Höxters Stadtgärtnerei-Chef geht in Ruhestand: „Mein Beruf ist mein Leben“

Höxter. Dass er eine Berufung hatte, war seinen Eltern früh klar: &bdquo;Er muss Gärtner werden“, hätten sie zu ihm gesagt, als er angefangen habe, als Kind Kiefernsamen zu sammeln und schließlich in den Boden zu bringen. Das ist lange her. Aber mit der Zeit blieb er seiner Passion treu: &bdquo;Mein ganzes Leben lang habe ich mich mit Pflanzen beschäftigt“, sagt Ralf Haffke. Ende April gibt der Stadtgärtnerei-Chef sein Amt in jüngere Hände. Aber die Themen Pflanzen, Gärtnern, Natur – mit all ihren Zusammenhängen – werden ihn im Ruhestand nicht loslassen, der deshalb also droht, ein Unruhestand zu werden. Einen ersten Job für die Zeit danach hat er schon. &bdquo;Mein Beruf ist mein Leben“, konstatiert Haffke, der selbst einen 800 Quadratmeter großen Garten hat. &bdquo;Der ist jetzt ein reiner Naturgarten“, sagt der 65-Jährige. Seitdem er seine privaten Grünflächen auch mit heimischen Pflanzen und Stauden bepflanzt, blühte nicht nur die Flora, sondern im übertragenen Sinne auch die Fauna auf. &bdquo;Man sieht, dass sich nach so einer Umstellung sofort etwas ändert: Käfer und Falter, die man vorher nie gesehen hat, tauchen auf, ebenso wie Vögel.“ Seine Erfahrung: Das funktioniere sofort, man sei begeistert, wenn man es versuche. Hobbygärtnern gibt er noch einen anderen Ratschlag mit auf den Weg: &bdquo;Nicht gleich alles wegharken, auch einmal etwas stehenlassen, Geduld haben.“ "Für Insekten ist das nutzlos“ Auf den Rückgang der Artenvielfalt und das Insektensterben hat der Stadtgärtner ganz konkret vor Ort reagiert. &bdquo;Die Landwirtschaft und die Forstwirtschaft kann ich nicht beeinflussen. Aber auf den städtischen Grünflächen und im Hausgarten kann ich einen Einfluss nehmen.“ Der Einfluss, den Haffke genommen hat: Auf städtischen Flächen werden immer mehr heimische Stauden gepflanzt, vielfach werden die sogar vor Ort gezogen. Denn: Oft könnten jene Staudenpflanzen, die im Weserbergland heimisch sind, nicht eingekauft werden. Das Prinzip &bdquo;viel mehr für die Natur“ gilt bei Haffke für die Baumpflege. &bdquo;Ich kämpfe für jeden alten Baum, bis es wirklich nicht mehr geht“, sagt er. Viele Gartenpflanzen, etwa die Forsythie, brächten der Natur gar nichts. &bdquo;Oft wird nur auf die Wirkung geachtet, für Insekten ist das nutzlos“, gibt er zu Protokoll. Weil die Forsythie nicht heimisch bei uns sei und weil die Insekten, denen die Forsythie etwas bringen würden, in Asien und oder, je nach Art, in Südosteuropa leben. Kommen in Deutschland also nicht vor. &bdquo;Hier ist grün statt grau geworden“ Bei der Landesgartenschau sei in vielen Bereichen genau darauf geachtet worden, meint der Stadtgärtnerchef. Dass heimische Pflanzen geschützt, aber auch wieder in den Boden kommen, von denen heimische Insekten profitierten. &bdquo;Hier ist grün statt grau geworden“, sagt er und zeigt auf sein Natur-Garten-Forum auf dem LGS-Gelände. Dann klingelt sein Mobiltelefon. Ein Gärtner hat eine Frage. Haffke hört zu, antwortet, &bdquo;nimm dazu die kleine Rüttelplatte“, vereinbart schließlich, dass er sich die Sache morgen einmal ansehen werde: &bdquo;Ich komme selbst rum.“ Dann erläutert er, dass der Gärtner eine Baumwurzel freigelegt habe. Die müsse nun mit Baumsubstrat wieder verfüllt werden. Haffke hat in Höxter Landespflege studiert, zunächst in der freien Wirtschaft gearbeitet und ist über die Stadt Brakel schließlich 1992 in der Verwaltung der Stadt Höxter angekommen. Dort hat er, wie er sagt, &bdquo;von der Pike auf“ alles mitgemacht, dann 1994 selbstfinanziert die Meisterprüfung im Garten-und Landschaftsbau abgelegt. 1996 hat er begonnen, ein Baumkataster aufzubauen und sich nebenher zum Sachverständigen für Baumpflege und Baumsicherheit ausbilden lassen. Vor zehn Jahren wurde ihm dann die Leitung der Stadtgärtnerei übertragen. Zuletzt hat er die Initiative Natur-Garten-Forum entwickelt, die auf der Gartenschau einen eigenen Bereich bekommen hat. Quer durchs Stadtgebiet Das Forum versteht sich als ein Ort, an dem der Austausch, die Information und Diskussion über Natur, Garten und alle Themen rund um die Biodiversität möglich gemacht werden soll. Die Schaufläche auf dem LGS-Gelände hat er nicht nur geplant, sondern beim Bau auch meist selbst Hand angelegt. Er hofft auf einen regen Austausch mit LGS-Besuchern und Gartenfans. Auch nach seiner Pensionierung wird er auf der Schaufläche präsent sein, berichtet er. Immer wieder führte ihn seine Arbeit quer durchs Stadtgebiet. Etwa an einem Mittwoch im Februar an die Nethe bei Ottbergen: Die Kopfweiden brauchen einen Schnitt, die Stadtgärtnerei muss Hand anlegen, Haffke ist mittendrin. Gibt fachliche Hinweise. Dann droht in Stahle ein Baum umzustürzen, hinfahren, begutachten, den Menschen die Angst nehmen. Über die Philosophie des Gartens Dabei folgt seine Idee von Gartenbau mittlerweile auch einer Philosophie. Und er hofft, dass er auch darüber in diesem Landesgartenschau Garten mit den Menschen ins Gespräch kommt, mit dem Nachdenken über die Dinge und die Welt. Durch das Sprechen über die Philosophie des Gartens würde aus der Fläche ein Garten der Philosophie. Themen hat er neben heimischen Stauden und dem richtigen Baumschnitt mehr als genug. &bdquo;Mit 50 habe ich begonnen, über die Endlichkeit des Lebens nachzudenken. Und über die Zeit. Wie genau muss unsere Zeitmessung eigentlich sein?“ Auch die Frage, was der Mensch als schön empfindet, ist für ihn ein Thema, ist eine Frage, mit der er sich beschäftigt und weiter beschäftigen wird. Seine Eltern hatten ihm ins Stammbuch geschrieben, er sei der geborene Gärtner. Damit hatten sie vermutlich recht. Der Philosoph Thomas von Aquin hat viel früher einmal geschrieben, dass Wahrheit die Übereinstimmung von Denken und Sein sei. Wenn der damit auch recht hatte, dann ist Haffke der Wahrheit gerade ziemlich dicht auf der Spur. Und im Idealfall gibt er seinem Nachfolger in der Stadtgärtnerei etwas mit auf den Weg, oder besser ins Beet: vielleicht einen Kiefernsamen.

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