Forschungseinrichtung

Aus fürs Thünen-Institut in Höxter: Großes Unverständnis in der Politik

Die großen Parteien im Kreis Höxter setzten die Schwerpunkte ihrer Kritik aber ganz unterschiedlich.

Das Thünen-Institut sollte am Marktplatz in Höxter am Markt 4 einziehen – der Adler war schon gelandet. Foto: Simone Flörke | © Simone Flörke

12.10.2022 | 12.10.2022, 17:00

Höxter. Die Standortaufgabe des Thünen-Instituts in Höxter stößt auf breites Unverständnis – allerdings mit unterschiedlichen Argumentationen und verschiedenen Vorzeichen.

CDU Land

Der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Goeken zeigt sich „entsetzt“: Abgesehen von der fehlenden Kommunikation seitens der Bundesregierung seien vor allem der Verlust von Arbeitsplätzen und der Verlust einer wichtigen Forschungseinrichtung „unbefriedigend für die Region“: „Es ist für uns vollkommen unverständlich, dass plötzlich ein Standort aufgegeben wird, welcher schon lange geplant und bereits aufgebaut wurde. Räumlichkeiten wurde angemietet, ein Leiter des Standortes wurde mit Christian Hundt bereits gefunden. Herr Hundt hat sich, wie auch weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bereits in der Region niedergelassen“, so Goeken. „Dies zeigt, dass man durchaus Menschen dafür gewinnen kann, im ländlichen Raum zu arbeiten und sich dort niederzulassen. Durch attraktive Arbeitsplätze wird der ländliche Raum zudem aufgewertet.“

Eine plötzliche Aufgabe des Standorts sorge auch „für Verschwendung von Steuergeldern“, da Mietverträge geschlossen wurden und eingehalten werden müssten: „Das Thünen-Institut, welches auch zu Themen rund um den ländlichen Raum forscht, gehört in den ländlichen Raum. Ich würde es sehr begrüßen, wenn diese Entscheidung nochmals überdacht würde“, so der CDU-Landtagsabgeordnete.

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SPD Stadt

„Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Entscheidung des Bundes, die Ansiedlung des Thünen-Instituts für Innovationen und Wertschöpfung in ländlichen Räumen in Höxter zurückzunehmen, ist für unsere Stadt in vielerlei Hinsicht bedauerlich“, sagt auch der Co-Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Höxter, Olaf Peterschröder. Doch sagt er weiter: „Dass sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Haase und CDU-Landrat Michael Stickeln nun aber hinstellen und lauthals krakeelen, dieser vom Grünen-Minister Cem Özdemir gefasste Beschluss sei nur parteipolitisch zu erklären, lässt aber einen mehr als schalen Beigeschmack zurück: Glaubt man nämlich den aktuellen Berichterstattungen, so wurde die damalige Entscheidung zur Ansiedlung des Thünen-Instituts in Höxter entgegen der Empfehlung der Wissenschaftseinrichtung und nur aufgrund einer parteipolitischer Intervention durch die CDU bei ihrem damaligen CDU-Ministerium ,erwirkt’“, so Peterschröder. „Das alles hat bedauerlicher Weise wenig mit den konkreten Herausforderungen und Bedarfen vor Ort zu tun.“

„Die Transformationsprozesse angesichts der demografischen Veränderungen werden wir und alle anderen ländlichen Regionen nur selbst annehmen und als Chance begreifen können – sie lassen sich nicht mit ,Blaupausen’ eines Bundesinstitutes lösen, das ohnehin eben solche Muster gar nicht anbieten kann und will.“ Und dann geht er noch auf eine Idee seiner Partei für Höxter ein, die im Rat gekippt wurde: „Die CDU in Höxter hätte besser daran getan, sich den drängenden Fragen rund um das Thema Wohnen konstruktiv zu stellen und dem SPD-Antrag für die Erarbeitung eines Handlungskonzeptes Wohnen für die Stadt und die Ortsteile Höxters zuzustimmen. Stattdessen wischt CDU-Ratsfrau Karin Wittrock die Debatte in maßloser CDU-Arroganz und bei scheinbar völliger Ahnungslosigkeit mit den Worten ,falscher Zeitpunkt, falsche Formulierung’ vom Tisch: ,Jeder sieht, was er kennt!’ – nur was könnte das bei Frau Wittrock sein?“

CDU Kreis

Für die CDU-Kreistagsfraktion sagt Josef Lammers: „Diese Entscheidung offenbart einmal mehr die Ignoranz und Grundeinstellung der Grünen-Partei für uns im ländlichen Raum. Ein Institut, welches Modelle für die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen im ländlichen Raum entwickeln soll, möge dies bitte nicht nur theoretisch und in der Blase eines urbanen akademischen Umfeldes machen.“ Wenn durch eine derartige Entscheidung der ländliche Raum und auch noch die Kooperationspartner Technische Hochschule OWL und die Holzmindener Hochschule aktiv geschwächt würden, scheine dies für die Grünen „nur eine Nebensache“ zu sein.

Nach der Ideologie grüner Bundesminister tauge der ländliche Raum anscheinend nicht als Hort wissenschaftlicher Erkenntnis. Gut genug sei er „lediglich als Standort für gutachterlich festgestellt überflüssige Atommüll-Zwischenlager oder für Windkraft und Freiflächenphotovoltaikanlagen, für die die Bürger nach Fertigstellung wegen deren teuren Stillstands mangels Netzausbau und fehlender Speichermöglichkeiten bezahlen müssen“. Hierdurch würden weder die ausufernden Energiepreise durch Angebotssteigerung gesenkt, auch werde so die Energiewende nicht vorangebracht.

An den ländlichen Raum werden laut Lammers „unentwegt Forderungen gestellt“, sei es in Fragen der Mobilität, der Energie oder der Bewältigung der großen Herausforderungen von Flucht und Migration. Die Kommunen vor Ort seien es, die diese Herausforderungen bewältigen müssen. Es werde allerdings höchste Zeit, dass vonseiten der Ampel in Berlin auch entsprechende Förderungen auf den Weg gebracht werden, um die damit verbundenen Lasten ohne einen Kollaps der Kommunalen Familie schultern zu können. Die Wegnahme des Thünen-Institutes sei in diesem Kontext ein weiterer Beleg für eine kurzsichtige Symbolpolitik zum Schaden unseres Landes, insbesondere unserer ländlichen Räume wie dem Kreis Höxter“, so Lammers.

„Meine Fraktion und ich würden uns wünschen, wenn wenigstens die Kreis-Grünen ihren anscheinend ideologiegeprägten Parteikollegen und -kolleginnen im städtischen Berlin einmal erklären würden, was der ländliche Raum tatsächlich benötigt und wozu er zu leisten imstande ist. Dieses Land ist in weiten Teilen auf dem breiten Rücken des ländlichen Raums gebaut. Der urbane Bereich ist bei der Bewältigung der großen Herausforderungen wie z. B. Energie- und Nahrungsbereitstellung existenziell vom ländlichen Raum abhängig.“