Geimpft oder genesen? So stehen Gastronomen im Kreis Höxter zum 2G-Modell

Kreis Höxter. Zu Restaurants, Kinos und anderen Einrichtungen im Kreis Höxter erhält derzeit nur Zutritt, wer gegen das Coronavirus geimpft, von einer Corona-Erkrankung genesen oder im Besitz eines frischen Negativ-Tests ist. 3G heißt das Konzept. Es gilt, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt jenseits der 35 liegt. Doch längst geht das Schreckgespenst 2G um. Und das schlägt all jenen die Tür vor der Nase zu, die nicht als immunisiert gelten. Für sie wächst der Druck. Dazu hat auch die Stadt Hamburg beigetragen. Dort gilt: Wenn sich Gastronomen und Clubbesitzer entscheiden, nur noch Geimpfte und Genesene einzulassen (2G), kommen sie in den Genuss von Lockerungen. Beispielsweise müssen sie bei der Bestuhlung nicht mehr auf Abstände achten. Damit können sie mehr Gäste bewirten. Ähnliche Diskussionen werden auch in anderen Bundesländern geführt. Für NRW hat Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann 2G eine Absage erteilt. Doch was sagen Gastronomen im Kreis Höxter? Rein rechtlich ist 2G auch in NRW längst möglich Fakt ist: Schon jetzt dürfen sie Gästen ohne Corona-Impfung den Zutritt verweigern. So heißt es auf Anfrage vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW (MAGS): "Es bleibt zum Beispiel Veranstaltern, Fußballvereinen oder Gastronomen unbenommen, in ihrer Verantwortung eine 2G-Regel einzuführen." Grundlage dafür ist das von ihnen ausgeübte Hausrecht, sagt Ulrich Krätzig, Arbeitsrechtler aus Höxter. "Damit dürfen sie entscheiden, wer reinkommt und wer nicht." Diese Befugnis wäre begrenzt, wenn eine Einrichtung Monopolcharakter hätte; wenn es den Menschen also an Alternativen fehlen würde. Der letzte Lebensmittelladen auf Helgoland zum Beispiel dürfte den Zugang derart nicht beschränken, scherzt Krätzig. Das Restaurant um die Ecke hingegen schon, weil es nicht gleichermaßen für die Grundversorgung nötig ist. Für Mandy Lukaszek ist schon die Debatte über 2G und 3G "ein absolutes No Go". Trotz der Zumutung hat die Betreiberin des Alten Fährhauses in Beverungen eine klare Position: Sie wird bei 3G bleiben. Von der Möglichkeit, zu 2G zu wechseln, macht sie keinen Gebrauch. Auch mit der Aussicht auf weniger Beschränkungen wie im Hamburger Modell wäre sie nicht zu locken. "Jeder hat das Recht dort hinzugehen, wo er möchte", findet Lukaszek. "Und ob man sich impfen lässt oder nicht, ist die eigene Entscheidung", kommentiert sie den zunehmenden Druck auf Ungeimpfte. "Ich würde die Sitzordnung so lassen" Christian Potthast, Betreiber des Wirtshauses Strullenkrug in Höxter, sieht eine indirekte Impfpflicht aufziehen. Vor allem, wenn sich immer mehr Einrichtungen für 2G entscheiden sollten. "Das fände ich nicht so prickelnd, auch, wenn es sicher gut ist, dass sich jeder impfen lässt." Mit Lockerungen wäre auch er nicht zu ködern. Denn sein Restaurant bietet Platz für 70 Gäste mit Abtrennungen aus Plexiglas. Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit bewirtet er nur sechs Gäste weniger. "Das ist nicht soviel. Ich würde die Sitzordnung so lassen." So hält es auch Rainer Bruns, der das Hotel und Restaurant Höxter am Jakobsweg in Ovenhausen betreibt. "Ich bleibe bei 3G, um bei einer Gruppe aus zehn Leuten den einen Ungeimpften nicht ausschließen zu müssen." Es sind pragmatische Probleme genau dieser Art, die Joachim Avenarius, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) im Kreis Höxter, auf Standesgenossen zukommen sieht, die sich für 2G entscheiden. Beispiel: Das verwandtschaftliche Kaffeetrinken nach einer Beerdigung. "Wenn die Mutter gestorben ist, dürfte ein ungeimpfter Sohn nicht ins Lokal, alle anderen aber schon", so Avenarius. So eine Trauergesellschaft würde sich vermutlich eher für ein 3G-Lokal entscheiden. Ein anderes Beispiel: Die Jahreshauptversammlung eines Schützenvereins. Dürften Ungeimpfte nicht teilnehmen? Und würde sich das Lokal eine solche Veranstaltung entgehen lassen? Vermutlich nicht. Arbeitsrechtler kritisiert Hamburger Modell "Ich kenne keinen einzigen Gastronomen im Kreis, der sich 2G wünscht", fasst Avenarius, der drei Hotels in Bad Driburg und Willebadessen betreibt, seinen Eindruck zusammen. "Ich selber bin auch kein Fan einer 2G-Regelung", sagt der Hotelier. Arbeitsrechtler Krätzig findet es bedenklich, wie Hamburg derzeit versucht, Druck auf Ungeimpfte aufzubauen. Denn letztlich läuft in der Hansestadt ein Deal mit den Gastronomen: "Ihr kriegt Lockerungen nur, wenn ihr, liebe Gastronomen, euer Hausrecht benutzt, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Man nutzt das Hausrecht als Hebel, um öffentlich-rechtliche Interessen durchzusetzen", skizziert Krätzig den Handel. Das Ziel in diesem Fall: eine Steigerung der Impfquote. Die Alternative - vom Staat verordnete Zutrittsverbote - hätte nach Einschätzung Krätzigs kaum Bestand. Denn um die Infektionsgefahr zu mindern, die von Nicht-Immunisierten ausgeht, gibt es schließlich noch andere Mittel, als Nicht-Immunisierte auszuschließen: "Die entsprechenden Menschen ziehen sich einfach eine Maske auf und gut ist." Im Kern geht es also um die Frage der Verhältnismäßigkeit. Die stünde auch im Zentrum, sollten Kommunen flächendeckend 2G einführen wollen. Laut einem Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums könnten sie schon heute – in Rücksprache mit dem Ministerium – strengere Regeln als die der Coronaschutzverorndung erlassen. "Beim Vorschlag von Kommunen flächendeckend 2G anzuwenden, würde das MAGS vor dem Hintergrund des jeweils konkreten Infektionsgeschehens in der Kommune prüfen, ob 2G eine geeignete und verhältnismäßige Gegenmaßnahme ist."

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