Opfer sind traumatisiert: Brakeler leugnet psychische Erkrankung

Brakel. Seine schwere psychische Erkrankung schleppt Moritz L. (Name geändert) schon seit sieben Jahren mit sich herum. 2018 wurde bei ihm erstmals eine psychotische Störung diagnostiziert, damals erzählte der heute 29 Jahre alte Brakeler dem psychiatrischen Gutachter selbst davon, er sei &bdquo;paranoid gewesen“, als er unter anderem seine damalige Freundin so unflätig beleidigte und bedrohte, dass sie ihn aus ihrem Auto hinauskomplimentieren musste, aber auch Polizeibeamten heftig Widerstand leistete, die ihn dingfest machen wollten, nachdem er völlig berauscht durch Alkohol und Cannabis von seinem Leichtkraftrad gestürzt war. Die Einsicht war nur von kurzer Dauer, denn der Brakeler unternahm nichts gegen seine Erkrankung, sondern fiel immer wieder mit aggressivem Verhalten auf. Seit zwei Verhandlungstagen beschäftigt sich die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Paderborn mit der Frage, was mit Moritz L. geschehen soll. Der 29-Jährige hat nicht einmal vor der eigenen Mutter Halt gemacht, als sich im vergangenen Jahr die Erkrankung mal wieder Bahn gebrochen hatte. Aber auch ein Pärchen hatte ein unangenehmes Erlebnis mit Moritz L. Die beiden jungen Leute, die um das auffällige Verhalten des Brakelers wussten, versuchten im Mai vergangenen Jahres, ihm aus dem Weg zu gehen, als sie am frühen Abend bei einem Spaziergang auf einer Bank Platz genommen hatten. Doch vergebens. Moritz L. folgte den beiden, beschimpfte und bedrohte sie und schlug schließlich dem 22-Jährigen mit der Faust ins Gesicht, als sich dieser zu ihm umdrehte. &bdquo;Ich hatte Angst, weil er eine Hand in der Hosentasche hatte“, erinnert sich der Brakeler vor Gericht, fürchtete er damals doch, sein Gegenüber werde möglicherweise ein Messer ziehen. Das geschah zwar nicht, denn Moritz L. trollte sich recht schnell. Lesen Sie auch: Prozess am Landgericht: Junger Mann aus Brakel sorgt für Angst und Schrecken Pärchen bleibt von Angriff gezeichnet Dennoch hat sich für den jungen Mann seit diesem Erlebnis viel verändert. &bdquo;Ich kann nicht mehr normal ausgehen“, sagt er. Stets habe er &bdquo;ein mulmiges Gefühl im Bauch“, das ihn immer wieder nach hinten schauen lasse, wenn er draußen unterwegs sei. Auch seine Freundin hat dieses Erlebnis &bdquo;nicht so wirklich gut verkraftet“, wie sie den Richtern erzählt. &bdquo;Er hat mir gezielt in die Augen geschaut und gesagt, dass er mich umbringt“, sagt sie unter Tränen. Dabei war dieses Zusammentreffen mit Moritz L. nicht das Erste, das für sie sehr unangenehm war. Bereits im Winter zuvor war sie ihm auf dem Weg zur Schule begegnet, damals habe er nach ihr geschlagen, aber sie nicht getroffen, weil sie sich weggebeugt habe, erinnert sich die 22-Jährige. Besser verkraftete ein 32-Jähriger sein Erlebnis mit Moritz L. Im Juni vergangenen Jahres hatte dieser auf einem Radweg gestanden, bei sich ein hölzernes Bierfass, aber vor allem ein Messer, mit dem er herumfuchtelte. Angegriffen fühlte sich der Zeuge zwar nicht, rief aber trotzdem die Polizei an, um eine möglicherweise schlimme Entwicklung zu verhindern. Er handelte damit wohl goldrichtig. Angeklagter wirkt bei Tat abwesend Denn die Polizeibeamten hatten so ihre Mühe, um Moritz L. in ihre Obhut zu nehmen. Weil vorher von einem Messer die Rede gewesen sei, habe man versucht, den 29-Jährigen zu Boden zu sprechen, aber dieser habe etliche Minuten lang überhaupt nicht reagierte, erinnert sich eine Polizistin. &bdquo;Er wirkte abwesend“, sagt sie. &bdquo;Es war fraglich, ob das alles überhaupt bei ihm ankommt.“ Irgendwann tat Moritz L. das, was ihm gesagt wurde, das Messer hatte er aber schon zuvor anscheinend ins nahe gelegene Feld geworfen. Lesen Sie weiter: Hat ein Mann aus Brakel seine Mutter mit dem Tode bedroht? Seit diesem Tag ist der Brakeler in einer psychiatrischen Klinik. Doch eine Besserung ist trotz verabreichter Medikamente nicht in Sicht, denn Moritz L. ist der felsenfesten Überzeugung, dass er mit den ihm vorgeworfenen Taten nichts zu tun hat und gesund ist. Brakeler leugnet Krankheit und Taten &bdquo;Er ist weit entfernt von einer Krankheitseinsicht“, bilanziert der Gutachter Bernhard Bätz, der den 29-Jährigen jetzt erneut untersucht hat. Deshalb bleibe fürs Erste nur die Unterbringung in der forensischen Psychiatrie. &bdquo;Jeder, der sich in seinem Umfeld aufhält, kann sein Opfer werden“, sagt der Experte und erinnert daran, dass Moritz L. im Juni 2023 einem Nachbarn mit einem Stein ins Gesicht geschlagen hatte. Dieser habe kein &bdquo;Krankheitsgefühl“, sagt Bätz. &bdquo;Er hat eine Menge therapeutischer Arbeit vor sich.“ Problematisch sei vor allem, dass der 29-Jährige nicht darüber spreche, was ihn während der Taten treibe, ob er sich etwa bedroht fühle oder glaube, den Befehlen von Stimmen gehorchen zu müssen. Dabei hätten viele Zeugen beschrieben, dass sie an Moritz L. stets eine große Wut wahrgenommen hätten, so der Experte. Was das für die Zukunft des Brakelers bedeutet, wird sich bereits am Dienstag, 1. April, zeigen. Dann wollen die Richter unter dem Vorsitz von Eric Schülke nach den Schlussvorträgen von Anklage und Verteidigung bereits ihr Urteil sprechen.

Meistgelesen