Bürgertests kosten bald drei Euro: Was das für den Kreis Höxter bedeutet

Kreis Höxter. Lange Zeit war ungwiss, wie es mit den kostenlosen Bürgertestungen weitergeht, die am 30. Juni auslaufen sollten. Gestern nun verkündete Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, dass die Bürgertestungen, die bislang kostenlos waren, ab dem 1. Juli drei Euro kosten werden. Gratis blieben sie aber laut Agenturmeldungen für Kinder bis fünf Jahre, Schwangere in den ersten drei Monaten, Krankenhaus- und Pflegeheimbesucher, Haushaltsangehörige von Infizierten, Bewohner von Einrichtungen der Eingliederungshilfe und all diejenigen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Mitte der Woche berieten sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern über die weitere Vorgehensweise in der Corona-Pandemie. Dazu soll am 1. Juli ein Konzept vorgelegt werden. Auf Eckpunkte wollten sich die Minister in dieser Woche noch nicht einigen. Dabei steigt die bundesweite Inzidenz seit einigen Tagen wieder. Etwa im Kreis Höxter, der momentan mit Abstand die höchste Inzidenz in ganz Ostwestfalen-Lippe aufweist. Zudem wird in den kommenden Monaten eine erneute Corona-Welle erwartet. So befürchtet etwa der Virologe Christian Drosten bereits im September "sehr hohe Fallzahlen", heißt es in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Im Kreis Höxter gibt es über 40 Stellen, die Tests anbieten - privat organisierte ebenso, wie Apotheken oder Arztpraxen. Dass die Entscheidung, wie es mit den Bürgertestungen weitergeht, recht kurzfristig verkündet wurde, findet Thomas Rochell "unsäglich. Wir haben schon vor zwei Wochen darauf hingewiesen, dass es bitte nicht so gehen soll", sagt der Beverunger Apotheker und Vorstandsvorsitzende des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, der damit die fehlende Planungssicherheit für die Teststellenbetreiber bemängelt. Neben den drei Euro Selbstbeteiligung für die Bürger wurde außerdem bekannt gegeben, dass der Erstattungspreis pro Test von derzeit 11,50 Euro auf 9,50 Euro ab dem 1. Juli gesenkt werde. Damit zahlt der Staat fortan im Normalfall 6,50 Euro und die Bürger 3 Euro. Als Grund gab Bundesgesundheitsminister Lauterbach die derzeit sehr angespannte Haushaltslage an. Mit der neuen Regelung sollen die Kosten der Testungen von voraussichtlich fünf auf nur noch 2,7 Milliarden gesenkt werden. "Wir sind im Blindflug" "Ich kann das Argument der Finanzprobleme nachvollziehen", sagt Thomas Rochell. "Aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass Teststellen dicht machen werden. Denn die Betreiber müssen sich überlegen, ob das noch wirtschaftlich für sie ist." Denn die Testungen müssen organisiert werden. So hat der Beverunger Apotheker die Testungen aus seinem Geschäft ausgelagert, hält pro Tag ein bis zwei Mitarbeiter vor, die mit Haube, Maske und Schutzanzug ausgestattet werden müssen. Material- und Personalkosten, die ab dem 1. Juli mit einer um gut 20 Prozent verringerten Erstattung getragen werden müssen. Und nicht bloß die verringerte Erstattung ist ein Aspekt der Wirtschaftlichkeit. "Seit Ende März, Anfang April ist die Anfrage zurückgegangen", berichtet Thomas Rochell. "Viele Tests werden derzeit in Anspruch genommen, um sich frei zu testen." Dabei ergebe sich aber auch eine "unglaubliche Datenlücke." Denn die Teststellen melden lediglich die Anzahl der Tests, die Anzahl der positiven Ergebnisse und die Namen der positiv Getesteten an den Kreis und das Gesundheitsministerium, sagt Rochell. "Wir machen zu wenig aus den Möglichkeiten, die uns die Bürgertestungen geben." Das habe Konsequenzen für den Verlauf der Pandemie. "Wir sind im Blindflug." Es sei abzusehen, dass die Testkapazitäten eingeschränkt werden. Gleichzeitig wurde die Maskenpflicht abgeschafft. "Wenn man keine Alternative hat, dann halte ich das für fahrlässig", sagt der Beverunger Apotheker. "Wir treiben derzeit wie ein Stück Holz auf offener See - und der Herbst kommt erst noch."

Meistgelesen