Pro&Contra: Schadet der Besuch von Mario Barth dem guten Ruf der Stadt Höxter?

Höxter. Der Besuch von Mario Barth hat im Internet zu kontroversen Debatten darüber geführt, wie sinnvoll der Besucher des Comedians in der Stadt Höxter war. Schnell haben Anhänger und Kritiker des Moderators sich mit teils harten Bandagen gegenseitig kritisiert. Nicht gesprochen wurde indes über die Frage, welche Konsequenzen der Besuch des Filmteams für die Stadt Höxter selbst hat: Wie wird die Ausstrahlung des Brückendesasters von einen Millionenpublikum aufgenommen? Wie wird das die öffentliche Wahrnehmung der Stadt Höxter und der Region in Deutschland verändern? Darüber, ob der Beitrag der Stadt Höxter und ihrem guten Ruf schaden wird, haben sich unsere Autoren in einem Pro und Contra Gedanken gemacht. Pro: "Vorurteile machen blind für die Realität" Von Ralf T. Mischer Es ist sein Geschäftsmodell: Mario Barth macht aus zweidimensionalen Stereotypen und aus dumpfen Vorurteilen Geld. Das gilt für seine Comedyprogramme, in denen er sich aus teils frauenverachtenden Geschlechterstereotypen einen Unterhaltungsbrei zusammenköchelt, bei denen allen, die Wert auf ausgewogene Ernährung legen, speiübel wird. Andere können wiederum darüber lachen. Leicht modifiziert wird dieses Geschäftsmodell, wenn Barth das Comedy-Zepter aus der Hand gibt und für seine Show &bdquo;Mario Barth deckt auf“ das Journalisten-Image anlegt. Auch hier bedient er mit großer Vehemenz ein Vorurteil. Nämlich das, dass &bdquo;die da oben“ doch alle &bdquo;zu dumm“ seien, dass wegen grober Unfähigkeit in öffentlicher Verwaltung und Politik Unsummen von Steuergeldern einfach verschwendet würden. Es geht dabei nicht um die Details, nicht um die Gründe. Sinn und Zweck des Formats ist einzig die Bedienung dieses Vorurteils. An diesem Format selbst ist dabei auch nichts journalistisch: Dass die Weserbrücke trotz Reparatur kaputt ist, ist kein Geheimnis, jeder kann es nachlesen, überall. Dieser Umstand zeigt, dass es überhaupt gar nicht um den konkreten Fall geht, sondern nur darum, zu zeigen, wie unfähig die ganze Welt sei – um sich dann in einer stillen Übereinkunft der Zuschauer untereinander zu vergewissern, wie viel besser man sei. Dass Höxter in diesem Umfeld erwähnt wird, trägt nicht dazu bei, dass die Stadt bekannter wird. Im Gegenteil. Erstens ist der Kontext, und somit auch der Ort, ohnehin egal. Ob die Brücke in Höxter steht oder in Bad Salzdetfurth spielt überhaupt keine Rolle. Zweitens gibt es in der Werbewirkungsforschung den Begriff der Umfeld-Effekte: Die netteste Werbung kann unter bestimmten Bedingungen völlig wirkungslos bleiben, wenn das Umfeld, in dem sie erscheint, nicht passend ist. In einer positiven Stimmung beurteilen Kunden Marken häufig besser als in einer schlechten Stimmung. Ist die Stimmung in Barths Sendung gut? &bdquo;Comedy“ sei das hier, sagt Barth in einem Warm-up zur Sendung. Denn ohne Humor sei es schlicht nicht möglich, all das zu ertragen. Diese sogenannte Art von Humor ist die etwas zu hochnäsige Empfangsdame im Vorzimmer der Vernunft. Nur wer das Vorzimmer nie verlassen hat, kann darüber lachen. Wer denkt, es schade Höxter nicht, dass es in diesem Kontext gezeigt wird, hat nicht verstanden, dass Vorurteile sich nicht durch Lachen abwaschen lassen, sondern, im Gegenteil, gerade dadurch bestätigt werden. Das ist wie mit den Stereotypen über Mann und Frau: Wer sie in allen alltäglichen Szenen erkennen will, sieht irgendwann nur noch das Vorurteil und wird blind für die Realität. Genau das droht auch mit dem Bild von Höxter zu passieren: Höxter? Das sind doch die mit der verkorksten Brücke? Kontakt zum Autor Contra: "Empörung hält nur eine Werbepause an" Von Svenja Ludwig Nein, ich finde Mario Barth auch nicht lustig. Im Gegenteil, sein Humor verursacht bei mir körperliche Schmerzen. Und zwar nicht in der Zwerchfellgegend. Und nein, ich gehe auch nicht davon aus, dass aus den Dreharbeiten auf der Höxteraner Weserbrücke ein Film entsteht, den sich die Stadt Höxter stolz ans digitale Revers heftet. Allerdings glaube ich auch nicht, dass der Streifen der Weserstadt oder gar der Landesgartenschau ernsthaft schaden wird. Aus mehreren Gründen. Erstens: Mario Barth spielt mit unserer Empörung. Wir hören, da wurden soundsoviel Millionen in den Sand gesetzt und ereifern uns. Durchaus zurecht, übrigens. Allerdings hat die Empörung eine relativ bescheidene Halbwertszeit. Worum ging’s noch mal in der letzten &bdquo;Mario Barth deckt auf“-Sendung? Der Beitrag über die Höxteraner Weserbrücke wird sicherlich die Gemüter erhitzen, da wird es dann hämische oder wütende Kommentare geben. Aber womöglich nur eine Werbepause lang, bis dann ein noch viel empörungswürdigerer Skandal in sonst wo &bdquo;aufgedeckt“ wird. Zweitens: Die Stadt Höxter, die für die Weserbrücke ja nichts kann, hat schon ganz andere Nachrichten weggesteckt. Wenige Jahre ist es her, da hätte sich sicherlich der eine oder andere in Höxter gewünscht, mit einem maroden Bauwerk in den Schlagzeilen zu stehen. Da überall, überregional und übermedial vom Horrorhaus von Höxter zu lesen, zu sehen, zu hören war. Von den Schrecken, der Folter, dem Horrorpaar. Ein Thema übrigens, das noch nicht vollends ausgestanden ist. Am 13. April, eine Woche vor Beginn der Landesgartenschau, fragte die &bdquo;NW“ &bdquo;Horrorhaus von Höxter: Kommt Wilfried W. in Sicherungsverwahrung?“ Grund: ein neuer Prozess. Und, hat der Horror der Stadt oder gar der LGS geschadet? Mit Sicherheit beantworten kann das natürlich niemand. Die Besucherrekorde, die die Landesgartenschau seit dem ersten Wochenende in regelmäßigen Abständen verkündet, könnten aber einen Anhaltspunkt geben. Und drittens: Steuerverschwendung ist kein Höxteraner Problem – schon gar nicht, weil im Falle der Weserbrücke das Land verantwortlich ist. Überall, landauf, landab, gibt es &bdquo;Projekte“, die vermeintlich so nur umgesetzt konnten, weil die Verantwortlichen nicht ihr eigenes Portemonnaie dafür öffnen mussten. Wenn niemand mehr diese Städte besuchen würde, wenn all die Politiker, Planer, Unternehmer als Aussätzige behandelt würden, dann wäre Deutschland ziemlich leer. Kontakt zur Autorin

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