Höxters bekannter Küster geht in den Ruhestand

Höxter. So ganz angefreundet hat sich Elmar Wolf noch nicht mit dem Ruhestand. Der Gedanke, dass am Samstag seine Zeit als Küster – zunächst in der St.-Nikolai-Kirche, später dann in den Kapellen des Seniorenhauses St. Nikolai und im St.-Ansgar-Krankenhaus – vorbei ist: &bdquo;Komisch“. Aber mit 68 Jahren hat der Höxteraner die Altersgrenze erreicht. Die Gefahr, dass Wolf sich langweilen könnte, die besteht sicher nicht. Denn er hat schon Pläne für die Zeit nach dem Beruf. Unter anderem will er bei der Landesgartenschau helfen. &bdquo;Wenn sich eine Tür schließt, dann öffnet sich eine andere“, muntert seine Frau Dorothee ihn auf. Und diese Redewendung passt eigentlich ziemlich gut zu Elmar Wolfs Leben. Oder besser: zu seinen zwei Leben. Elmar Wolf wird am 20. März 1955 in Höxter geboren. In der Weserstadt wächst er auch auf. Die Kirche, der Glaube, spielte immer eine Rolle für ihn. &bdquo;Das war ganz normal“, sagt er, &bdquo;man ging sonntags zur Kirche und nach der Kommunion wurde man Messdiener“. So auch er. &bdquo;Das war normal, das war gut.“ Nach der Grundschule geht es für Wolf aufs König-Wilhelm-Gymnasium. Er sei ein ganz ordentlicher Schüler gewesen. &bdquo;Ich hatte aber mehr Fußball im Kopf“, gibt er zu. &bdquo;Viel zu Hause gepöhlt“, zwischenzeitlich spielte er auch beim DJK Höxter (heute SV Höxter), außerdem &bdquo;Fußballbilder tauschen und nur die Tabelle im Kopf“, erinnert er sich und lacht. Doch all das soll sich schlagartig ändern. Als Wolf 16 Jahre alt ist, hat die Familie einen schlimmen Autounfall. Ein Lkw drückt den Wagen bei Uslar gegen eine Leitplanke. Das weiß er nur aus Erzählungen: &bdquo;Vom Unfall weiß ich nichts mehr.“ Die Kopfverletzungen seien zu stark gewesen. Der Junge überlebt den Unfall nur, weil ein geistesgegenwärtiger Ersthelfer einen Luftröhrenschnitt bei ihm macht. An diesem 10. Juni 1971 beginnt Elmar Wolfs zweites Leben. Trotz der schnellen Hilfe steht es nicht gut um den damals 16-Jährigen. Fünf oder sechs Wochen lag er im Koma, ehe er langsam aufwachte. Und dann, berichtet Dorothee Wolf, habe er neu lernen müssen: &bdquo;Laufen, sprechen, alles“. Ein Wink des Himmels bringt Wolf zur Kirche All das erlernt er neu. &bdquo;Weil ich 16 Jahre jung war, ging das ganz gut.“ Aber der Unfall hat auch unwiderrufliche Schäden hinterlassen. Er habe Konzentrationsschwierigkeiten, sagt Wolf. &bdquo;Namen?“, sagt er und winkt ab. Und im rechten Bein ist eine Spastik zurückgeblieben. Unter diesen neuen Voraussetzungen in seinem neuen Leben muss sich Elmar Wolf erst mal zurechtfinden. Anderthalb Jahre nach dem Unfall und nach etlichen Monaten der Reha versucht er, ans KWG zurückzukehren. &bdquo;Ich war überall grottenschlecht“, sagt er, besonders in den Sprachen. Alles, was er bis zum Unfall gelernt hatte, war einfach weg. &bdquo;Eine Quälerei ohne Aussicht auf Erfolg.“ Er geht von der Schule ab und will arbeiten. Ergotherapie hätte er sich damals vorstellen können, doch ihm und seinen Eltern wurde abgeraten: das sei ein Frauenberuf. Also lässt er sich zum Radio- und Fernsehtechniker umschulen. Eine ganz andere Richtung. Elmar Wolf lacht: &bdquo;Der Ausbilder hat mir so gut gefallen.