Hochschule zieht „Schlussstrich“: TH-OWL will Lehre in Höxter aufgeben

Höxter. Es gab viel zu sagen, doch wenig Positives: Am Hochschulstandort Höxter wird es künftig keine Lehre mehr geben. Das hat der Präsident der TH OWL, Jürgen Krahl, am Dienstagabend in einem fast vierstündigen Gespräch mit Lokalpolitikern und Verwaltung in Höxter noch einmal bekräftigt. Die Studenten werden damit kurz- bis mittelfristig vollständig aus dem Stadtbild verschwinden. An den Plänen wurde am Tag danach scharfe Kritik laut. Auch NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes will kurzfristig nach Höxter Hochschulsprecher Harald Fichtner bestätigte gegenüber der &bdquo;Neuen Westfälischen“ das Auslaufen aller Studiengänge in Höxter. &bdquo;Es muss irgendwann einen Schlussstrich geben“, sagte er mit Verweis auf die immer geringer werdenden Studierendenzahlen. Auch die Prognosen seien düster, erklärte er und erinnerte an die kürzlich veröffentlichte Machbarkeitsstudie zu einem möglichen Campus Corvey. Zu wenige Studierende an der Hochschule in Höxter Diese habe ein &bdquo;unerfreuliches Bild der zu erwartenden Studierendenzahlen zutage gefördert“. Gründe lägen im demografischen Wandel, der Konkurrenzsituation und ähnlichen Faktoren. Schon jetzt gebe es deutlich zu wenige Studenten. &bdquo;Wir haben es trotz attraktiver Studiengänge und Angebote nicht geschafft, die Veranstaltungen voll zu bekommen. Wir haben in Höxter nicht den Auslastungsgrad, den wir bräuchten.“ Fichtner sprach von einem &bdquo;lebhaften Diskurs“ zwischen Hochschule, Verwaltung und Lokalpolitik, an dem unter anderem auch Landrat Michael Stickeln, der heimische CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Goeken und Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann teilnahmen. Es seien sehr unterschiedliche Sichtweisen und Erwartungen aufeinandergetroffen. TH-Präsident im Interview: &bdquo;Neue Pläne für Höxter entwickeln“ An ihrem Entschluss, die Lehre in Höxter definitiv aufzugeben, hält die Hochschule aber fest. Er sei Teil der 2022 begonnenen Strukturreform, die der Senat im Herbst 2024 bestätigt hatte. Einen konkreten Zeitplan, wann der letzte Studierende Höxter verlassen wird, nannte Fichtner auf Nachfrage jedoch nicht. Er machte jedoch einige Andeutungen. Dazu später mehr. Spürbare Konfrontation zwischen TH OWL und dem Kreis Höxter Denn Stadt und Kreis sind mit der geplanten Strukturreform grundsätzlich nicht einverstanden und fanden im Anschluss sehr deutliche Worte. Die Lehre sei für ihn das Herzstück, das Wesen eines Hochschulstandortes, erklärte Landrat Michael Stickeln im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Diese aus Höxter abzuziehen, sei eine &bdquo;Aushöhlung“ des Standortes, den man dann nicht mehr Hochschulstandort nennen könne. Er sei dann nichts mehr wert, ergänzt Hartmann. &bdquo;Und jetzt müssen wir schauen, wie wir weiter vorgehen“, so Stickeln. Zur Rettung des Standorts Höxter: So antwortet der TH-OWL-Präsident auf Resolution Es klingt nach Konfrontation. Denn gemeinsam mit Goeken und Hartmann will der Landrat nun formal-juristisch von NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes klären lassen, ob dieser Weg überhaupt noch mit dem Hochschulfreiheitsgesetz vereinbar sei. Landtagsabgeordneter Goeken will zudem wissen, was mit den vielen Millionen Euro an Fördergeldern und Zuschüssen vom Land wird, die bisher nach Höxter geflossen sind und immer noch fließen. NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes kommt nach Höxter Das können die Akteure möglicherweise bald direkt besprechen, den Ina Brandes will nach &bdquo;NW“-Informationen schon in drei Wochen selbst für Gespräche nach Höxter kommen. Die Bedeutung des Hochschulstandortes für Höxter braucht man ihr nicht zu erklären – Brandes wuchs in Holzminden auf, saß bis 2011 für die CDU im Kreistag. Der Besuch der Wissenschaftsministerin ist ausdrücklich ein nicht-öffentlicher Termin und es ist zu vermuten, dass hinter verschlossenen Türen sehr deutliche Worte fallen werden. Denn auch im Nachgang des Gesprächstermins waren die Reaktionen überdeutlich. Dass die Akteure nicht frühzeitig in die Planungen einbezogen worden seien, habe nachhaltig Vertrauen zerstört, so Stickeln. &bdquo;Wir waren im Kontext mit dem möglichen Studiencampus Corvey im intensiven Dialog“, berichtet der Landrat. Vertrauen zur Hochschulleitung ist massiv gestört Über die Strukturreform im Hintergrund sei nie ein Wort verloren worden. Das sei scharf zu verurteilen. &bdquo;So geht man nicht mit Partnern um, wenn man etwas gemeinsam voranbringen möchte“, sagt Stickeln und betont, dass er das diplomatisch formuliert habe. Auch Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann ringt um eine diplomatische Formulierung und spricht ebenfalls von zerstörtem Vertrauen. Und sagt dann – nach nicht druckbaren Worten – vorsichtig: &bdquo;Es könnte der Eindruck entstehen, dass der Kreistag und der Stadtrat Höxter hinters Licht geführt wurden.