Letzter Platz in der Versorgung: Im Kreis Höxter fehlen Kinderärzte

Kreis Höxter. Dass die Praxen von Kinderärzten aktuell rappelvoll sind, liegt auch daran, dass Infektionen der Atemwege bei Kindern in diesen Tagen sehr verbreitet sind – aber eben nicht nur. Eine ebenfalls große Rolle spielt dabei die Tatsache, dass der Kreis Höxter in Sachen Kinderarztversorgung auf dem hintersten Platz landet. Wo wenig Ärzte vor Ort sind, ist die Wartezeit generell länger als in Regionen mit einer hohen Arztdichte. Laut der aktuellen Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) gibt es im Kreis Höxter aktuell sieben Kinderärztinnen und -ärzte. Der Kreis erreicht damit einen Versorgungsgrad von 85,1 Prozent. Einen so geringen Versorgungsgrad hat kein anderer Kreis im Zuständigkeitsbereich der für Westfalen und Lippe zuständigen KVWL. Einen ähnlich niedrigen Wert erreicht lediglich der Kreis Borken – dort praktizieren ebenfalls sieben Kinderärzte. Allerdings ist der Versorgungsgrad dort wegen der etwas geringeren Einwohnerzahl höher als im Kreis Höxter und liegt aktuell bei 89 Prozent. Sprecher Daniel Müller stellt allerdings auf Nachfrage der &bdquo;Neuen Westfälischen“ klar: In keinem Planungsbereich in Westfalen-Lippe herrsche &bdquo;in der Fachgruppe der Kinderärztinnen eine Unterversorgung oder droht unmittelbar“. Eine Unterversorgung beginnt, nach dem von der Politik und den Krankenkassen gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen erarbeiteten Vorgaben nämlich bei Fachärzten wie den Kinderärzten erst ab einem Versorgungsgrad von 50 Prozent. Und der wird im Kreis Höxter tatsächlich – übererfüllt. Und er ist in den letzten Jahren sogar leicht gestiegen: Ende 2021 lag der Versorgungsgrad noch bei 79,7 Prozent, seitdem ist eine halbe Stelle hinzugekommen. Zwei weitere Kinderärzte und eine halbe Stelle könnten sich im Kreis noch ansiedeln, dann wäre der Versorgungsgrad bei 100 Prozent. Die Erkältungswelle Müller macht auch klar, dass das Problem voller Wartezimmer &bdquo;aktuell an vielen Orten“ bestehe. &bdquo;Ursache für die derzeitige Überbelastung ist zu einem Teil sicherlich die Pandemie, weil zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen aufgeschoben wurden“, sagt er. Zudem kämen derzeit vermehrt auch Kinder und Jugendliche mit Erkältungssymptomen in die Praxen. In seinen Augen ist die medizinische Erklärung für die hohe Zahl an Atemwegserkrankungen &bdquo;auch hier zu einem gewissen Teil die Pandemie: Auch Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen zwei Jahren Maske getragen und waren bemüht, sich aus dem Weg zu gehen“. Dadurch habe das Immunsystem ein Stück weit den Umgang mit Infektionen &bdquo;verlernt“. &bdquo;Die Zahl der Antikörper ist bei vielen so stark abgebaut, dass Infekte, die in der Vergangenheit leichter verlaufen wären, jetzt stärker wirken und hartnäckiger sind.“ Bei Kindern gebe es aktuell insbesondere auch viele Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV). Echte Grippe-Fälle mit dem Influenza-Virus seien bisher nur vereinzelt wahrnehmbar. Der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung meint, dass, &bdquo;um die Versorgung zu sichern und im solidarischen System bezahlbar zu halten“, nicht nur die Arztzahl in den Blick genommen werden dürfe, &bdquo;zumal diese nicht beliebig vermehrbar ist“. Vielmehr müsse ebenso auf die Rahmenbedingungen wie fehlende Medizinstudienplätze und die Inanspruchnahme geschaut werden. Zumindest aktuell dürfte das Problem der Inanspruchnahme der Versorgung im Fall der Kinderärzte keine Rolle spielen. Dass sich der Versorgungsgrad im Kreis Höxter auf absehbare Zeit allerdings deutlich verbessern wird, ist nicht sehr wahrscheinlich. Denn der Ärztenachwuchs ist, vereinfacht gesagt, nicht gerade ein Fan ländlicher Gegenden. Das sieht auch der Sprecher der KVWL als Problem: &bdquo;Generell wird die Nachbesetzung von Arztsitzen in vielen Regionen, vor allem im ländlichen Bereich, schwieriger, da sich nicht genug junge Mediziner für eine eigene Praxis entscheiden.“ Bei vielen jungen Ärzten spielen auch die Themen Work-Life-Balance und Freizeit wichtige Rollen, weshalb viele größere Praxisgemeinschaften oder ärztliche Versorgungszentren bevorzugten. Und die gibt es in der Regel eher in städtischen Gebieten. Das Nachwuchsproblem Aber ein weiterer Faktor spielt in den Augen der Kassenärzte-Vereinigung eine Rolle bei der Standortwahl für junge Ärztinnen und Ärzte: Dabei seien &bdquo;auch die sogenannten weichen Faktoren“ entscheidend: &bdquo;Wichtig ist zum Beispiel, ob ausreichend Praxisräume, Baugrundstücke, Kinderbetreuungsangebote oder Jobmöglichkeiten für den Partner oder die Partnerin in einer Ortschaft vorhanden sind.“

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