Zum 25-Jährigen Jubiläum: Bischof Anba Damian aus Brenkhausen zieht Bilanz

Brenkhausen. Vor 25 Jahren wird ein Mann von zweit weiteren durch die Markuskathedrale in Kairo geführt. Sie halten ihn fest. Links und rechts rahmen sie ihn ein. Was sich nach Entführung anhört, ist Teil eines religiösen Rituals. Denn im Verlauf der folgenden Zeremonie lässt sich der Festgehaltene durch Handauflegung von Papst Schenuda III. zum Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche weihen. Zum ersten, der speziell der koptischen Gemeinde in Deutschland mit ihren rund 20.000 Gläubigen vorstehen und ihr oberster Repräsantat werden soll. Seitdem ist der Mann, der mit bürgerlichem Namen Refaat Fahmi heißt und 1955 in Kairo geboren wurde, als Bischof Anba Damian bekannt. Doch wie er berichtet, ist das Festhalten der Bischofskandidaten nicht bloß Brauch. Nein, tatsächlich sei es darum gegangen, Bewerber an der Flucht zu hindern. Denn manch einer habe sich vor solchen Weihzeremonien aus dem Staub machen wollen. Und auch Bischof Damian war etwas mulmig zu Mute. "Ich verspürte kein sonderlich freudiges Gefühl", erinnert er sich heute. "Ich wusste, dass das Amt mit viel Last und sehr großer Verantwortung verbunden ist." Doch Bischof Damian, der Medizin in Kairo studiert hatte und in Deutschland unter anderem als Oberarzt für Radiologie praktizierte, machte keine Anstalten zu türmen. Auch erhob keiner der Anwesenden Einspruch, als er wiederholt durch das Kirchenschiff geführt wurde. Nun, nach 25 Jahren im Amt zieht Damian Zwischenbilanz, eine positive. Harte Anfangszeit in Brenkhausen Bereits seitdem er zwölf Jahre alt ist, habe er Geistlicher werden wollen, erinnert sich Bischof Damian. Nach dem frühen Tod des Vaters habe er dessen Platz einnehmen müssen. Als einziger Sohn sorgte er für seine vier Geschwister. Nach "Erfüllung der Pflichten gegenüber seiner Familie" sei er ins Kloster eingetreten. 1993 wurde er zum Priester geweiht. Dann, 1995 zum Bischof. 1981, im Zuge seiner Facharztausbildung, sei er erstmals nach Deutschland gekommen. Auch wegen seiner Sprachkenntnisse hatte Papst Schenuda III. Damian ausgewählt, eine Diözese für die koptischen Christen in Deutschland zu gründen. Kopten verstehen sich als "die ursprünglichen Christen Ägyptens und führen ihre Gründung auf den heiligen Apostel und Evangelisten Markus" zurück, heißt es auf der Brenkhäuser Klosterseite. Bischof Damian sollte verhindern, dass sich die jungen Menschen weiter von ihrer Kirche entfernen und von seinem Bischofssitz im Kloster Brenkhausen aus deren Bekanntheit steigern. Doch das befand sich lange Zeit in einem "beklagenswerten Zustand", wie es auf der Klosterseite heißt. Für den symbolischen Preis von einer Deutschen Mark erwarb die Koptische Kirche 1993 das ehemalige Zisterzienserinnen- und Benediktinerinnen-Kloster vom Land. Nach und nach wurde es unter Damians Anleitung zur ökumenischen Begegnungsstätte, zum Ausflugsziel und zum Tagungsort entwickelt. Doch Damian erinnert sich auch an die Anfänge. "Es war hart", sagt er. Sein Schlafzimmer in der heutigen Taufkapelle teilte er sich mit Fledermäusen. "Und um in der obersten Etage des Ostflügels auf die Toilette gehen zu können, musste ich bei Kälte und Schnee durch den Innenhof.", nennt er Beispiele für das entbehrungsreiche Leben. Und warmer Tee - einem geschenkten Wasserkocher sei Dank - "war damals in der kalten Ruine ein reiner Genuss." Angeschlossen wurde der per Verlängerungskabel. Sympathie durch ein "Schlückchen Bier" Doch über die Jahre seien die Bauarbeiten nach denkmalrechtlichen Vorgaben zu einem "Nebenprozess" geworden. "Viel wichtiger sind die Beziehungen", sagt Damian. Zu Menschen, Religionen, Konfessionen und Universitäten. "Sehr stolz bin ich auf die Beziehung zur Bundeswehr", sagt Damian. Für Mitglieder der Truppe finden im Kloster seit 15 Jahren koptische, evangelische und katholische Seelsorgeseminare statt. Ein weiteres Highlight: Eine Wallfahrt nach Lourdes auf Einladung des damaligen Verteidigungsministers Franz Josef Jung. Nach den negativen Erfahrungen seiner bisherigen Amtszeit gefragt, nennt Damian nur ein Vorkommnis. Direkt nach dem Terroranschlag vom 11. September war er samt Reisekoffer in einem "Bummelzug" Richtung Tübingen unterwegs. Dort wurden einige Jugendliche auf ihn aufmerksam. "Sie fragten mich: Na Osama willst du uns töten? Findest du uns hässlich?" - "Nein, sehr sympathisch", habe er geantwortet. Sie boten ihm ein Bier an. "Ich habe gesagt: Eigentlich trinke ich nicht, für euch mache ich eine Ausnahme." Von da an sei die Stimmung gekippt - zum Positiven. "Die Jugendlichen haben mich regelrecht interviewt. Aus Lästerung und Missachtung ist eine freundschaftliche Atmosphäre entstanden", erinnert sich Bischof Damian. "Mit dem Schlückchen Bier habe ich gezeigt, dass ich zu Ihnen gehöre." Man müsse "locker sein" und auf Menschen zugehen. Letztlich versprachen die Jugendlichen sogar, Damian im Kloster Brenkhausen zu besuchen. Was sich Damian für die Zukunft wünscht Gekommen sind sie nie. Wegen Corona sei es auch sonst still geworden im Kloster. "Stornierung aller Veranstaltungen, Gruppen und Seminare", berichtet Damian. "So ein Gefühl der Ruhe", das Damian und seine bis zu 32 Mitarbeiter im Kloster, Gästehaus und Restaurant genutzt haben: Ein eigenes Büro für seine Sekretärin. Restaurierung aller Ikonen im Kloster sowie der zerfallenen Sandsteinplatten im Refektorium, dem Speisesaal des Klosters. Bau eines Kamins und Neuanstrich für viele Wandflächen des Süd- und Westflügels. Auch seien zwei barrierefreie Räume für Klosterbesucher im Rollstuhl vorbereitet worden. Was er sich für die kommenden Jahre wünsche? "Einen organisierten Freundeskreis für das Kloster", antwortet Damian. In Form eines Vereines zum Beispiel, mit dem er bei regelmäßigen Treffen Pläne und Wünsche besprechen kann. Wegen Corona konnte übrigens auch keine Jubiläumsfeier stattfinden. "Aber ich weiß auch nicht, ob eine Feier notwendig ist. Notwendig ist aber, zu danken. Gott, der mich in seinem Dienst gewollt hat, den Würdenträgern aller Konfessionen, den Politikern aller Ebenen, meinen Mitarbeitern und den regionalen Zeitungen, die zur Akzeptanz in der Bevölkerung beigetragen haben", sagt Damian. "Ich bin so glücklich und dankbar, hier in Deutschland leben zu dürfen. Der Wohlstand und die Herzlichkeit sind mir sehr bewusst und ich sehe sie zu keinem Zeitpunkt als Selbstverständlichkeit."

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