Coronavirus: Impfzentrum in Höxter geplant

Kreis Höxter. Impfen zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten. Hausärzte sind, seitdem die Impfzentren geschlossen sind, quasi alleine für eine Annäherung an die Herdenimmunität verantwortlich. Alle, die sich nun doch noch für das Vakzin entscheiden, oder die einen Booster wollen, wenden sich an die Allgemeinmediziner. Die Ärzte in der Region sind sich zwar weiterhin sicher, "wir schaffen das", wie der ehemaliger Leiter des Impfzentrums, Jens Grothues, sagt. Die Politik will aber wohl auf Nummer sicher gehen. Oder, in Grothues' Worten: "Sie treibt uns vor sich her." Worum geht es? Karl Lauterbach, gesundheitspolitischer Sprecher der Bundes-SPD, fordert, aufs Booster-Gaspedal zu treten. Damit gemäß der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) die Über-70-Jährigen schnell die Auffrischungsimpfung bekommen, sollten die Impfzentren reaktiviert werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn legt nach. Stichwort: Booster-Gipfel von Bund und Ländern. Sein Ministerium empfiehlt den dritten Piks auch Über-60-Jährigen und betont, dass grundsätzlich jeder ein Anrecht auf den Booster hat. Als "wilden Aktionismus" bezeichnet Ulrich Polenz, Leiter der KVWL-Bezirksstelle Paderborn, zu der auch der Kreis Höxter gehört, die Idee, die Impfzentren wiederzubeleben. Schon alleine, weil die Impfzentren in NRW zurückgebaut seien. Zwar wurde beispielsweise im Kreis Höxter die Infrastruktur wie Computer eingelagert und Polenz geht davon aus, dass im Kreis Paderborn ähnlich verfahren wurde, doch beispielsweise der Halle in Salzkotten "sieht man nicht mehr an, dass die mal ein Impfzentrum war". Grothues erwartet neue Impfempfehlung "Ein Impfzentrum im Kreis Höxter wird es so nicht mehr geben", sagt auch Jens Grothues im Gespräch mit nw.de. Zu lange würde es dauern, eines herzurichten. Im Kreis Höxter - "wir bereiten uns im Hintergrund vor, wir sind ja nicht untätig" - planen die Hausärzte mit Schwerpunktpraxen. Für drei, vier Städte habe er die Praxen bereits benannt, sagt Grothues, und nennt Steinheim, Bad Driburg und Beverungen. Da er selbst in Beverungen eine Praxis betreibt, ist davon auszugehen, dass diese den Job dort übernehmen wird. Gleichwohl nennt der Hausarzt keine Namen. Zusätzlich ist ein "Mini-Impfzentrum" in der Kreisstadt Höxter im Gespräch. Vielleicht in leerstehenden Räumlichkeiten. Grothues geht davon aus, dass die Stiko ihre Impfempfehlung kurzfristig anpassen wird. Also den Booster für alle empfiehlt. Und das würden die Hausärzte dann ohne Schwerpunktpraxen und Mini-Impfzentren nicht mehr schaffen? "Doch", sagt Grothues. Sie würden noch mehr schaffen, vorausgesetzt, nicht jeder erwarte sofort einen Termin. Das geht schon alleine der Impf-Infrastruktur wegen nicht, wie Grothues erklärt. "Es gibt einen 14-tägigen Vorlauf von Impfstoff-Bestellungen." Das heißt, was er heute ordert, wird erst in zwei Wochen geliefert. Und die Bestellmenge richtet sich ja nach den Terminen, die heute schon vereinbart sind. Der Booster für alle wird dabei durchaus kritisch gesehen. Grundlage der Überlegung sei eine Impfdurchbruchquote von rund 0,2 Prozent, sagt Polenz. Also der Anteil derjenigen Menschen, die doppelt gegen das Coronavirus geimpft sind und trotzdem mit Symptomen erkranken. "Mit der Drittimpfung für die breite Masse retten wir nur ganz, ganz wenige Menschen, aus meiner Sicht ist das der falsche Weg", sagt Polenz. Zudem die wenigsten im Krankenhaus behandelt werden müssten. Warum wird der Booster für alle dann trotzdem gefordert? "Wir haben festgestellt, dass ein Leben mit Lockerungen viel angenehmer ist als eines ohne, dabei müsste man aus meiner Sicht überprüfen, welche Lockerungen wieder aufgegeben werden könnten." Allem voran fiele ihm die Maskenpflicht in Schulen ein. "Ich kann nicht verstehen, warum die zu diesem Zeitpunkt aufgegeben wurde", sagt er mit Blick auf die rasant steigenden Inzidenzen. Die Wissenschaftler ja aber voraussagten. "Die Regierenden haben die Sorge, man könne ihnen Untätigkeit vorwerfen." Also täten sie etwas, um etwas zu tun. Ärzte wütend über Äußerungen der Politik Polenz, der selbst eine Praxis in Paderborn-Wewer betreibt, ist "angefressen". Einerseits, weil die Politik nicht mehr auf die Wissenschaft höre, andererseits weil einige den Ärzten offenbar die Schuld an der stagnierenden Impfquote geben. "Nach der Schließung der meisten Impfzentren erfüllen die Praxen die in sie gesetzten Erwartungen erkennbar nicht, weder bei den Erst- noch bei den Booster-Impfungen", sagte beispielsweise Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. Polenz macht das wütend. Er habe gerade einen Aufnahmestopp für neue Patienten verhängen müssen, weil oft bis in die Abendstunden in seiner Praxis geimpft würde, stapelten sich die Überstunden, außerdem mache die elektronische Krankschreibung, die bei ihm im Januar eingeführt wird, zusätzlich Arbeit. Jetzt noch der Booster für alle - und zwar sofort? Klappt nicht, sagt er: "Das schafft auch kein Impfzentrum."

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