An der Weserbrücke in Höxter sind jetzt Industriekletterer gefragt

Höxter. Für Lennard Wienand und Max Ruploh ist es fast wie Heimarbeit. Denn die beiden Industriekletterer aus Lichtenau und Bielefeld, die gerade unter der Weserbrücke Höxter hängen, sind normalerweise in halb Europa unterwegs. Ihre Aufgabe in Höxter: LED-Lichtleisten montieren. Auch wenn die schnell strömende Weser gerade Hochwasser führt und durchaus nicht ungefährlich ist – an Tagen mit strahlend blauem Himmel und wenig Wind macht die Arbeit richtig viel Spaß. &bdquo;Immerhin kein Salzwasser“, sagt Lennard Wienand. Er ist der Chef von Workair aus Lichtenau und bietet mit seiner Firma alle möglichen Formen von Montagen in luftiger Höhe an. Egal ob Blitzschutz, Werbeposter oder Sprinkleranlagen, Stahlbauten oder Masten – das Spektrum ist breit und herausfordernd. Da seilen sich sie auch schon mal in Chemievollschutzanzügen und mit Atemschutz irgendwo ab. Das ist wesentlich anstrengender als in der Sonne über der Weser. Da ist der Auftrag in Höxter einer der entspannten. Auf beiden Seiten der Brücke sollen LED-Leuchten unterhalb des Fußwegs angebracht werden. Das Licht dient nicht der Schifffahrt, sondern der Schönheit. Mit der Beleuchtung soll die Brücke akzentuiert werden. Messen und anzeichnen, bohren, dübeln, festschrauben. Das sind die Arbeitsgänge, die sich immer wiederholen. Nur ein paar Tage, dann soll alles fertig sein. Allerdings fehlt an einigen Stellen noch der Anstrich – das hält auf. Ein besonders sicherer Job Damit die Industriekletterer, deren ganz bürokratisch-offizielle Bezeichnung Seilzugangstechniker lautet, nicht für jeden Handgriff und jede neue Maschine und jede Schraube wieder über das Brückengeländer zurückhangeln müssen, gehen ihnen oben zwei Mitarbeiter der heimischen Firma Beckhoff zur Hand. Der Rest ist Routine. Zumindest fast. Denn was Lennard Wienand und Max Ruploh an diesem morgen sehr schnell gemerkt haben, ist das große Interesse an den Fortschritten auf der Höxteraner Weserbrücke und damit auch an ihrer Arbeit. Die beiden nehmen es gelassen. Gerade beugt sich eine ältere Frau staunend übers Geländer und ruft hinunter: &bdquo;Sie haben aber einen gefährlichen Job.“ – &bdquo;Ganz im Gegenteil“, ruft Lennard Wienand zurück. Denn Industriekletterer haben immer zwei Sicherungssysteme. Auch wenn eines ausfällt, kann nichts passieren. Die Gefahr ist bekannt, deswegen ist die Konzentration und Aufmerksamkeit groß. Und so sei die Branche diejenige, mit besonders wenigen Arbeitsunfällen, sagt Wienand. Wenn etwas runter fällt Was natürlich nicht heißt, dass den Höhenkletterern mal irgendwas aus der Hand fallen könnte. Größere Sachen wie Akkuschrauber und Bohrmaschinen sind in der Regel mittels Seil und Karabiner an ihrem Klettergurt befestigt. Ein Dübel oder eine Schraube hingegen könne schon mal verlorengehen. Während es bei der Arbeit an Hochhäusern dafür extra Sicherungsmaßnahmen gibt, ist das über der Weser nicht notwendig. Das versinkt in den Fluten. Wie so einiges, was hier vorbeigeschwommen kommt – von Kopfstütze bis Maurerkelle reicht an diesem Vormittag das Repertoire. Lennard Wienand und sein Kollege haben dafür aber keinen Blick. Hochkonzentriert arbeiten sie sich vorwärts. Sie haben mit Pausen nur sechs Stunden Zeit. Länger dürfen sie nicht an den Seilen hängen, denn die permanente &bdquo;Zwangshaltung“ im Klettergurt verlangt ihnen körperlich viel ab. Viele neugierige Blicke An die vielen neugierigen Blicke und die Fragen der Höxteraner Passanten haben sich die Höhenkletterer und Beckhoff-Mitarbeiter schnell gewöhnt. Nur auf eine Frage, die auch ihnen immer wieder gestellt wird, haben sie keine Antwort: Wann die Brücke endlich wieder für die Autofahrer öffnet. Der Landesbetrieb Straßen NRW als Bauherr will selbst aktuell keinen konkreten Zeitplan nennen, zumal erst am Wochenende wieder die Baustelle überflutet wurde. Immerhin sind die LED-Lichtpunkte für die Fußgänger im Brückengeländer inzwischen moniert. Leuchten können sie in der Dunkelheit jedoch noch nicht – es fehlen noch der Stromkasten und die Zuleitung, die von Westfalen Weser hergestellt werden muss.

Meistgelesen