Kreis Höxter. In den Weihnachtsferien werden meine Frau, die Kinder und ich oft im Wald unterwegs sein. Sie auch? Wie so oft in diesem sehr herausfordernden Jahr und besonders in den Tagen zwischen Weihnachten bis Neujahr bietet der Wald eine großartige Möglichkeit, um abzuschalten. Die ohnehin traditionellen Weihnachts-Neujahrs-Waldspaziergänge werden wir ausweiten, so wie in Corona-Zeiten sicher viele von Ihnen auch.
Sportvereinstraining, Reitstunden oder spontaner Freizeit-Fußball, das alles findet auch bei uns seit Wochen nicht mehr statt. Da ist der Wald als Ausgleich- und Ausweichmöglichkeit für Familien perfekt geeignet. Ich freue mich als Förster, dass man seit Monaten allen Generationen im Wald begegnet. Vom Spazierengehen und Wandern über das Joggen bis hin zum Mountainbiken, nutzt jeder den Wald auf seine Weise (und nimmt immer Rücksicht auf die anderen). Dabei stellen die Waldbesucher fest, dass sich im Grünen viel verändert hat und in den Hochstift-Wäldern auch gerade viel passiert. Denn auch wenn der Wald von vielen Menschen als Freizeit- und Erholungsraum gerade neu entdeckt und wertgeschätzt wird, steigt die Fieberkurve des kranken Waldes angesichts der Auswirkungen des Klimawandels weiter an.
Aber es geschieht auch vieles im Kleinen
Es ist selbstverständlich und auch notwendig, dass die Waldbesitzenden und Forstbetriebe auf das Sterben der Bäume reagieren, das Holz bestmöglich nutzen und versuchen, trotz der Krise noch ein schmales Einkommen aus ihrem Wald zu ziehen. Mein Eindruck ist, dass die Aufarbeitung der Waldschäden hier bei uns in der Region verantwortungsbewusst und trotz der gewaltigen Schäden auch umsichtig geschieht.
Bei Ihrem Waldspaziergang sehen Sie die Folgen des Waldsterbens schon auf den ersten Blick: tote Fichten, geräumte Flächen, große Forstmaschinen, matschige Wege. Das sieht nicht immer schön aus. Aber es geschieht auch vieles im Kleinen, im Verborgenen, ohne dass Sie es als Waldspaziergänger unmittelbar bemerken: Die Walderneuerung hat mit dem Auskeimen kleiner Bäume schon begonnen. Die natürliche Sukzession beginnt, neue Bäume werden gepflanzt. Gut so! Tierarten, die Sie eher aus dem Offenland kennen, nutzen die Flächen, die noch vor wenigen Jahren geschlossener Fichtenwald waren. Auch wenn gerade Winterpause in der Natur ist und die Farben oftmals fehlen, versichere ich Ihnen: Die Wälder werden wieder wachsen und ihre Zukunft wird bunter, das heißt gemischter und vielfältiger. Und das muss auch so sein. Denn die Klimafolgen im Wald erfordern andere Konzepte. Den Weg hatten wir Förster schon länger eingeschlagen. Doch mit derart dramatischen Auswirkungen der aktuellen Waldkrise haben weder Forstleute noch Waldbesitzende rechnen können.
Zur Ruhe kommen und über das ein oder andere nachdenken
Resignation und schlechte Stimmung stellt sich bei mir aber nicht ein. Hoffentlich auch nicht bei Ihnen nach diesem für so viele von uns so schwierigen Jahr. Nach den Waldspaziergängen genieße ich den Blick auf unseren Weihnachtsbaum. Der war früher in unserer Region übrigens eine Fichte aus dem Wald. Heute hat ihre Rolle überwiegend die Nordmanntanne aus der Plantage eingenommen. Meine Familie ist übrigens schon vor Jahren von der duftenden Douglasie hin zur klassischen Fichte, die, regelmäßig gegossen, spielend bis in den Januar die Nadeln hält, umgeschwenkt.
Der Jahreswechsel bietet uns die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen und über das ein oder andere nachzudenken – auch über den Wald und seine Geschichte. Lassen Sie bei Ihren Spaziergängen im Wald denselben auf sich wirken. Beobachten Sie: ganz still, ganz ruhig, ganz aufmerksam. Dann werden Sie Ihr ganz persönliches Wald-Weihnachtserlebnis haben: ob mit rufendem Kolkrabe oder mit Moosgeruch, mit einem schönen Stück Rinde oder einem spektakulären Sonnenuntergang. Der Wald wird wirken. Und durch die Erlebnisse werden wir ihn nicht vergessen. Und genau das hat er verdient.