Mehr Geld für Rathauschefs und Landrat im Kreis Höxter

Kreis Höxter. Die Bürgermeister und der Landrat erhalten rückwirkend zum Teil deutlich mehr Geld. Wie sich die vom NRW-Landtag schon vor einiger Zeit beschlossene Erhöhung auf die Amtsträger im Kreis Höxter auswirkt, hat jetzt der SPD-Kommunalpolitiker und ehemalige Landtagsabgeordnete Jürgen Unruhe ausgerechnet. &bdquo;So erhöht sich das sogenannte Krawattengeld – die steuerfreie Aufwandsentschädigung – für Bürgermeister von Gemeinden bis 20.000 Einwohner von bisher 223 auf immerhin 803 Euro monatlich. Noch besser wird es für Bürgermeister, die schon einmal wiedergewählt wurden: Eine Wiederwahlprämie von acht Prozent auf das Grundgehalt bekommen diese, nochmals 664 Euro (Stufe B 3) mehr und dies alles rückwirkend zum 1. Januar 2020", rechnet Unruhe vor. Beschluss zur "Unzeit" Für ihn kommt die von der CDU-geführten Landesregierung beschlossene Erhöhung völlig zur Unzeit. &bdquo;Während Arbeitnehmer in Kurzarbeit geschickt werden, einigen Selbstständigen der Boden unter den Füßen finanziell wegbricht und die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise auf die öffentlichen Haushalte noch nicht abzusehen sind, erhöht das Land NRW die Aufwandsentschädigung und Zulagen für Bürgermeister und Landräte", so Jürgen Unruhe, stellvertretender Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes Höxter. Fast schon &bdquo;skurril" mute es an, &bdquo;dass auch die Einwohnerzahl und damit die Einstufung in die Besoldungsstufe aufgehübscht wird", so der Steinheimer Kommunalpolitiker. So würden bei den Städten neuerdings die Übernachtungszahlen von Gästen prozentual der Einwohnerzahl zugerechnet. Unruhe zu den Auswirkungen: &bdquo;Dieses bedeutet im Kreis, dass vier von zehn Bürgermeistern eine Gehaltsstufe höher eingruppiert werden. In kleineren Kommunen unseres Kreises steigerten sich, auch durch weitere Anpassungen, die Bezüge der Amtsinhaber in dieser Legislaturperiode um über 35 Prozent." Kritik vom Bund der Steuerzahler Beschlossen wurde die Erhöhung fast unbemerkt in der Hochphase der Corona-Beschränkungen am 1. April. &bdquo;Leider war es kein Aprilscherz", sagt Unruhe. Auch der Bund der Steuerzahler kritisiert den Beschluss scharf: &bdquo;Die Liste an Privilegien ist überzogen und unzeitgemäß. Auch ein Bürgermeister sollte erst mit Vollendung des gesetzlichen Renteneintrittsalters seine Pension erhalten", erklärte damals so Rik Steinheuer, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler NRW: &bdquo;Auch der Zeitpunkt des Beschlusses lässt jede Sensibilität vermissen. Im Windschatten von Corona wird die Gesetzesänderung durchs Parlament gebracht." Der Bund der Steuerzahler NRW forderte, die Privilegien für Bürgermeister und Landräte nicht noch weiter auszubauen. Vergeblich. &bdquo;Die Besoldung dieser Gruppen in NRW liegt bereits deutlich höher als im bundesweiten Durchschnitt", so Steinheuer. Für den Steinheimer SPD-Politiker Jürgen Unruhe ist wichtig, dass das Thema nicht in Vergessenheit gerät. Dabei betont der SPD-Sprecher ausdrücklich: &bdquo;Es geht hier nicht um eine Neiddebatte. Bürgermeister und Landräte sollen ordentlich bezahlt werden. Diese muss aber durch eine transparente Besoldungsanpassung oder Veränderung der Gehaltseinstufungen erfolgen. Das System mit nicht mehr zeitgemäßen Zulagen und Prämien ist hier der falsche Weg." Goeken erinnert an Verantwortung Eine etwas andere Sicht hat der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Goeken, der die Entscheidung mitgetragen hat. Wer gute Menschen an der Verwaltungsspitze haben wolle, müsse sie auch gut bezahlen, unterstreicht der Unions-Politiker. Er erinnert in diesem Zusammenhang an die große und weiter wachsende Verantwortung, die Bürgermeister heute haben – und zwar unabhängig, ob sie einer großen oder kleinen Kommune vorstehen. Gerade in den kleinen Städten werde es schwieriger, gute Kandidaten zu finden. Die Konkurrenz auch zu anderen, gut bezahlten Verwaltungsjobs werde größer. Zudem seien die Aufgaben mit Abschaffung der Doppelspitze aus dem Stadtdirektor als Verwaltungschef und dem Bürgermeister als Repräsentanten einer Stadt deutlich gewachsen. Aus der Doppelspitze sei quasi eine Doppelbelastung geworden, argumentiert Goeken. Er macht keinen Hehl daraus, dass ihm das vor gut 20 Jahren abgeschaffte Modell lieber war und erinnert daran, dass die Kommunalen Spitzenverbände unisono zugestimmt haben. Wichtig ist es Matthias Goeken zu betonen, dass die höhere Besoldung lange vor der Corona-Krise geplant und diskutiert wurde – nur eben erst jetzt endgültig entschieden wurde. Hohes Arbeitspensum Auch Michael Stickeln folgt als Sprecher der Bürgermeister im Kreis Höxter die Argumentation, auch wenn er an der Entscheidung selbst nicht beteiligt war. Auch er erinnert an die steigende Verantwortung, das enorme Arbeitspensum, aber auch die zunehmenden Anfeindungen. Das Bürgermeisteramt müsse attraktiv bleiben, auch bei der Bezahlung. Gleichwohl betont er ausdrücklich, dass dies nur ein Aspekt sei und dass sich das Amt nur adäquat ausfüllen lasse, wenn man mit sehr viel Herzblut und Engagement dabei sei. Stickeln erinnert auch daran, dass man als Bürgermeister neben der zeitlichen Belastung auch viele familiäre Entbehrungen akzeptieren muss. Denn – abgesehen von der Coronazeit – gibt es gerade an den Wochenenden unzählige repräsentative Verpflichtungen. Auch die ehrenamtlich getragene Ratsarbeit finde verständlicherweise vor allem am Abend statt. Dabei beginne sein Arbeitstag beispielsweise schon morgens um 6 Uhr – weil er dann am meisten Ruhe hat. Mithin sei man gerade im ländlichen Raum als Bürgermeister auch permanent ansprechbar für die Bürger – auch wenn man privat unterwegs ist. So berichtet Michael Stickeln, dass beispielsweise er über soziale Medien und E-Mails sehr viele Hinweise erhalte. Das finde er sehr gut und auch richtig, zugleich sei das sehr arbeitsintensiv. Sein Fazit als scheidender Bürgermeister und Kandidat für das Amt des Landrats: Wer sich für ein solches Amt interessiert, sollte das keinesfalls nur mit Blick auf die Besoldung tun.

Meistgelesen