Höxter Immer noch keine Gleichstellung: Was bringt der Weltfrauentag?

Höxter. Es ist Weltfrauentag. Unter anderem daran zu bemerken, dass Supermärkte Blumensträuße und Pralinen besonders stark bewerben oder dass Prozente bekommt, wer Kleidung oder Deko in den digitalen Einkaufswagen packt. Von solchen Aktionen hält Claudia Pelz-Weskamp, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Höxter, nichts. "Der Internationale Frauentag ist ein Tag für die Gleichstellung, es geht nicht darum, die Frauen zu ehren." Statt roter Rosen sollen handfeste Themen auf den Tisch. Denn auch im Jahr 2022 sind Frauen in vielen Bereichen nicht gleichgestellt. Das zeigt unter anderem auch der Equal-Pay-Day, der dieses Mal auf den 7. März fällt, also auf den Tag vor dem Weltfrauentag. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen beträgt 66 Tage. 66 Tage, die Frau quasi unbezahlt arbeitet. 66 Tage, die Gehälter von Männern voraus haben. "Ich bin jetzt seit zwölf Jahren Gleichstellungsbeauftragte, als ich anfing, lag die Lohndifferenz bei 22 Prozent." Laut dem Landesbetrieb Information und Technik NRW sind es heute 17 Prozent. Ist das nicht ernüchternd? "Es ist mühselig. Da muss ich manchmal tief durchatmen, wenn es immer wieder darum geht, dieselben Themen anzusprechen", sagt Pelz-Weskamp. "Gleiches betrifft auch Themen wie weibliche Altersarmut, Gewalt gegen Frauen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Frauen in die Politik." Braucht es dann solche symbolisch aufgeladenen Tage überhaupt? Sind solche Tage nicht viel mehr Alibi dafür, den Rest des Jahres einfach so weiterzumachen? Doch, der Weltfrauentag ist sinnvoll, sagt die Gleichstellungsbeauftragte. Um Themen Aufmerksamkeit zu verschaffen und Bilanz zu ziehen. Außerdem, fragt sie, wer sage denn, dass außerhalb der Aktionstage nichts passiere?"Jede Frau, die angegrabscht wird und sich das nicht gefallen lässt, kämpft für Gleichstellung, #metoo kämpft für Gleichstellung, in den öffentlichen Verwaltungen setzen sich die Gleichstellungsbeauftragten täglich für Gleichstellung ein, indem sie auf die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zum Beispiel bei Beförderungen und Einstellungen achten", sagt Pelz-Weskamp. 56 Prozent der Frauen in Teilzeit oder Minijob Dass faktische Gleichstellung aber noch nicht existiere, dafür gebe es Gründe wie verhärtete gesellschaftliche Strukturen. Und Stereotype etwa in der Werbung, bei der Berufswahl, aber auch in den Köpfen der Menschen. "Vor sieben, acht Jahren gab es noch Berufsprospekte, in denen das Pflegepersonal ausschließlich weiblich war und Mechatroniker stets männlich waren", sagt sie. Doch es ändert sich etwas, solche Rollenbilder werden aufgebrochen: "Das ist heute anders. Da ist dann auch eine Frau im Blaumann abgebildet." Beruf, Bezahlung - das sind entscheidende Punkte, wenn es um Gleichstellung geht. Denn nach wie vor werden Berufe, die als klassische "Frauenberufe" angesehen werden, schlechter bezahlt. "Dabei haben wir jetzt in der Pandemie gemerkt, dass diese besonders wichtig sind." Finanziell wird das nicht honoriert. Ein strukturelles, gesellschaftliches Problem. Aus dem weitere resultieren.Sobald Kinder da sind,Weil Frauen häufig weniger verdienen, ist die Diskussion oft schnell zu Ende. "Dabei verdient auch derjenige, der weniger Geld verdient, die Chance, zu arbeiten, im Beruf Erfolg zu haben und Rentenpunkte zu sammeln", sagt Pelz-Weskamp. Gleichzeitig hätten auch Männer das Bedürfnis, Zeit mit der Familie zu verbringen.56 Prozent der Frauen in NRW arbeiten in Teilzeit oder Minijobs (Männer: 16 Prozent), das macht sich dann spätestens bei der Rente extrem bemerkbar. "Wenn Frauen zu Hause bleiben möchten, um die Kinder zu erziehen, ist das vollkommen in Ordnung, aber das Paar muss gemeinsam besprechen, wie die Frau dann finanziell abgesichert wird, wie der finanzielle Ausfall für die Frau im Alter oder bei Trennung kompensiert wird", mahnt Pelz-Weskamp. Ansonsten dreht sich die Spirale weiter bis zum Thema Altersarmut, von der besonders Frauen betroffen sind. "Die Frauen müssen sich kümmern." Echte Gleichberechtigung gebe es aber erst dann, wenn Frauen finanziell unabhängig seien. "Messbare Erfolge" Höxter, sagt Claudia Pelz-Weskamp, stehe in Sachen Gleichberechtigung nicht schlechter da als irgendeine andere Stadt. Eher besser, würde sie sagen. Sie zählt das Siegel für familienfreundliche Unternehmen auf, um das sich Betriebe bemühen, das "starke Frauennetzwerk", Veranstaltungen zu gleichstellungsrelevanten Themen, die von beiden Geschlechtern gut besucht würden oder Plakataktionen, die für viel Feedback gesorgt hätten. Es gibt, das ist Claudia Pelz-Weskamp wichtig, auch "messbare Erfolge": "Vor circa drei Jahren haben einige Bürgerinnen bei einem unter anderem von mir initiierten Mentorenprogramm 'Frauen in die Politik' teilgenommen, die inzwischen in unserer Region wichtige politische Ämter übernehmen konnten." Das zeige: "Wenn man sich einsetzt, kann man gesteckte Ziele erreichen."

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