“ Mit dem theoretischen Teil der Ausbildung kommt der Höxteraner gut zurecht. &bdquo;Aber wenn ich nachmittags vor den kaputten Geräten saß, die ich reparieren sollte, das habe ich nicht hingekriegt.“ Elmar Wolf erinnert sich an eine Begebenheit, als er in Detmold am Bahnhof saß und auf einen Zug wartete. &bdquo;Ich war völlig down“, sagt er. &bdquo;Dann kam eine Ordensschwester zu mir und sagte: Du wirst deinen Weg schon finden.“ Ein Zeichen? Ein Wink des Schicksals? Oder Gottes? Was es auch immer gewesen sein mag, das die Nonne zu dem jungen Elmar Wolf führte, sie hatte recht. Er fand seinen Weg – in die Kirche. Auguste Risse schlug es ihm vor, erinnert er sich. &bdquo;Das war eine gute Entscheidung“, sagt Elmar Wolf heute, beinahe 50 Jahre später. 1983 lernt Elmar Wolf seine Frau Dorothee kennen In Dechant Graefenstein, einem Mann &bdquo;mit einem weiten Herz und ökumenisch eingestellt“, findet der junge Mann einen &bdquo;väterlichen Freund“, wie es Dorothee Wolf ausdrückt. &bdquo;Der wusste von meiner Behinderung“, sagt Wolf, aber sie habe im Umgang mit dem Dechant nie eine Rolle gespielt. Wolfs Tagwerk besteht daraus, die Gottesdienste in St. Nikolai vorzubereiten, währenddessen zu assistieren und nachzubereiten. Parallel übernahm er von 1977 bis 2002 Hausmeistertätigkeiten in der gleichnamigen Kindertageseinrichtung. An seiner Seite: seine Frau Dorothee. Die gelernte Floristin, die eine Küsterprüfung gemacht hat, unterstützt ihren Mann bei seinen Aufgaben in der Kirche. Kümmert sich beispielsweise um den Blumenschmuck. &bdquo;Meine Frau Dorothee hat mir Jahrzehnte den Rücken gestärkt“, sagt Wolf. Dabei ist sie selbst auch berufstätig. Sie arbeitet als Hauswirtschafterin in einem Kindergarten. Etwas mehr als drei Jahre hat die 62-Jährige noch zu arbeiten, erzählt sie. Kennengelernt hat sich das Paar 1983, in Werl (Kreis Soest) &bdquo;bei den Franziskanern“. Eines Abends unterhalten sie sich und unterhalten sich und unterhalten sich. &bdquo;Wir haben bis 1 oder 2 Uhr geredet“, erinnert sich Dorothee. Als sie zu Weihnachten dann Rosen von Elmar Wolf bekam, &bdquo;da wusste ich, wo der Hase herläuft“. 2002 übernahm Elmar Wolf die Küsterdienste in den Kapellen des Seniorenhauses St. Nikolai und im St.-Ansgar-Krankenhaus. Dorothee findet, dass ihr Mann besonders für die Kapelle im Krankenhaus wie geschaffen war: &bdquo;Er ist dafür prädestiniert“. Denn neben dem schweren Unfall hatte Elmar Wolf auch Krebs, den er besiegen konnte und der bis jetzt &bdquo;Gott sei Dank“ nicht wiederkam. Er weiß also, wovon die Menschen sprechen, die die Krankenhauskapelle aufsuchen, um dort Trost zu finden. &bdquo;Zuhören“, sagt Elmar Wolf, &bdquo;das hilft schon“. Und das kann er offenbar sehr gut. &bdquo;Noch heute kommen die Leute zu ihm“, sagt Dorothee und lacht. Offizieller Abschied in der Kapelle im St. Ansgar Seine Zeit als Küster geht nun zu Ende. Am Samstag, 25. März, um 16.30 Uhr wird er in der Kapelle im St.-Ansgar-Krankenhaus offiziell verabschiedet. Einige Weggefährten und Begleiter werden dabei sein. Und dann geht das Leben nach der Arbeit los. Leben Nummer drei gewissermaßen. &bdquo;Es ist ja Frühling“, sagt Elmar Wolf, &bdquo;der Sommer kommt, ein guter Zeitpunkt“. Er will bei der Landesgartenschau im Schöpfergarten helfen. Und wer weiß, welche Türen sich noch öffnen.

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