“ Drohende Schließung: TH OWL legt Machbarkeitsstudie zum Campus Corvey in Höxter vor In dieses irritierende Vorgehen bezieht der Landrat auch den vierstündigen Gesprächstermin mit ein. Damit meint er, dass die Kreis und Stadt vor endgültige Tatsachen gestellt werden. Da stelle sich für ihm die Frage, welchen Sinn weitere Gespräche haben sollen, zu denen die Hochschule einladen will, wie Pressesprecher Fichtner ankündigte. Jetzt sei das Land gefordert, so Stickeln. Er sei auf die Antwort aus Düsseldorf gespannt. Auch Daniel Hartmann betonte, dass aus seiner Sicht die Frage des Endes der Lehre noch lange nicht abschließend geklärt sei. Klar ist zumindest schon eines: Ganz aufgeben darf die TH OWL den Standort Höxter tatsächlich nicht. Das hatte Wissenschaftsministerin Ina Brandes schon im Dezember unterstrichen. Auch der Düsseldorfer Landtag hatte den Erhalt des Hochschulstandortes Höxter betont. Was am Hochschulstandort in Höxter bleiben soll Jürgen Krahl will deshalb Forschung und &bdquo;Transfer“ in den sechs Gebäuden in Höxter etablieren. Was das genau heißt, soll noch in einem Konzept erarbeitet werden. Die solle bis Ende nächsten Jahres fertig sein. Denkbar seien zum Beispiel ein Gründerzentrum Co-Working-Spaces oder Erwachsenenbildung. Sollte das Vorgehen des TH-OWL-Senates rechtens sein und die Lehre tatsächlich aus Höxter verschwinden, sehe er für den Standort Höxter schwarz. &bdquo;Dann können wir wohl auch mit viel Engagement nichts mehr drehen“, sagte Stickeln. Denn was unter Forschung zu verstehen sei, sei vonseiten der Hochschule nicht näher erläutert worden. &bdquo;Das ist bisher nur eine Worthülse“, so der Landrat. Das habe aber nichts mehr mit dem Anspruch zu tun, den Stadt und Kreis gemeinsam hätten. Enttäuscht über Entwicklung: Landwirte kritisieren TH-OWL-Präsident Jürgen Krahl Denn der Kreis Höxter habe mit Blick auf die Energiewende großes Potenzial, sei bei Windkraft und Photovoltaik ganz vorn dabei. &bdquo;Reallaborbedingungen“, sagt Stickeln. Das könne man nutzen, um den Standort nach vorn und viel darum herum zu entwickeln. &bdquo;Wenn man denn will.“ Er habe den Eindruck, dass der Erhalt des Hochschulstandortes Höxter von Anfang an nicht mit Herzblut verfolgt worden sei. Ist der Abzug der Lehre ein Präzedenzfall für NRW? Auch Goeken betont, dass er den Einsatz für Höxter seitens des Hochschulpräsidiums in den vergangenen Jahren arg vermisst habe. Er warf Krahl vor, dass sich die Hochschule auch auf Kosten des Standortes Höxter saniert habe, und sagt dann in aller Deutlichkeit: &bdquo;Ich bin der Ansicht, es war von Anfang an das Ziel von Prof. Krahl, den Standort Höxter zu schließen.“ Goeken fürchtet auch, dass Höxter zum Präzedenzfall für andere kleine Hochschulstandorte in NRW werden könnte. Auch an der Hochschule gibt es viel Unruhe ob der aktuellen Entwicklung. Erst Anfang der Woche hatten sich Angestellte der Hochschule in Höxter in einem offenen Brief gegen die Pläne gewandt und auf die vielen Vorteile des Standortes an der Weser verwiesen. Nach Studie zum Campus Corvey: Jetzt sprechen die Angestellten der TH-OWL in Höxter Die Zufriedenheit der Studierenden sei hoch. &bdquo;Sie schätzen die für umweltorientierte Studiengänge sehr vorteilhafte Umgebung, den für die Landschaftsarchitektur maßgeblichen Botanischen Garten, die persönliche Atmosphäre am Studienort und die hohe Lebensqualität des ländlichen Raumes“, heißt es in dem Brief. So steht es um die Zukunft der Studierenden in Höxter Und wie geht es nach dem Willen der Hochschulleitung weiter für die Studenten? TH-OWL-Sprecher Fichtner erklärte, dass der Entschluss nicht bedeute, &bdquo;dass in wenigen Tagen oder Wochen das Licht ausgemacht“ werde. Ab 2026 soll die neue Studienordnung endgültig greifen. Der geordnete Prozess müsse genau vorbereitet werden. Hochschul-Präsident Jürgen Krahl habe zugleich betont, dass die Studierbarkeit der Angebote oberste Priorität habe. Heißt: Die Strukturreform und das Auslaufen der Studiengänge sollen den Studenten &bdquo;so angenehm wie möglich“ gemacht werden. Wer in Höxter die Hälfte seines Studiums absolviert habe, der solle dort auch sein Studium beenden können, sagt Fichtner. Allerdings gibt es bereits erste Veränderungen. Schon zum aktuellen Wintersemester wurde einer der neun verbliebenen Studiengänge in Höxter, das Freiraummanagement, als Vertiefungsrichtung in den Studiengang Landschaftsbau integriert worden – die sei eine &bdquo;Optimierung des Studienangebots im Sinne der Studierenden“. Diskussion in der Stadthalle geplant Aktuell gibt es für die rund 600 Studierenden in Höxter noch zwei Fachbereiche. Zum einen &bdquo;Umweltingenieurwesen und Angewandte Informatik“ mit vier Studiengängen wie Precision Farming und Umweltwissenschaften, zum anderen &bdquo;Landschaftsarchitektur und Umweltplanung“ mit ebenfalls vier Studiengängen. Neben dem Ministerbesuch soll es Anfang April ein öffentliches Gesprächsforum in der Residenz-Stadthalle in Höxter geben.

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