sekretariat), E-Mail: britta.juengst@ekvw.de

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