Wieso die Fastenzeit auch in Zeiten des Verzichts gut tun kann

Beverungen. Die Fastenzeit hat mit dem Aschermittwoch gerade begonnen. Sie ist für viele Menschen - ob religiös oder auch ganz persönlich - eine Zeit des bewussten Verzichts. Doch gerade in Zeiten, in denen wegen der Corona-Pandemie und Lockdown auf so vieles ohnehin verzichtet wird, mit welcher Motivation können die Menschen da diesen Weg beschreiten? Fühlen sich da nicht manche Rituale auch leer an? Der katholische Pfarrer Frank Schäffer aus Beverungen und sein evangelischer Kollege Gunnar Wirth, der für Amelunxen und Bruchhausen zuständig ist, sprechen über den Sinn von Verzicht und bewusster Introspektive und sind sich dabei im Grunde ziemlich einig. "Wir verzichten seit einem Jahr aus ja auch nachvollziehbaren Gründen schon auf Vieles. Auf Kontakte, auf Reisen und auch auf Freizeitgestaltung. Auch im Berufsleben sind einige sehr eingeschränkt", sagt Pfarrer Schäffer. "Karneval wurde auch nicht groß gefeiert." Das sei aber alles ein von außen auferlegter Verzicht. "Beim religiösen Verzicht geht es um das, worauf ich freiwillig verzichte." Zur Fastenzeit gehöre aber noch mehr. Da sei das Almosengeben als wichtiger Bestandteil. "Das heißt, dass wir die Armen und Benachteiligten nicht aus dem Blick verlieren sollten." Dann das Gebet. "Wenn ich vielleicht anderswo kürzer trete, kann ich die Zeit für das Gebet und Gott nutzen." Und schließlich das Fasten. "Mich selbst zurückzunehmen und dadurch auch den Blick auf mich selbst lenken", sagt Schäffer und fasst damit die drei Bestandteile der Fastenzeit zusammen. Das solle aber nicht so wahrgenommen werden, als würde man dem Verzicht von außen nun nur noch "eine Schippe oben drauf legen", meint der katholische Pfarrer. Bewusster Verzicht auf das, was zuviel ist Im Gegenteil könnten die Gläubigen, die sich damit auf Ostern vorbereiten, daraus auch viel Positives für sich selbst ziehen. Zum Einen seien diese 40 Tage - im Gegenteil zu vielen anderen Dingen, die die Menschen derzeit umtreiben - ganz sicher an Ostern auch vorbei. Und es gebe - neben der Ernährung - auch noch andere Bereiche, in denen ein bewusster Verzicht gut tun kann. "Wir können überlegen: Was ist vielleicht bei mir zuviel? Wo kann ich gut mal auf die Bremse treten? Wenn ich ohnehin keinen Alkohol trinke, macht es wenig Sinn, auf Alkohol zu verzichten. Wenn ich aber zum Beispiel zu viel Zeit am Computer oder am Handy verbringe, kann das etwas sein, worauf ich verzichten kann", erklärt Schäffer. Er hebt auch die Möglichkeit des Klimafastens hervor, das Auto stehen zu lassen und sich allgemein Gedanken zu machen, wie nachhaltig etwa der eigene Einkauf ist. "Das spielt alles auch nach der Fastenzeit und nach Corona noch eine wichtige Rolle", sagt er. Auch für Gunnar Wirth hat ein persönlicher Verzicht viel für sich. Zwar gibt es auf der evangelischen Seite kein Fastengebot, aber auch viele evangelische Christen nehmen die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern zum Anlass, sich auf sich selbst zu besinnen - und zum Beispiel zu fasten. Eigenes Verhalten bewusst in den Blick nehmen Traditionell beziehe sich das Fasten ja auf die Ernährung, die sich durch Corona eigentlich nicht geändert habe. Hier könne man etwa auf Zucker verzichten oder auf Fleisch - ob aus gesundheitlichen oder aus Gründen des Klimaschutzes. "Auch in Corona-Zeiten kann die Fastenzeit dazu dienen, um eigenes Verhalten bewusst in den Blick zu nehmen", sagt Wirth. Er selbst habe etwa den Fastenkalender der evangelischen Kirche "Sieben Wochen ohne" auf seinem Schreibtisch stehen. Der steht in diesem Jahr unter dem Motto "Spielraum - sieben Wochen ohne Blockaden". Es gehe da, vermutet der Pfarrer, wahrscheinlich darum, dass "man die Räume, die man hat, nutzt und sieht". Der Kalender thematisiert damit auch die Grenzen, die durch die Pandemie zusätzlich auf uns lasten, aber auch das, was in ihnen noch möglich ist. Natürlich seien die Menschen gerade sozial schon "völlig ausgehungert", meint der Pfarrer. Es fehlten einfach die sozialen Kontakte. "Das ist eigentlich schon genug Verzicht." Aber auch das könne ja in den Wochen bis Ostern noch einmal besonders in den Blick genommen werden. "Für andere da sein. Menschen anrufen, die man lange nicht gesprochen hat. Vielleicht eine Karte schicken oder ein Päckchen." Und manchmal sei es auch gut, die Räume und Möglichkeiten zu entdecken, die man hat, aber vielleicht für selbstverständlich nimmt. Sich an das zu erinnern, was wichtig ist. Dieses Sich-bewusst-machen sei für ihn der Kern dieser Zeit und der wichtigste Aspekt.

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